Schuhmode bei der EM "Adi Dassler würde sich im Grab umdrehen"

Frankfurt/Danzig · Für die Fans quietschbunter Schuhmode lässt die EM keine Wünsche offen. Uli Hoeneß allerdings hat sich als Kritiker der großen Farbenpracht auf grünem Rasen geoutet.

EM 2012: Die Schuh-Trends der Kicker
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Jorge Campos war seiner Zeit irgendwie voraus. Damals, in den Neunziger Jahren, als der mexikanische Nationalkeeper und Gelegenheitsstürmer in quietschbunten Torwartrikots durch den eigenen Strafraum segelte. Gleichsam als Paradies- und Kanarienvogel, der das Spielfeld als Laufsteg nutzte.

Mittlerweile hat sich die Farbenpracht beim Outfit der Profis etwas nach unten verlagert.

Angesagt ist bei der EM in Sachen Schuhmode das, was hervorsticht. Color-Blocking heißt der Trend. Grelle Töne wie Neon-Rot mit einem Pink-Stich oder Giftgrün - jeweils nur an der Hacke - sind dabei der Renner. Sehr zum Leidwesen von Uli Hoeneß übrigens. "Adi Dassler würde sich im Grab umdrehen, wenn er sehen würde, mit welchen Schuhen heutzutage gespielt wird", sagte Bayern Münchens Präsident in Anspielung auf den verstorbenen Gründer der adidas AG.

"Design wichtiger als Zweckmäßigkeit"

Hoeneß selbst hatte kurz vor der EM ein Zeichen gesetzt. Als er bei der Eröffnung der Bayern-Erlebniswelt seine schwarzen Schraubstollenschuhe mit den drei weißen Streifen aus dem WM-Finale 1974 stolz in der Hand hielt, sprach der Fußball-Purist einen frommen Wunsch aus. "Ich hoffe sehr, dass die Entwicklung wieder zurück zum Fußball-Schuh geht - weg von dieser Schuhmode. Ich habe oft das Gefühl, dass das Design wichtiger ist als die Zweckmäßigkeit."

Die Herren Profis werden das nicht komplett abstreiten können. Zumal sie ihre hochmodernen Kunstleder-Treter längst individuell gestalten können - und das auch tun. So hat sich Bastian Schweinsteiger den Vornamen seiner Freundin Sarah Brandner auf seine besten Stücke stanzen lassen. Mannschaftskollege Toni Kroos war da innovativer: "Julius" und "Lennox" ist auf seinen Schuhen zu lesen - es sind die Hunde des Bayern-Spielers.

Für Daniel Delonga, Player-Manager des DFB-Ausrüsters adidas, ist dies schon ein ungewöhnlicher Wunsch. Normal seien eigentlich die Namen der Kinder, der Freundin oder der Frau, erklärte er. Aber auch die jeweilige Nationalflagge und/oder die Rückennummer sind als optisches Extra gefragt. "Veredelung" nennt Delonga im Fachjargon diese "Prints" und berichtet, dass die Farbe der Schuhe aus "Marketinggründen" vorgegeben werde. "Wir definieren die Schuhfarben, sind aber natürlich im ständigen Austausch mit den Spielern", meinte Delonga.

Als Lukas Podolski gegen Dänemark sein 100. Länderspiel bestritt, war der Ex-Kölner bestens ausgerüstet für den großen Tag. Er trug rot-blaue F50 adiZeromit mit einer ganzen Reihe von Gimmicks: Neben dem Spieltagsdatum (17. Juni 2012) und einer Deutschland-Flagge war der Schriftzug "100+" aufgestickt.

Dass den Profis durchaus auf die Füße geschaut wird, beweist nicht zuletzt das Beispiel Tomas Rosicky. Während der EM wurde in seiner tschechischen Heimat tagelang über vier Buchstaben auf seinen Schuhen gerätselt. Die Auflösung folgte aber keineswegs auf dem Fuße. "Es sind die Anfangsbuchstaben eines Satzes, der für mich sehr viel Bedeutung hat", sagte der frühere Dortmunder Bundesligaprofi - und machte auf dem Absatz kehrt.

Futuristische Namen

Von den deutschen Nationalspielern trägt übrigens keiner mehr unterherum schwarz. Einzig Holger Badstuber greift ab und zu im Training nochmal zu den antik wirkenden Tretern. Und setzt ob der wilden Farbenpracht um ihn herum fast schon wieder modische Akzente. Laut adidas hatte erstmals das magische Dreieck des VfB Stuttgart - Giovane Elber, Fredi Bobic, Krassimir Balakov - Mitte der 1990er Jahre wegen seiner bunten Schuhe für Aufsehen gesorgt. Der Kameruner Rigobert Song trug bei der WM 1998 sogar einen roten und einen gelben Stollenschuh.

Ebenso futuristisch wie die Optik der verschiedenen Modelle muten auch ihre Namen an, die irgendwie an Hightech-Waffen vom Raumschiff Enterprise erinnern. Statt Käpt'n Kirk rüstet sich aber Cristiano Ronaldo mit den rot-pinken Mercurial Vapor III der Marke Nike, die dem Träger eine explosive Geschwindigkeit ermöglichen sollen. Der T90 Laser IV KL mit giftgrüner Hacke verspricht indes einen zielgenauen Abschluss. Durch das dünne Synthetikmaterial sollen sich die Schuhe der jeweiligen Fußform anpassen.

Doch nicht bei allen kommen die Neon-Kreationen an: "Jeder Lappen, der sich die Schuhe in den Farben holt, ist ein Poser", schrieb ein Max im Internet. Uli Hoeneß wird dem sicher beipflichten.

(sid)
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