Köln feiert Platz zwei "Dass die Fans träumen, ist realistisch"

Köln · Nach dem Sieg gegen Ingolstadt ist der 1. FC Köln Tabellenzweiter - und die Fans träumen von noch mehr.

Anthony Modeste vor dem Führungstor gegen Ingolstadt knapp im Abseits
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Modeste vor dem 1:0 knapp im Abseits

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Foto: Screenshot Sky

Die Fans besangen schon den "deutschen Meister FC", das Vereins-Idol Lukas Podolski schrieb bei Twitter stolz vom "Bayern-Jäger Nummer eins". Der Höhenflug des 1. FC Köln geht weiter, die Fußball-Euphorie rund um den Dom kennt keine Grenzen.

"Dass die Fans träumen, ist realistisch", sagte Torhüter Timo Horn nach dem 2:1 (2:0) gegen den FC Ingolstadt: "Aber über Meisterschaft und Champions League können wir am 30. Spieltag noch mal quatschen."

Die Fans taten es freilich bereits am Samstag. Das Gegentor des Tabellenführers Bayern München zum 2:2 bei Eintracht Frankfurt wurde ebenso laut bejubelt wie die beiden Treffer des nun besten Liga-Torschützen Anthony Modeste (28./39., Foulelfmeter).

Dass in der Schlussphase sogar die ersten Meisterschalen in die Luft gereckt wurden, kommentierte Trainer Peter Stöger mit einem Schmunzeln. "Ich kann den Leuten nicht verbieten, dass die Papp-Schalen mitbringen", meinte er.

Horn glaubt derweil nicht an eine selbstironische Aktion - die FC-Fans gelten als ständiges Extrem zwischen himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt. "Die Fans glauben schon wirklich an uns", sagte der 23-Jährige: "Sie wissen, dass in diesem Jahr ein Tick mehr möglich ist als im letzten." Damals waren die Kölner Neunter. Die Bayern würden "sicher auch diesmal souverän Meister werden", meinte Horn: "Aber wir versuchen, so lange wie möglich oben dranzubleiben."

Spieler machen einen Reifeprozess durch

Erst einmal müssen sich die Kölner, zuletzt 1992 im Europacup vertreten und danach fünfmal in die 2. Liga abgestiegen, an den Druck auf ein Spitzenteam gewöhnen. "Der war schon da", erklärte Manager Jörg Schmadtke: "Ihr schreibt alle vom Bayern-Jäger - und die Jungs können ja auch lesen."

Beim Reifeprozess sieht Stöger die Spieler ausdrücklich "mit in der Verantwortung". Bestes Beispiel: Nach holprigem Beginn tauschte sich der Österreicher am Spielfeldrand mit Nationalspieler Jonas Hector aus. Stöger glaubte, auf eine Dreierkette umstellen und Hector ins Mittelfeld beordern zu müssen. "Der Eindruck der Spieler war ähnlich. Also haben wir es umgesetzt", berichtete er. Es war der Schlüssel zum Sieg.

Der jedoch nicht die Sinne vernebeln soll. Die Euphorie der Fans findet auch Schmadtke "schön. Wichtig ist nur, dass wir uns in unseren Entscheidungen nicht beeinflussen lassen. Deshalb werden wir bei der Analyse auch die letzte Viertelstunde nicht ignorieren." In der verschenkte der FC fast noch den Sieg.

Dennoch fahren die Kölner nun als Zweiter "mit breiter Brust" zum nicht erwarteten Spitzenspiel beim Dritten Hertha BSC. "Wir versuchen, unseren Lauf mitzunehmen und ungeschlagen zu bleiben", verkündete Horn.

Ingolstadts Sportdirektor Linke wittert Betrug

Gegensätzlich ist nach dem Sturz ans Tabellenende die Stimmung in Ingolstadt. "Die ganze Mannschaft wurde betrogen", schimpfte Sportdirektor Thomas Linke.

Der nach sieben Spielen immer noch sieglose Trainer Markus Kauczinski muss deshalb zunächst keine Konsequenzen befürchten. Der Trainer werde nächste Woche gegen Vizemeister Borussia Dortmund "auf jeden Fall" auf der Bank sitzen, versicherte Linke.

Auch Kauczinski selbst fühlte sich von Welz um den Lohn gebracht. "Dass du von der Seite eins in die Fresse kriegst, ist richtig, richtig bitter", sagte Kauczinski und vermutete dahinter durchaus Methode. "Wir wissen, dass wir vom letzten Jahr den Ruf haben, eklig zu sein, und einige Spieler bei den Schiedsrichtern auf der Liste stehen", meinte er: "Wir sind wohl auch nur ein kleines Licht. Aber wir werden uns nicht unterkriegen lassen."

Schiedsrichter Welz hatte beim 0:1 eine knappe Abseitsstellung von Anthony Modeste übersehen und dem FCI einen klaren Elfmeter verweigert. Linke führte auch noch ein vermeintliches Handspiel des Kölners Yuya Osako vor dem 0:2 an. "Wenn 50:50-Entscheidungen gegen einen getroffen werden, ist das nicht bedenklich. Wenn es so viele klare Entscheidungen sind, dann schon", meinte der frühere Bayern-Profi und entfachte auch die Diskussion um den Videobeweis neu: "Es wird Zeit, dass im technischen Bereich mehr gemacht wird. Die Möglichkeiten sind da."

Mit den ungewöhnlich deutlichen Anschuldigungen wollen Linke und Kauczinski wohl auch eine Trotzreaktion ihrer Mannschaft hervorrufen. "Wir können ganz klar analysieren, dass nicht die Leistung der Mannschaft ausschlaggebend war", behauptete der Trainer trotz einer erschreckend schwachen Vorstellung und versprach: "Das wird eher einen Ruck geben."

(sid)
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