Kölns früherer Manager wehrt sich Jetzt spricht Jörg Schmadtke

Düsseldorf · Der ehemalige Manager Jörg Schmadtke wehrt sich gegen die Rolle des Sündenbocks für die Talfahrt des 1. FC Köln. Fehler räumt er ein, aber er betont: "Es waren gemeinsame Entscheidungen, für die mehrere verantwortlich waren."

Jörg Schmadtke – Torwart, Manager, Düsseldorfer
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Das ist Jörg Schmadtke

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Foto: dpa, geb jhe ljm

Vor der Tür steht eine frierende Indianerin. Sie hat ein Sektglas in der Hand. Drinnen unterhalten sich zwei Männer, die aussehen wie eine Mischung zwischen Laubfrosch und Kunstrasen, über die jüngsten Entwicklungen in ihrer Firma, die irgendetwas mit dem Fliegen zu tun hat. Eine Frau im Katzenkostüm liest die Tageszeitung. An einem Bistrotisch sitzt Jörg Schmadtke, der ehemalige Manager des 1. FC Köln. Er trägt zivile Kleidung und macht nicht den Eindruck, als wolle er gleich ein paar Meter weiter in der Düsseldorfer Altstadt in den Karneval starten.

Düsseldorf feiert Altweiber-Fastnacht. Und Schmadtke soll einem Herrn am Nebentisch (ebenfalls unverkleidet) zustimmen, dass "Borussia Dortmund ein paar gestandene Spieler braucht". Schmadtke lächelt und hört sich geduldig die Geschichte an, wie die Ehefrau des Dortmund-Fachmanns ihren späteren Gatten kennengelernt hat und wie beide später mal in Berlin George Clooney getroffen haben.

"Nachtreten muss ja nicht sein"

Wenn Schmadtke über seine Erfahrungen mit seinem ehemaligen Arbeitgeber in Köln redet, gibt es weniger Grund zum Lächeln. Nach mehr als vier Jahren endete im zurückliegenden Herbst das Arbeitsverhältnis des Düsseldorfers mit dem Kölner Fußballverein. Und seitdem freuen sich die Kölner darüber, in Schmadtke den Sündenbock für einen spektakulären Absturz gefunden zu haben. Schmadtke findet es "schade, wenn vier Jahre, in denen ich dort sehr gerne gearbeitet habe, auf die letzten drei, vier Monate reduziert werden". Und er betont: "Nachtreten muss ja nicht sein." Schließlich sei vereinbart gewesen, "dass wir nicht oder nur zurückhaltend übereinander reden". Er vermutet, "dass es manchen hilft, wenn sie einem den Schwarzen Peter zuschieben können".

Über vier Jahre war es bergauf gegangen, der FC kehrte aus der zweiten Liga in die Bundesliga zurück, konsolidierte sich dort und kam im vergangenen Sommer erstmals seit 25 Jahren wieder in den Europapokal. Fußball-Köln lag dem Klub zu Füßen, Schmadtke und Trainer Peter Stöger wurden für ihre bemerkenswerte Zusammenarbeit gefeiert. Und natürlich gab es in der Vereinsführung viele, die sich gern auf die Schultern schlagen ließen. Der Erfolg hat immer viele Väter.

In der Sommerpause muss etwas passiert sein — aber was?

In dieser "Sommerpause muss dann irgendetwas im Innenverhältnis passiert sein", sagt Schmadtke. Besonders in jenem zuvor so innigen Innenverhältnis zwischen dem Geschäftsführer Schmadtke und Trainer Stöger. Er habe das gespürt, versichert der ehemalige Manager, und er habe es auch angesprochen. Schmadtke ist nicht der Typ, der sein Unwohlsein zu lange für sich behält. Auf den Grund der Sache ist er nicht gestoßen, "und ich kann ja nur etwas ändern, wenn ich weiß, was ich falsch gemacht habe".

Natürlich habe es in diesem Sommer Fehler gegeben, räumt der 53-Jährige ein. "Wenn eine Mannschaft von Platz fünf durchgereicht wird und mit drei Punkten vor dem letzten Spiel der Hinrunde auf dem letzten Platz dasteht, kann ja nicht alles richtig gewesen sein." Es habe da Entscheidungen gegeben, "die sich als nicht richtig erwiesen haben". Schmadtke hat kein Problem damit, das einzugestehen. Was er "komisch" findet: In seinem alten Klub wird der Eindruck vermittelt, dass es sich da um einsame Entscheidungen des Managers gehandelt habe. Dem widerspricht er energisch: "Es waren immer gemeinsame Entscheidungen, für die mehrere Menschen verantwortlich waren. Die sind nicht im stillen Kämmerlein gefällt worden."

