Julian Brandt "Ich suche gern das direkte Duell"

Mit 21 Jahren ist Nationalspieler Julian Brandt bereits feste Stammkraft der Werkself. Im Interview spricht der Leverkusener über die Saisonziele, den neuen Trainer und seine Spielweise.

Julian Brandt bekommt bei Bayer 04 Leverkusen die Nummer 10
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Brandt bekommt bei Bayer die Nummer 10

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Herr Brandt, Trainer Heiko Herrlich hat die Werkself am Morgen mit einer Bergwanderung überrascht - wie groß war Ihre Freude über den Trip zum Gipfel der Schmittenhöhe?

Julian Brandt "So etwas gehört zu einem Trainingslager dazu. Es tut der Entwicklung einer Mannschaft gut. Ich war allerdings noch nie wandern und werde es in Zukunft wohl freiwillig auch nicht oft tun. Als wir um 6.45 Uhr die Rucksäcke gesehen haben, war klar, was abgeht."

Vergangenen Monat haben Sie mit gemeinsam mit ihren Teamkollegen Benjamin Henrichs und Bernd Leno den Confed Cup gewonnen. Wie wichtig war der Triumph für Sie nach der enttäuschenden Saison mit Bayer 04?

Brandt "Auch wenn der Titel nicht gleichbedeutend mit manch anderem Cup ist, war es für einen selbst doch sehr versöhnlich. Nicht viele haben damit gerechnet, dass wir mit so einer zusammengewürfelten Truppe den Cup gewinnen. Für uns drei Leverkusener war es sehr gut."

DFB-Teammanager Oliver Bierhoff hat die Werkself im Trainingslager in Österreich besucht und Sie für die guten Auftritte beim Turnier in Russland gelobt.

Brandt "Ich will immer einen guten Eindruck hinterlassen und weiß natürlich, dass die WM 2018 vor der Tür steht. Wenn man schon beim Confed Cup dabei ist und die etablierten Spieler eine Pause bekommen, dann will man die Chance auch nutzen."

Kommende Saison spielt Bayer 04 erstmals seit einigen Jahren nicht international. Schmälert das Ihre WM-Chancen?

Brandt "Ich bin der Meinung, dass das kein erheblicher Nachteil ist. Klar sind internationale Spiele für einen wichtig. Aber wenn du in der Bundesliga ein super Jahr hinlegst, werden Sie dich genauso wie die anderen im Blick haben."

Nach dem Turnier in Russland hatten Sie nur drei Wochen Urlaub, waren auf Mallorca und haben Ihre Familie in Bremen besucht. Ist die Lust aufs Fußballspielen schon zurück?

Brandt "So lange dauert es nicht, bis es wieder kitzelt in den Füßen. Ich bin nicht der Typ, der 14 Urlaubsziele hat."

Nach Dubai muss es also nicht unbedingt gehen?

Brandt "Dubai ist nicht einmal hässlich, aber ich bin dieses Jahr genug geflogen. Allerdings ist da jeder anders."

Was muss sich ändern, damit Bayer 04 seine Ziele erreicht?

Brandt "Zunächst einmal denke ich, dass es letzte Saison nicht die eine, große Baustelle gab. Eher waren es mehrere kleine. Wir sind oft in Rückstand geraten und standen defensiv nicht gut. Das hat es sehr schwierig gemacht. Wir haben kaum Kontinuität gefunden. Klar war das in den Vorjahren ähnlich, aber wir hatten Phasen, in denen wir kontinuierlich Punkte gesammelt haben. Das waren die stärksten Faktoren, die für den Saisonverlauf verantwortlich waren. Ich kannte den Abstiegskampf vorher nicht. Für mich war es das erste Mal, dass ich diesen Druck gespürt habe."

In Heiko Herrlich haben Sie einen neuen Trainer bekommen, der sehr viel Wert auf Disziplin und Teamgeist legt. Inwiefern unterscheidet er sich von seinen Vorgängern?

