Bayer Leverkusen Trainer Schmidt sieht die Leistung von Bayer 04 zu schlecht bewertet

Berlin · Bayer 04 hat nicht schön gespielt, aber gewonnen. Kritische Nachfragen zu spielerischen Defiziten blockt Trainer Roger Schmidt vehement ab. Noch fehlen dem Coach Lösungswege für Ballbesitzfußball.

Stefan Kießling wusste genau, dass der 1:0-Sieg der Werkself bei Hertha BSC Berlin in der Schublade Arbeitssieg abgelegt wird. Auf die, vor allem in der ersten Halbzeit für jedermann offensichtlichen spielerischen Defizite angesprochen, nickte er im Bauch des Berliner Olympiastadions zustimmend und erklärte: "Ja, aber wir versuchen das ja, wir nehmen das an. Wir spielen nicht nur lange Bälle, aber es ist eben ein Lernprozess, den wir durchlaufen müssen."

Kießling gab zu verstehen, dass Bayer 04 Probleme hat, Lösungen zu finden, sobald das gegnerische Team tief steht. Sein Trainer Roger Schmidt entgegnete auf diese Problematik angesprochen hingegen schnippisch: "Ist diese Frage Ihr ernst? Dann habe ich ein anderes Spiel gesehen als Sie."

Warum reagiert der Coach auf berechtigte Kritik zunehmend dünnhäutig? Zwar gibt auch Schmidt zu, dass gefehlt hat, "die Situationen auf den letzten 30 Metern vor dem gegnerischen Tor klarer auszuspielen und bessere Entscheidungen zu treffen."

Doch dieser Lernprozess dauert nun schon eine Weile an. Schmidt war vor dieser Saison angetreten, um erfolgreichen, aber vor allem auch attraktiven Fußball in Leverkusen spielen zu lassen. Der Saisonauftakt bei Borussia Dortmund (2:0) und die Champions-League-Qualifikationsspiele gegen den FC Kopenhagen (3:2, 4:0) ließen die Hoffnungen wachsen, zukünftig anderen Fußball von Bayer 04 als den ergebnisorientierten Ansatz von Ex-Trainer Sami Hyppiä zu sehen.

Nach und nach stellten sich die Gegner aber auf das aggressive Bayer-Pressing ein. "Unser Ziel war, Leverkusen den Ball zu geben, damit sie nicht zu ihrem Umschaltspiel kommen", sagte Paderborns Trainer André Breitenreiter im Oktober 2014 nach dem 2:2 des Aufsteigers in der BayArena.

Dieses Rezept eigneten sich fortan auch andere Vereine an. Der lange Ball war das bevorzugte Mittel der Gegner. Seither hat Bayer 04 hohe Ballbesitzwerte, steht defensiv stabil und kombiniert sich regelmäßig bis zum Strafraum. Dann aber fehlen die Ideen, Lücken in den Abwehrbollwerken zu finden.

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Dass sich die Leverkusener Gegner meist auf das Verhindern von Fußball beschränken, ist hässlich, aber legitim. Schmidt wirkt beleidigt, dass die Kontrahenten sein Spiel nicht mitspielen wollen. Nach dem Derby gegen den 1. FC Köln attackierte der Coach seinen Kollegen Peter Stöger mit den Worten: "So könnte ich nicht Fußball spielen. Dann wäre ich kein Trainer."

Doch davon werden sich die anderen Bundesliga-Übungsleiter nicht beeindrucken lassen, da sie um die Stärken von Bayer 04 wissen. Und die liegen vor allem im schnellen Umschaltspiel nach Ballgewinn. Bezeichnend: Kießlings Tor gegen Berlin, im Übrigen traf der Stürmer damit in 100 Spielen für die Werkself, entsprang genau diesem Prinzip.

Der Brasilianer Wendell eroberte in der Vorwärtsbewegung der Berliner den Ball, nutzte den freien Raum auf der linken Seite und bediente den Torjäger, der seinen vierten Saisontreffer erzielte, mustergültig. "Was wir richtig gut machen, ist, dass wenn der Ball vorne verloren geht, wir direkt da sind und ihn blitzschnell zurückerobern", sagte Kießling, gab aber auch zu: "Wenn wir in Ballbesitz sind, sind wir nicht der FC Bayern. Da stehen dann auch gegen uns neun Mann hinten drin, und dann wird es schwer. In diesen Situationen müssen wir noch das Richtige lernen." Die Lösungswege dafür muss der Trainer aufzeigen.

(RP)
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