Bayer Leverkusen Ein bisschen Frieden

Leverkusen · Nach dem Remis in Köln stellen sich Sportchef Rudi Völler und Geschäftsführer Michael Schade demonstrativ hinter Roger Schmidt. Über die verkorkste Hinrunde täuscht die engagierte Leistung der Werkself im Derby aber nicht hinweg.

1. FC Köln - Bayer 04 Leverkusen: Einzelkritik
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Köln - Leverkusen: Einzelkritik

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Foto: rtr, DE/

Der Mann des Abends aus Leverkusener Sicht war nach dem Spiel nicht in Redelaune. Man könnte auch sagen: Er hat - wie vor dem Derby in Köln von seinem Trainer gefordert - die Antwort auf dem Platz gegeben. Und zwar auf die Frage, ob noch Leben in der Werkself steckt. Nach erschreckend blutleeren Auftritten gegen Freiburg, Schalke und Ingolstadt zeigte Bayer eine engagierte Leistung gegen den Erzrivalen. In einem Derby sollte das allerdings selbstverständlich sein.

Wendell hatte kurz vor der Halbzeit den verdienten Ausgleich erzielt, nachdem Kölns Torjäger Anthony Modeste sein Team früh in Führung gebracht hatte. Über die gesamten 90 Minuten war der Brasilianer ein ständiger Aktivposten. Es war ihm anzumerken, dass er zu einem versöhnlichen Jahresausklang beitragen wollte. Es ist ihm gelungen. Das ändert allerdings nichts daran, dass der Punkt in Köln die grundsätzliche Misere nicht behebt: Bayer 04 hat zu wenige Zähler auf dem Konto und hinkt in der Bundesliga (Platz neun, 21 Punkte) nach wie vor den eigenen Ansprüchen weit hinterher.

"Ich habe ein gutes Spiel gesehen", sagte Geschäftsführer Michael Schade nach dem Derby. Kämpferisch und spielerisch sei das eine "absolute Leistungssteigerung" im Vergleich zu den Vorwochen gewesen. "Im nächsten Jahr müssen wir aber extrem zulegen, um unsere Ziele nicht aus den Augen zu verlieren." Um Roger Schmidt, betonte Schade, habe es nur in den Medien Diskussionen gegeben. Nach der Leistung in Köln könne er dem Trainer nichts vorwerfen: "Die Mannschaft war hervorragend eingestellt."

Er setzt nun auf die Winterpause und das Trainingslager in Orlando (Florida), das am 3. Januar beginnt. "Da werden wir einiges aufarbeiten - und in der Rückrunde durchstarten", gibt sich der Geschäftsführer optimistisch. Ob es einen Plan B gebe oder der Trainermarkt bereits sondiert worden sei, ließ Schade offen: "Welche Pläne wir haben, werde ich nicht öffentlich erzählen." Sportchef Rudi Völler äußerte sich ähnlich: "Wir sind überzeugt, dass wir mit unserem Trainer in der Rückrunde erfolgreich sein können." Von blindem Aktionismus halte er ohnehin nicht viel. "Im Moment herrscht eine übertriebene Hysterie", sagte Völler mit Blick auf die jüngsten Trainerentlassungen in der Liga. "Die vergangenen Tage waren für uns sicher nicht einfach, aber wir werden unseren Weg weiter gehen. Da gibt es keine Diskussionen."

Ist jetzt also alles gut unter dem Bayer-Kreuz? Eher nicht. Hakan Calhanoglu, der neben Wendell, Ömer Toprak, Bernd Leno und Julian Brandt bester Mann gegen Köln war, sagte nach der Partie Worte, die aufhorchen ließen. Im neuen Jahr, betonte er, müsse jeder voll mitziehen. Nur so könne das System von Roger Schmidt funktionieren. "Wir wissen, dass wir es besser können", betonte Calhanoglu. Das lässt sich als Kritik an einigen Teamkollegen deuten.

Schmidt hat sich das Leben zuletzt auch selbst schwer gemacht. Ob er die Mannschaft und den Verein noch komplett hinter sich hat, ist fraglich. Dafür gab es zuletzt zu viele Ungereimtheiten. Die Entlassung seines Athletiktrainers Oliver Bartlett vor knapp 14 Tagen bedauerte Schmidt öffentlich. Im Spielerkreis war der gebürtige Engländer dem Vernehmen nach indes nicht sonderlich beliebt. Hinzu kommt Schmidts Kritik an der Falschmeldung zu Kevin Kampls Fußverletzung, die sich als doch nicht so schlimm entpuppte. Außerdem erklärte der 49-Jährige die verkorkste Hinrunde und teils ratlosen Auftritte seines Teams mit einem "totalen Umbruch" des Kaders seit seinem Amtsantritt 2014. Viele Spieler seien sehr jung und unerfahren.

Das ist ein bemerkenswerter Ansatz. Vor der Saison war im Umfeld der Werkself noch vom stärksten Kader seit vielen Jahren die Rede - gespickt mit Nationalspielern. Der Stolz, keinen Leistungsträger verloren zu haben, war unüberhörbar. Das gilt nun allerdings ebenso für die Widersprüche. Für Schmidt und sein Team gibt es in der kurzen Winterpause viel zu tun. Nach dem Trainingslager folgen die beiden Heimspiele gegen Hertha BSC Berlin (22. Januar) und Mönchengladbach (28. Januar). Sollte der Start in die Rückrunde misslingen, wird sich wohl recht schnell zeigen, ob und welchen Plan B die Verantwortlichen in der Schublade haben. Bis dahin herrscht ein bisschen Frieden - vorerst.

(RP)
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