"Wir hatten wir dort gefühlt Krieg" Bayer will beim HSV punkten und gesund bleiben

Leverkusen · Vor der Partie in Hamburg richtet sich der Fokus auf die rustikale Spielweise der akut abstiegsbedrohten Hanseaten. Heiko Herrlich hofft zum Schutz seiner Spieler auf die regelnde Hand der Schiedsrichter.

Heiko Herrlich: Torjäger, Aufstiegstrainer, Leverkusen-Coach
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Das ist Heiko Herrlich

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Foto: dpa/Federico Gambarini

Mit martialischen Metaphern oder Wortspielen ist im Fußball immer zu rechnen. Von Schlachten ist unter anderem oft die Rede, von Duellen, Blutgrätschen, Brechstangen und Gefechten. Bayers Angreifer Julian Brandt greift ebenfalls tief in die rhetorische Eskalationskiste, wenn er auf die Partie gegen den Hamburger SV blickt: "Die letzten zwei Jahre hatten wir dort gefühlt Krieg", sagte der 21-Jährige jüngst beim Fan-Talk in der BayArena. "Da gab es nur auf die Socken."

Kein Wunder also, dass sich die Werkself im hohen Norden inzwischen beinahe schon traditionell schwertut: Das letzte Erfolgserlebnis in Hamburg ist knapp fünf Jahre her. Stefan Kießling erzielte den 1:0-Führungstreffer in der 90. Minute und sicherte sich die Torjägerkanone. Eine schöne Erinnerung für Bayer-Fans. Seitdem herrscht indes statistische Tristesse. Wer als Anhänger der Werkself den weiten Weg in die Hansestadt auf sich nahm, bekam zuletzt nur fußballerische Magerkost geboten. In den vergangenen vier Begegnungen gelang Leverkusen kein Tor in der "Festung" Volksparkstadion, die von anderen Teams allerdings regelmäßig gestürmt wird. Nicht umsonst ist der HSV Vorletzter und wird erneut seinem Image gerecht, trotz immer wieder großer Ambitionen ein von internen Querelen geplagter Dauerabstiegskandidat zu sein.

Bayers Trainer Heiko Herrlich sieht darin freilich keinen Grund, den Gegner zu unterschätzen: "Angeschlagene Boxer sind immer brandgefährlich", mahnt er. Hamburg werde angesicht des Existenzkampfes "an der Grenze des Erlaubten" spielen. "Aber dafür gibt es ein Schiedsrichtergespann, das dafür sorgt, dass wir mit gesunden Spielern wieder nach Hause fahren."

Das lässt sich ohne große Interpretationen als Appell an die Unparteiischen um Felix Brych verstehen, auf Edeltechniker wie Brandt, Leon Bailey oder Kai Havertz besonders aufzupassen. Letzterer ist nach einer Wurzelbehandlung wohl noch kein Kandidat für die erste Elf - ebenso, wie Kapitän Lars Bender, der seinen Muskelfaserriss auskuriert.

Unter der Woche hatte bereits Manager Jonas Boldt versucht, die Schiedsrichter für die grenzwertige Spielweise des HSV zu sensibilisieren. Zu lebendig sind die Erinnerungen an das giftige 0:0 in Freiburg vor zwei Wochen, bei dem die kampfbetonten Breisgauer sieben Gelbe Karten sahen. "Abstiegskampf erfordert besondere Mittel und das ist auch legitim, aber alles muss in Grenzen bleiben", sagt Herrlich.

Dabei gibt es kein böses Blut zwischen ihm und seinem Hamburger Pendant Bernd Hollerbach - im Gegenteil: Beide Trainer haben ihre Ausbildung zum Fußball-Lehrer gemeinsam absolviert und waren auch mal zusammen im Urlaub. "Wir sind freundschaftlich verbunden", sagt Herrlich. Er habe Hollerbach per SMS gratuliert, als er vor einigen Wochen den Job beim HSV antrat. "Ich wünsche ihm alles Gute - außer gegen uns."

Schon als Gegenspieler sei der Ex-Verteidiger (Spitzname: "Holleraxt") überaus unangenehm gewesen. Beinahe schon legendär ist das Zitat aus der aktiven Zeit des 48-Jährigen, dass entweder der Ball oder der Gegner an ihm vorbeikomme - aber niemals beide. Darauf reduzieren will Herrlich Hollerbach aber nicht: "Er leistet als Trainer hervorragende Arbeit."

Allerdings hat auch Bayer 04 einige spitze Pfeile im Köcher. Mit ihrem Tempo und ihrer Technik dürften die Offensivkräfte der Werkself die HSV-Abwehr vor viele Probleme stellen. Dennoch dürfte klar sein, auf was man sich einstellen muss - und was das Ziel ist: dagegenhalten und Tore schaffen mit fußballerischen Waffen. Anders ist der "Krieg" in Hamburg wohl nicht zu gewinnen.

(RP)
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