Angerer feiert Abschied Die "Ära Natze" endet mit Niederlage — und in der Bar

Edmonton · Nadine Angerer wird der Nationalmannschaft nach fast 20 Jahren nicht nur als Torhüterin fehlen - die 36-Jährige könnte aber eines Tages zurückkehren.

Nadine Angerers nüchterner Abschied
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Nachdem der Abpfiff ihrer Karriere im Trikot der Nationalmannschaft ertönte, zog Nadine Angerer sofort ihre Torwart-Handschuhe aus und marschierte los zum Mittelkreis. Die DFB-Spielführerin hatte noch das ein oder andere Hühnchen mit der nordkoreanischen Schiedsrichterin Ri Hyang Ok zu rupfen. Erst danach fing sie an, ihre Teamkolleginnen auf dem Kunstrasen des Commonwealth-Stadiums abzuklatschen und zu umarmen.

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Als die 36-Jährige nach dem 0:1 (0:0) nach Verlängerung im kleinen Finale gegen England, ihrem 146. und letzten Länderspiel, frisch geduscht vor die Journalisten trat, konnte sie schon wieder lächeln. "Ich sorge jetzt dafür, dass die Stimmung besser und die Party doch noch gut wird", kündigte Angerer mit Blick auf ihre von der Niederlage getrübte Abschiedsfeier in der Bar "100" im Herzen von Edmonton an.

Angerer spendet Trost

Trotz zweier WM-Niederlagen zum Abschluss wollte der Spaßvogel vom Dienst nicht selbst getröstet werden, sondern lieber Teamkolleginnen aufmuntern. Als sie sah, dass Almuth Schult die Ehrung der Engländerinnen am Seitenrand unter Tränen verfolgte, lief sie schnurstracks hin, wischte ihrer Nachfolgerin die Tränen aus dem Gesicht und nahm sie in den Arm.

Melanie Leupolz fühlte sich wie viele Kolleginnen auch schlecht, weil die Mannschaft ihrer "Natze", seit der WM 2007 die unumstrittene deutsche Nummer eins und das Gesicht der DFB-Frauen, nicht den gebührenden sportlichen Schlusspunkt ermöglicht hatten. "Wir hätten ihr gerne einen schöneren Abschied geschenkt. So einen Abschluss hat sie nicht verdient", sagte die 21-Jährige.

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Angerer, in Kanada nach einem starken Turnier auch unter den drei Nominierten für die Auszeichnung als beste WM-Torhüterin, hatte da noch immer nicht realisiert, dass sie gerade all diese ritualisierten Abläufe im Nationaltrikot zum letzten Mal erlebt hatte. "Vielleicht ist es mir immer noch nicht bewusst", sagte die Weltfußballerin von 2013: "Wenn ich erst mal zu Hause bin und in Ruhe ein Glas Wein trinke, wird natürlich Wehmut aufkommen."

Am Samstag schon wieder Liga-Alltag

Doch dafür bleibt erst mal gar keine Zeit - die Pflicht ruft bei den Portland Thorns. Am Samstag steht in der US-Profiliga NWSL das Spiel bei Sky Blue FC an. So flog die zweimalige Welt- und fünfmalige Europameisterin gleich am Sonntag nach Portland, um am Donnerstag quer über den Kontinent nach New York zu jetten. Dieser Reise- und Terminstress ist einer der Gründe, warum Angerer trotz ihrer noch immer vorhandenen sportlichen Weltklasse nach dem NWSL-Saisonende im Herbst ganz aufhört.

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"Mein Plan ist, erst mal nichts zu tun. Ich will die letzten 20 Jahre sacken lassen, mal nicht fremdbestimmt sein", kündigte der Freigeist an. Doch dann lockt der Trainerjob - vielleicht eines Tages wieder mit dem Adler auf der Brust. "Natürlich kann ich mir das vorstellen, ich muss aber erst mal meine Hausaufgaben machen", sagte die Frau mit dem Faible für Mützen und Hüte: "Ich will eine gute Torwart-Trainerin werden, dann ist alles vorstellbar." Den Draht zum Team will Angerer auf jeden Fall beibehalten: "Ganz los werden sie mich nicht."

(sid)
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