Bayer Leverkusen Warum Bayer 04 bei der EM auch auf Polen schaut

Leverkusen · Die Laune von Arkadiusz Milik war prächtig. Nicht Kapitän Robert Lewandowski bescherte dem polnischen Nationalteam den ersten Sieg bei einer Fußball-EM, sondern er, Lewandowskis 22-jähriger Nebenmann.

Polen - Nordirland: Milik sorgt für die verdiente polnische Führung
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Milik sorgt für die verdiente polnische Führung

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Ein junger Kerl, dessen Name bei der Aufzählung von Polens Fußballern noch nicht so selbstverständlich über die Lippen geht wie der eines Lewandowski oder Piszczek. Die beiden gehören zum Bundesliga-Inventar - der eine inzwischen beim FC Bayern, der andere bei Borussia Dortmund.

Und Milik? Ach der! - mag sich mancher vielleicht insgeheim gedacht haben, als er den Stürmer nach dem 1:0 gegen Nordirland jubeln sah. Auch Milik hat sein Glück schon in Deutschland versucht. Im Januar 2013 verpflichtete Bayer 04 den jungen Angreifer von Górnik Zabrze. Rudi Völler schwärmte seinerzeit von "Polens vielleicht größtem Talent". Eine sportliche Erfolgsgeschichte wurde seine Zeit beim Werksklub indes nicht. Auch beim FC Augsburg, wohin Milik zwischenzeitlich ausgeliehen war, konnte er nicht Fuß fassen. Nach nur sechs Bundesligaspielen in Leverkusen sowie 18 Einsätzen und zwei Toren in Augsburg war das Abenteuer Bundesliga beendet.

"Wir haben mit ihm einen jungen Spieler verpflichtet, der enorme Qualität besaß", erklärt Jonas Boldt. Es gab einige Anfragen, Leverkusen machte das Rennen. Der Klub sah das Potenzial - der Zeitpunkt indes passte offenbar nicht. "Es herrschte viel Konkurrenz in der Offensive. Das machte es für ihn schwer, regelmäßig zu spielen. Gerade die Jungen brauchen Einsätze, um sich zu entwickeln", fügt Boldt an. Stefan Kießling war auf dem Weg zum Torschützenkönig. In der Folgesaison wurde Heung-Min Son verpflichtet.

Milik äußerte nach seinen Leihen in Augsburg und Amsterdam (2014) den Wunsch nach einem sportlichen Zuhause. Das Kaufangebot von Ajax kam da wie gerufen. Die Niederländer zogen 2015 ihre Kaufoption und verpflichteten den Polen fest für rund drei Millionen Euro (Vertrag bis 2019).

Milik hat sich zu einem Top-Angreifer entwickelt

Ein Schnäppchen, wie sich herausstellte. Der 22-Jährige hat sich zu einem Top-Angreifer entwickelt und bestätigt das Talent, das Bayer 04 in ihm sah. 21 Treffer erzielte Milik in der vergangenen Saison, sechs in der EM-Qualifikation - damit bildete er mit Lewandowski (13 Tore) das erfolgreichste Sturmduo Europas. Seinen Platz hinter dem Bayern-Stürmer hat er akzeptiert. Es scheint ihm sogar sehr recht zu sein, nicht in der allerersten Reihe zu stehen. "Vielleicht kam mein Wechsel nach Deutschland zu früh, vielleicht habe ich die Sache auch zu leicht genommen", sagt Milik rückblickend.

Die Erfahrungen will er dennoch nicht missen. Im ersten Anlauf war die Bundesliga noch eine Nummer zu groß. Nun nähert er sich dem deutschen Fußball erneut - mittlerweile ist er eine nicht mehr zu unterschätzende Gefahr. Im zweiten EM-Gruppenspiel trifft er mit Polen am Donnerstag auf Deutschland (21 Uhr/Live-Ticker). Wie man den Nachbarn schlägt, hat er im Oktober 2014 selbst erlebt, als er in der EM-Qualifikation einen Treffer zum 2:0-Erfolg gegen Deutschland beisteuerte.

Beteiligung an einer künftigen Ablöse

Ärgern darüber, dass man einen potenziellen Star preiswert hat ziehen lassen, muss sich Bayer 04 nicht. Dank geschickter Vertragsgestaltung bringt Milik dem Verein zumindest wirtschaftlichen Ertrag. In weiser Voraussicht hat der Werks-klub sich eine Beteiligung an einer künftigen Ablöse in den Vertrag schreiben lassen. Kolportiert werden 30 Prozent. Die aber wollte Boldt nicht bestätigen, der wie viele im Klub mit Interesse die Entwicklung des Offensivmanns verfolgt. Er soll unter anderem das Interesse des englischen Meisters Leicester City geweckt haben. Bei Bayer wünscht man ihm dem Sprung zu einem großen Klub. Mit jedem Tor bei der EM wird er nur noch teurer.

(RP)
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