Frankfurt/M. Frankfurt empört über Nürnberg

Frankfurt/M. · Die schwere Erkrankung von Marco Russ ist das Thema der Relegation.

Mit seinen zwei kleinen Kindern an der Hand stand Marco Russ auf dem Rasen und genoss zum vorerst letzten Mal den Beifall der Fußballfans. Während für Eintracht Frankfurt nach dem 1:1 gegen den 1. FC Nürnberg im ersten Bundesliga-Relegationsspiel das große Zittern um den Klassenverbleib weitergeht, beginnt für ihren an einem Tumor erkrankten Ersatz-Kapitän der schwerste Kampf. Bereits am Dienstag wird Russ operiert - ob und wann er zurückkehrt, ist offen.

Über die bisher wohl schlimmsten 24 Stunden seiner Karriere wollte Russ nach dem Abpfiff nicht reden. Weder über sein Eigentor, noch über die Durchsuchung seiner Wohnung durch die Staatsanwaltschaft und schon gar nicht über seine Erkrankung verlor der 30-Jährige ein Wort. "Wenn man so eine Diagnose erhält, sollte man ihn in Ruhe lassen", äußerte Frankfurts Trainer Niko Kovac Verständnis.

Dass Russ in seiner vorerst letzten Partie für die Eintracht ein Eigentor unterlief - Mijat Gacinovic (65.) gelang der Ausgleich - entbehrt nicht einer gewissen Tragik. "Das ist das Leben, das ist der Fußball. Das hat nichts damit zu tun, dass Marco erkrankt ist und deshalb im Fokus steht", sagte Kovac. Auch ihm waren die Vorfälle im Vorfeld des Spiels nahegegangen. Und so redete er sich mehr und mehr in Rage. "Wie das bei uns im Trainingscamp abgelaufen ist, das war eine Frechheit. Das kann man so nicht machen", kritisierte er das Vorgehen der Staatsanwaltschaft.

Es sei unbenommen die Pflicht der Staatsanwaltschaft, nach der Kenntnisnahme eines möglichen Dopingfalles zu ermitteln. "Nur: Dann bekommt man vom Arzt eine Bestätigung, dass Russ erkrankt ist, und trotzdem kommt immer noch jemand und sagt, ich glaube dem nicht. Und dann wird auch noch erklärt, der Befund des Arztes sei nicht da gewesen. Das ist eine Lüge", ereiferte sich Kovac.

Mittlerweile hat die Staatsanwaltschaft Frankfurt den medizinischen Befund erhalten. Die Unterlagen der Nationalen Anti-Doping-Agentur (Nada) seien, so Oberstaatsanwältin Nadja Niesen, am späten Donnerstagabend eingegangen. "Die Unterlagen müssen nun geprüft werden", sagte sie und verteidigte das Vorgehen der Behörde.

Für Empörung bei den Frankfurtern hatte auch eine unbedachte Äußerung von Gäste-Torwart Raphael Schäfer gesorgt. "Ich glaube, wenn einer wirklich schwer krank ist, kann er kein Fußball spielen", erklärte Schäfer nach dem Abpfiff. Noch in der Nacht ruderte er zurück: "Meine Worte waren dumm, dafür kann ich mich nur aufrichtig entschuldigen. Ich habe mich voreilig geäußert, ohne Bescheid zu wissen. So etwas darf mir nicht passieren, das ist nicht in Ordnung."

Auch Trainer René Weiler, der die Bekanntmachung der Russ-Erkrankung durch die Eintracht am Abend vor dem Spiel zunächst als "Inszenierung" abgetan hatte, revidierte seine Aussage. "Es ist pietätlos, dass ein Klub und ein erkrankter Spieler fast dazu genötigt werden, die intimsten Dinge preisgeben zu müssen, um nicht als Dopingsünder in Verdacht zu stehen", sagte der Schweizer. "Ich wünsche Marco Russ nur das Beste."

(dpa)
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