Hönnepel-Niedermörmter "Hö-Nie": Ein Dorfklub mischt die Oberliga auf

Hönnepel-Niedermörmter · Der Tabellenführer der fünften Liga ist stolz auf sein Image. Das Vereinslogo verspricht: Der Acker bebt.

Köln hat den Dom, Gelsenkirchen die Arena, Leverkusen ein Chemiewerk und Hönnepel den Kühlturm. Das Ding ist nicht zu übersehen, aber es hat seinen Schrecken für die Dorfbevölkerung verloren. Was mal ein Atomkraftwerk werden sollte, ist heute eine Freizeiteinrichtung. "Kernwasser-Wunderland" heißt sie. Sie erinnert daran, dass in diesem Dorf mal Geschichte geschrieben wurde. Hier tobte ein bitterer Kampf zwischen Atomgegnern und -Befürwortern. Das Kraftwerk ging nie ans Netz. Noch heute glauben viele, dass in der erfolgreichen Protestbewegung am Niederrhein die Wurzeln der "Grünen" liegen.

Zumindest für die Gemeindechroniken taugt die Geschichte des Fußballklubs im Schatten des "Brüters". Der SV Hönnepel-Niedermörmter mischt die Oberliga Niederrhein auf. Zwölf Spieltage sind in der fünften Liga gespielt, und der Dorfverein behauptet die Tabellenführung. Vier Punkte liegt er vor dem Wuppertaler SV. Das ist nicht nur angesichts der Einwohnerzahlen eine Sensation. Hönnepel (950) und Niedermörmter (1100) bringen es zusammen auf gut 2000, Wuppertal auf 340.000. Auch die Vereine haben völlig unterschiedliche Voraussetzungen. Wuppertal spielte mal in der Bundesliga, und es muss vom Selbstverständnis mindestens in der Zweiten Liga kicken. "Hö-Nie", wie es genannt wird, weil die beiden Ortsnamen in keine Tabelle passen, ist sich seiner Herkunft bewusst. "Wir sind und bleiben ein Dorfklub", sagt der Vorsitzende Alexander Kehrmann, "wir haben nicht vergessen, wo wir herkommen."

Hö-Nie kommt von ganz unten. Bis in die 90er wurde der Klub artgerecht in der B-Liga gehalten, der zweittiefsten Spielklasse. "Aus dieser Zeit", erklärt der Vorsitzende, "arbeiten noch viele im Verein mit." Darauf sind sie stolz im Ortsteil der kleinen Stadt Kalkar. Und natürlich sind sie stolz, dass sie Kalkar sportlich längst überholt haben. Das sagen sie aber nicht so laut. Lieber beweisen sie Selbstironie wie im Vereinslogo, in dem sie in feiner Beziehung zur Herkunft "den Acker beben" lassen. Und Kehrmann rühmt das Vereinsleben, "die enorme Vertrautheit" und, "dass sich hier niemand in den Vordergrund stellt".

Allein mit menschlichen Tugenden aber lässt sich der Sprung an die Spitze der fünften Liga allerdings nicht bewerkstelligen. "Natürlich haben wir Sponsoren", sagt Kehrmann. Seine in Duisburg ansässige Grundbesitz GmbH ist einer der Geschäftspartner des Oberligisten. Sogar den Jahresetat verrät der erste Mann im Klub: "200.000 Euro." Das muss nachprüfbar sein. Die Zeiten, in denen unter der Hand gezahlt wurde, sind vorbei, seit findige Finanzämter so manchen leuchtenden Stern vom Amateur-Fußballhimmel geholt haben. Heute locken die besseren Klubs nicht mehr mit Schwarzgeld, sondern mit beruflichen Perspektiven. Hö-Nie lockt mit familiärer Atmosphäre. Das jedenfalls versichert Kehrmann.

Ein Jojoklub ist Hö-Nie aber nicht. "Wer Sport betreibt, der will gewinnen", sagt der Vorsitzende, "wenn wir Ende des Jahres noch oben stehen, werden wir uns sachlich-nüchtern mit der Frage befassen, ob wir einen Aufstieg stemmen können." Sicher ist: In der Regionalliga, der vierten Klasse, spielen Profis. Ob Hö-Nie das kann, ist die eine Frage. Ob der Verein das will, ist die andere. Eine Antwort gibt Kehrmann: "Wir wollen bleiben, wie wir sind. Die Liga ist dabei egal."

(RP)
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