Zwei Lostöpfe im Viertelfinale "Underdogs" sind sauer über Auslosung im Niederrheinpokal

Düsseldorf · Im Viertelfinale des Niederrheinpokals empfängt jeder Oberligist einen Favoriten. Das ist kein Zufall und wirft die Frage auf, inwieweit so eine Auslosung noch fair ist.

 Der MSV Duisburg gewann 2014 den Niederrheinpokal. Auch in dieser Saison ist der Drittligist einer der Favoriten.

Der MSV Duisburg gewann 2014 den Niederrheinpokal. Auch in dieser Saison ist der Drittligist einer der Favoriten.

Foto: Christoph Reichwein

Es ist zwar erlaubt, doch nicht wenige Fußballfans halten es schlichtweg für skandalös: Der Fußballverband Niederrhein (FVN) entschied nach eigener Aussage kurzfristig, aus zwei Töpfen zu losen und die höherklassigen Teams wie den Drittligisten MSV Duisburg sowie die Regionalligisten Rot-Weiß Oberhausen, Rot-Weiss Essen und Wuppertaler SV von den vier Oberligisten SpVg Schonnebeck, VfB Hilden, Turu und SC West zu trennen.

In den sozialen Netzwerken fiel bereits das Wort "Wettbewerbsverzerrung", mancher spricht von einer "Kommerzialisierung auf Verbandsebene". Der Vorwurf: Der FVN will sich ein Finale mit zwei namhaften Traditionsmannschaften zurechtlegen, das bei einer Live-Übertragung im TV auf ein großes Zuschauerinteresse stößt. Durch die besseren Einschaltquoten würde sich der Verband höhere Einnahmen sichern.

Im DFB- und auch Niederrheinpokal ist es zwar üblich, zwei Töpfe zur Auslosung zu nutzen - in der Regel aber nur in der ersten Runde. "Der Vorsitzende Wolfgang Jades stellt vor jeder Ziehung die Frage, ob in zwei Töpfen gelost wird, und dann wird im Ausschuss demokratisch abgestimmt", erklärt Reinhold Dohmen. Der Beisitzer des FVN-Fußball-Ausschusses kann die "Aufregung Einzelner" nicht nachvollziehen und entgegnet, dass man "dann auch die erste Runde der Auslosung" kritisieren müsse.

Einen negativen Beigeschmack hat die Entscheidung in jedem Fall. Denn: Der Sieger des Verbandspokals bekommt einen Startplatz im DFB-Pokal. Mit Oberliga-Duellen wäre das Erreichen des Finals für einen Außenseiter realistischer. Und das könnte für die Qualifikation des großen Pokals schon reichen. Belegt der aktuelle Drittliga-Spitzenreiter MSV Duisburg einen der ersten vier Plätze in der Liga, qualifiziert er sich bereits dadurch für den DFB-Pokal. Dann würde bei einem Endspiel gegen Duisburg der zweite Verbandspokalfinalist automatisch in den DFB-Pokal einziehen.

Auch der vermeintliche Vorteil des Heimrechts für die Oberligisten ist nur theoretischer Natur. Mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit werden zumindest drei der vier Oberligisten das Recht, auf der eigenen Platzanlage zu spielen, nicht nutzen, da sie die Auflagen eines Risikospiels nicht erfüllen können. Aufgrund der fehlenden Ressourcen müssen sie entweder auf ein anderes Stadion ausweichen oder das Heimrecht abgeben. Doch Dohmen sieht für die Oberligisten darin keinen Nachteil: "Turu hat zum Beispiel auf einen großen Gegner gehofft und sich bereits das Paul-Janes-Stadion gesichert. 15% der Einnahmen bekommt das Heimteam für die Platzstellung (die Kosten für Sicherheitspersonal, Catering etc. muss allerdings der Verein tragen, Anm. der Redaktion), 15% der Verband, ein Teil deckt die Schiedsrichterkosten ab und der Rest wird geteilt. Selbst wenn zum Beispiel der SC West sein Heimspiel gegen Wuppertal abgeben würde, hätte es doch den finanziellen Vorteil, dass der WSV mehr Zuschauer zu einem eigenen Heimspiel mitbringen würde."

Ein Heimspiel käme den großen Klubs, zwischen denen ein direktes Duell verhindert wurde, natürlich nicht ungelegen. "Aus WSV-Sicht ist das Prozedere grundsätzlich nicht zu kritisieren. Für uns ist es hochattraktiv im Wettbewerb zu bleiben, vor allem wenn der Sieger eine Prämie von 115.000 Euro erhält. Da ist es sicherlich nicht verkehrt, erst im Halbfinale auf die anderen großen Kaliber zu treffen. Wenn das also der gangbarere Weg ist, wieso sollten wir den nicht bevorzugen?", sagte Michael Kuhn, Manager des Wuppertaler SV, gestand aber gleichzeitig: "Wenn ich allerdings Manager einer Oberliga-Mannschaft wäre, würde ich mich nicht unbedingt bevorteilt sehen."

Für einige Verantwortliche ist das Losverfahren jedenfalls ein Armutszeugnis in Hinblick auf den Fairnessgedanken. "Ich denke, alle Oberligisten sind fassungslos über diese merkwürdige Entscheidung. Wo das hinführt, scheint klar, denn ich kann mir keinen anderen Vorteil erklären, als den kommerziellen", sagte Marcel Bastians, Trainer des VfB Hilden. Seiner Ansicht nach haben die Amateurvereine ohnehin nicht viele Gelder zur Verfügung, weshalb der Niederrhein-Pokal grundsätzlich eine ideale Zusatzmöglichkeit bieten würde, wirtschaftlich und sportlich. Den Grundgedanken würde man nun aber zugunsten der früheren Erstligavereine verändern.

Hilden hatte sich als Erstes positioniert und einen öffentlichen Kommentar verfasst, der im sozialen Netz bereits einen viralen Weg eingeschlagen hat. "Ich denke, wir haben damit vielen Vereinen aus der Seele gesprochen und bisher ausschließlich solidarische Reaktionen erhalten — darunter auch Posts von größeren Vereinen wie Rot-Weiss Essen", sagte Bastians und stellt eine wohl elementare Frage in den Raum: "Warum kann man das Prozedere nicht vor der Saison abklären? Für mich hat das jedenfalls wenig mit Fairness zu tun." Ähnlich sieht es Turu-Vereinschef Heinz Schneider: "Die Verteilung der acht Mannschaften auf zwei Auslosungstöpfe ist nicht korrekt", sagte er.

In anderen Verbänden — und die Entscheidungsgewalt liegt, wie auch DFB-Videpräsident Peter Frymuth bestätigte, eben bei den einzelnen Landesverbänden — scheinen die Regularien jedenfalls transparenter zu sein. Im Fußballverband Mittelrhein (FVM) gibt es zum Beispiel lediglich in der ersten Runde zwei Töpfe, wobei die Kreispokal-Teilnehmer mit garantiertem Heimrecht in einen Behälter fallen. Ab der zweiten Runde gibt es keine Beschränkung mehr, und ab dem Viertelfinale fällt sogar das Heimrecht für die unterklassigen Teams weg. "Jeder Verband handelt den Pokal anders. Wir haben unsererseits Durchführungsbestimmungen, mit denen wir den Modus für das Jahr im Vorhinein festlegen", erklärte Markus Müller, Vorsitzender des Verbandsspielausschusses beim FVM. Mit einer solchen Vorgehensweise wäre dem FVN wohl eine Menge Kritik erspart geblieben.

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