Im Gegenwind des öffentlichen Unwillens stand aber Schmadtke allein. "Das tut manchmal weh", sagt er. Er hat seine eigene Art, damit umzugehen. "Insgesamt war es doch eine schöne Zeit", sagt er. Das hört sich sehr nach einem Satz an, den der Lehrgangsleiter im Seminar "Positives Denken" seinen Zuhörern mit auf den Weg geben würde.

Schmerz, das ist so eine Lehre aus dem Job in Köln, ist im Fußball das Ergebnis einer Arbeit, die mehr als ein Job ist. "Es ist ein sehr emotionaler Klub", erklärt Schmadtke, "und ich glaube, ich habe noch nie zuvor die Menschen so nah an mich herangelassen." Das vergrößert natürlich die Fallhöhe.

Deshalb werde er bei künftigen Beschäftigungsverhältnissen "so viel Nähe nicht mehr zulassen", beteuert der vorerst frühere Fußball-Funktionär. Von einem vorgezogenen Ruhestand will er nichts wissen. Zwar tue eine "Auszeit immer mal gut". Aber nun scheint es ihm zu reichen. Auch wenn er wieder Zeit hat, viel Sport zu treiben, auf Joggingrunden mit dem Hund zu gehen "und was zu lesen, das über die Fachpresse hinausgeht". Seiner Frau wird gefallen, dass er sich auch der regelmäßigen Hausarbeit widmet. Völlig ausgefüllt ist Schmadtkes Leben nicht. Er ist bereit für "die nächste Herausforderung", die über das Fitnessprogramm für den Hund hinausgeht. "Die Vorstellungskraft ist vorhanden", sagt er. Ein paar Anbahnungsgespräche habe es gegeben. Das verrät er. Mit wem, das verrät er nicht.

Schmadtke ist nicht nur mit den Kölnern aus dem tiefen Tal bis in den internationalen Fußball gekommen. Dieses Kunststück gelang ihm auch mit Hannover 96 und Alemannia Aachen. Beide Klubs waren nie wieder so erfolgreich wie in der Zeit mit dem Düsseldorfer Manager. Das ist verbrieft. Genau wie in Köln kam der Impuls zum Abschied allerdings auch immer von Schmadtke. Den Eindruck, er sei in der Krise von Bord gegangen, will er jedoch so nicht stehen lassen. "In Aachen war es zum Beispiel so, dass ich erklärt habe, meinen auslaufenden Vertrag nicht mehr zu verlängern." Das tat er allerdings vor laufenden Kameras. "So werde ich das nicht mehr machen", versichert er.

Er darf darauf verweisen, dass er seine Klubs sportlich und wirtschaftlich mit vorangebracht hat. Ein Beleg: "Als ich kam, hatte die Kölner Mannschaft einen Marktwert von 18 Millionen Euro, als ich ging, waren es 110 Millionen." In Aachen war er 2001 für den verschuldeten Verein mit der Sammelbüchse durch die Stadt gelaufen. Fünf Jahre darauf war die Alemannia Erstligist und erzielte einen Gewinn von vier Millionen Euro.

In Köln hatte er vielleicht den Eindruck, dass es einen Anstoß geben müsse, um die Situation noch zu retten. Deshalb bot er seine Demission an. Er hat wohl nicht geglaubt, dass der Klub so entschlossen zugreifen würde. "Innerhalb von fünf Stunden war meine Aufhebung unterschrieben", obwohl dazu vier von sieben Stimmen in der Vereinsführung notwendig waren. "Das ist schnell, oder?" Da, so glaubt Schmadtke, war die Sündenbock-Rolle bereits beschlossen.

Man sieht ihm an, dass es noch an ihm nagt. Schulterzucken und das typische Schmadtke-Gesicht, das zwischen Stirnrunzeln und zahnreichem Lächeln liegt. "Ich kann es ja nicht ändern", sagt sein Gesicht. Und er sagt es auch selbst.

Das ist genug Rückschau. In seiner Zukunft sieht Schmadtke den nächsten Klub, "die nächste Herausforderung, sich mit der besonderen DNA eines Vereins zu beschäftigen. Da gibt es ja keine Blaupausen - zum Glück".

Dann geht er nach Hause, im Rücken den Trubel der Altstadt, die sich mit Narren füllt. Den Kopf bedeckt eine Wollmütze. Sie schützt vor der Kälte und auch ein bisschen vor neuen Gesprächen über George Clooney und Borussia Dortmund.

Die Indianerin ist ebenfalls weitergezogen. Der Laubfrosch und der Kunstrasen trinken immer noch Kaffee. Das wird sich im Laufe des Tages ändern.

(pet)
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