Eissschnelllauf Friesinger und Pechstein ohne Medaille

Turin (rpo). Anni Friesinger und Claudia Pechstein sind beim Eisschnelllauf der Frauen über 3000 Meter überraschend an den Medaillen vorbeigelaufen. Friesinger belegte in 4:04,59 Minuten im Oval Lingotto nur den undankbaren vierten Platz vor ihrer Rivalin Pechstein, die in 4:05,54 gestoppt wurde. Rang sechs ging an die Erfurterin Daniela Anschütz-Thoms in 4:06,89.

 Pech für diese beiden Damen, Glück für die ARD.

Pech für diese beiden Damen, Glück für die ARD.

Foto: AFP, AFP

Gold für die niederländische Nachwuchshoffnung Ireen Wüst: Das olympische 3000-m-Finale der Eisschnellläuferinnen im Oval Lingotto von Turin endete mit einer faustdicken Überraschung und einem deutschen Debakel.

Friesinger wurde in 4:04,59 Vierte, Pechstein in 4:05,54 Fünfte, Daniela Anschütz-Thoms in 4:06,89 Sechste - letztmals waren deutsche Läuferinnen bei den Olympischen Spielen 1972 in Sapporo über 3000 m ohne Medaille geblieben.

Eine halbe Stunde später standen die beiden geschlagenen Superstars dann schon wieder lächelnd vor der Kamera. "Es war von Runde zu Runde langsamer als ich dachte", sagte Friesinger im Gespräch mit ARD-Reporterin Franziska Schenk: "Heute habe ich es irgendwie nicht auf die Reihe gekriegt. Platz vier ist halt blöd."

"Kann man halt nichts machen"

Auch Claudia Pechstein hatte sich wieder einigermaßen beruhigt. "Ich habe alles gegeben, aber ich war am Ende total blau, habe meine Arme und Beine kaum noch gespürt", sagte die 33-Jährige: "Ein Schock ist es nicht, wenn die anderen schneller sind, kann man halt nichts machen."

Die 19-jährige Wüst hatte in 4:02,43 Minuten eine Bestzeit vorgelegt, an der sich der Rest des Feldes die Zähne ausbiss. Ungläubig starrte Anni Friesinger nach dem Zieleinlauf aufs Eis, immer wieder schüttelte sie den Kopf, winkte dann mit einem gequälten Lächeln ins Publikum. Das hatte eine sichtlich verärgerte Claudia Pechstein nach ihrem Lauf nicht getan, zu groß war unmittelbar nach dem Zieleinlauf der Ärger über das Resultat.

Ireen Wüst war nach der endgültigen Entscheidung fast sprachlos vor Glück. "Das kann doch alles gar nicht wahr sein, ich begreife nichts davon", sagte die 19-Jährige: "Die Zeit nach meinem Rennen bis zum Ende waren die längsten 20 Minuten meines Lebens."

Bronze für Klaasen

Weltrekordlerin Cindy Klassen konnte wenigstens noch die Bronzemedaille abgreifen. In 4:04,37 belegte die Kanadierin hinter Ireen Wüst und Altmeisterin Renate Groenewold (Niederlande/4:03,48) den dritten Platz. Daniela Anschütz-Thoms (Erfurt), die im direkten Duell mit Pechstein gut mitgehalten hatte, wurde in 4:06,89 Minuten Sechste.

Unbekümmert und ohne jeglichen Druck war Ireen Wüst aufs Eis gegangen. Dabei hätten die etablierten Stars der Szene gewarnt sein müssen. Die junge Niederländerin hatte bei der EM bereits den dritten Platz über 3000 m belegt und beim Weltcup im Dezember in Turin die C-Gruppe gewonnen - mit einer besseren Zeit als A-Gruppensiegerin Anni Friesinger. Die Inzellerin hatte die Gefahr zumindest geahnt: "Wenn Ireen gelaufen ist, weiß ich, was ich tun muss. Sie ist mein Maßstab."

Unter Druck

Nach der eindrucksvollen Demonstration des "Oranje"-Teams stehen Pechstein und Friesinger nun gewaltig unter Druck. Angesichts des Gala-Auftritts der Konkurrenz ist der von den beiden deutschen Superstars angestrebte Einzelsieg keineswegs garantiert.

Die erste Chance auf Revanche bekommen sie am Donnerstag, wenn die Entscheidung im Team-Wettbewerb ansteht. Auch dort sind Klassens "Team Canada" und das Oranje-Team die härtesten Konkurrenz der favorisierten deutschen Mannschaft. "Aber wir werden es schon richten", versicherte Friesinger optimistisch.

Bei Pechstein steht zudem eine besondere Serie auf dem Spiel. Die erfolgreichste deutsche Winter-Olympionikin (viermal Gold) will bei ihren voraussichtlich letzten Winterspielen unbedingt eine weitere Goldmedaille gewinnen - wenn möglich über die 5000-m-Distanz, auf der sie als erste Wintersportlerin überhaupt zum vierten Mal in Folge einen olympischen Einzelwettbewerb gewinnen kann. "Das ist etwas Besonderes, und das weiß sie genau", sagte ihr Trainer Joachim Franke.

STATISTIK

Eisschnelllauf, Frauen, 3000 m im Oval Lingotto:

GOLD: Ireen Wüst (Niederlande) 4:02,43 Minuten

SILBER: Renate Groenewold (Niederlande) 4:03,48

BRONZE: Cindy Klassen (Kanada) 4:04,37

4. Anni Friesinger (Inzell) 4:04,59
5. Claudia Pechstein (Berlin) 4:05,54
6. Daniela Anschütz-Thoms (Erfurt) 4:06,89
7. Martina Sablikova (Tschechien) 4:08,42
8. Kristina Groves 4:09,03
9. Clara Hughes (beide Kanada) 4:09,17
10. Katarzyna Wojcicka (Polen) 4:09,61
11. Catherine Raney (USA) 4:10,44
12. Fei Wang (China) 4: 10,55
13. Eriko Ishino (Japan) 4:11,21
14. Maki Tabata (Japan) 4: 12,38
15. Maren Haugli (Norwegen) 4:12,50

(sidbackup)
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