Brandt "Jeder Trainer legt Wert auf Disziplin, das gehört zum Fußball dazu. Klar gibt es auch Unterschiede - der eine macht es mehr, der andere weniger. Unser neuer Trainer schaut jetzt schon sehr genau hin, was auch gut ist. Wir haben keine gute Saison gespielt und deshalb ist wichtig, dass wir an den Basissachen arbeiten. Das sind Aspekte wie Disziplin, Laufbereitschaft, Kondition und Kontinuität. So etwas braucht man, um überhaupt ein Spiel zu gewinnen. Ich glaube, dass es ihm gelingt, den Teamspirit weiter zu festigen."

Müssen Sie mehr Tore schießen, damit Leverkusen wieder oben angreifen kann? Vergangene Saison waren es nur drei.

Brandt "Klar wird meine Mannschaft davon profitieren, wenn ich wieder mehr Tore schieße. In der Vorsaison habe ich neun Tore erzielt, drei waren definitiv zu wenig. Ich habe mir vorgenommen, mehr zu schießen."

Ein Sportdaten-Anbieter hat errechnet, dass Sie im Schnitt alle 11,5 Minuten ins Dribbling gehen. Nur drei Spieler suchten vergangene Saison häufiger das Eins-gegen-Eins. Zeichnet Sie diese Fähigkeit besonders aus?

Brandt "Ich suche gerne das direkte Duell. Wenn der Trainer mir die Freiheiten gibt, dann streue ich sie gerne im Spiel ein. Natürlich kann ich mich auch in diesem Bereich hinsichtlich der Erfolgsquote noch verbessern."

In Chicharito, Ömer Toprak und Hakan Calhanoglu hat der Verein mehrere wichtige Eckpfeiler abgegeben. Braucht Bayer 04 noch Verstärkungen?

Brandt "Wir haben erst Ende Juli - ein Monat ist noch lang. Ich weiß nicht genau, ob der Verein noch Bedarf sieht. Aber in Sven Bender haben wir bereits einen tollen Spieler verpflichtet. Ich habe ihn in Rio bei Olympia kennengelernt und halte sehr viel von ihm. Uns werden in der Saison nicht viele auf dem Zettel haben. Die Außenseiterrolle kommt uns entgegen. Wir werden eine gute Truppe auf dem Platz bringen - egal was noch passiert. "

Welche Teams siehst du im kommenden Jahr als Konkurrenten um die internationalen Plätze?

Brandt "Die Konkurrenz wird immer größer. Mit Leipzig, Hoffenheim und auch den Kölnern sind gute Mannschaften hinzugekommen. Aber sie haben letztes Jahr keine Dreifachbelastung gehabt. Den Unterschied darf man nicht unterschätzen. Das spielt man nicht so einfach durch, das macht schon etwas mit einem. Es kann aber natürlich auch sein, dass sie das sehr gut kompensieren können."

Immer wieder ranken sich Wechselgerüchte um dich. Vor allem der FC Bayern und auch Liverpool sollen großes Interesse an dir zeigen. Macht dich das Interesse solcher Weltklubs auch stolz oder nervt es dich?

Brandt "Ein bisschen von beidem. Zum einen ist es eine Art Anerkennung, wenn du mit solchen Vereinen in Verbindung gebracht wirst. Irgendwann wird's aber nervig. Sich jedes Mal dazu äußern zu müssen, ist ätzend. Das Problem ist, dass viele Menschen es glauben, wenn es irgendwo geschrieben steht."

Für viele Fans steht bereits fest, dass Sie 2018 nach München wechseln.

Brandt "Am Ende soll jeder glauben, woran er möchte. In meinen Augen ist es einfach nur noch nervig, wenn es ausschließlich um Transfergerüchte geht. Aber es gehört zum Profi-Fußball dazu. Das kann ich gut einschätzen."

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