Bayer Leverkusen Bayer 04 verabschiedet sich von einer Stammelf

Leverkusen · Leverkusens Kader ist so breit und qualitativ gut aufgestellt wie selten zuvor - oder sogar wie noch nie. Das schürt den internen Konkurrenzkampf und gibt Trainer Roger Schmidt viele neue Optionen.

 Eine Bayer-Stammelf wird es in der kommenden Saison wohl nicht geben.

Eine Bayer-Stammelf wird es in der kommenden Saison wohl nicht geben.

Foto: dpa, mb nic

Es wird künftig schwieriger werden, die richtige Bayer-Aufstellung vorherzusagen. Eine Stammelf nach herkömmlicher Definition wird es wohl nicht mehr geben. Das zumindest war in der Vorbereitung der Leverkusener bislang nicht nur aus vielen Aussagen herauszuhören, darauf lässt auch der komfortabel bestückte Kader schließen, den der Verein Roger Schmidt für die neue Spielzeit zur Verfügung stellt.

Mitunter ist dieser auf dem Papier auf einigen Positionen drei- und vierfach besetzt, was ihn in der Breite umso stärker macht (siehe Aufstellungsgrafik). In den Tagen während des Trainingslagers wurde reichlich darüber gefachsimpelt, ob es in Leverkusen zuvor jemals eine derartige Ansammlung von guten Spielern gab, die mit Blick auf Position und Mannschaftstaktik so flexibel einsetzbar sind. Die mehrheitliche Meinung: nein!

Letztlich hat mit Christoph Kramer nur ein namhafter Spieler mit entsprechenden Einsatzzeiten den Verein verlassen. Dafür kamen als Feldspieler Julian Baumgartlinger (für das defensive Mittelfeld) sowie die Rückkehrer Levin Öztunali, Danny da Costa und Joel Pohjanpalo (für Mittelfeld, Abwehr und Offensive) und mit Kevin Volland ein vielseitiger Offensivkünstler. Ein deutliches Plus also an Variabilität. Schmidt, der bewusst auf flexibel einsetzbare Spieler setzt, schwärmt jedenfalls über "genügend Alternativen".

Man betrachte insbesondere den Konkurrenzkampf in der Offensive. Dort sind vier Plätze zu vergeben. Schmidt hat die Wahl, ob er Chicharito, Kevin Volland Julian Brandt, Karim Bellarabi, Admir Mehmedi, Hakan Calhanoglu oder - wenn wieder genesen - Stefan Kießling spielen lässt. Außerdem kämpfen Robbie Kruse und Joel Pohjanpalo um Einsatzzeit. Die Chancen des Finnen dürften steigen, je länger Kießling ausfällt. Kruse hingegen gilt ebenso wie Lukas Boeder und Seung-Woo Ryu (derzeit mit Südkorea in Rio im Einsatz) als einer der Kandidaten, die bis Saisonstart noch verliehen oder verkauft werden könnten.

Auch Hakan Calhanoglu und Kevin Kampl können offensive Rollen einnehmen - genauso wie beide auf der Sechserposition einsetzbar sind. Auch dort hat der Trainer die Qual der Wahl. Zu den Genannten gesellen sich Aránguiz, Bender, Baumgartlinger und Ramalho im Rennen um die beiden Plätze. Schmidt hat damit ein Team nach seinem Geschmack: vielseitig, spielstark - und schwer auszurechnen.

In einer Saison mit möglichst langer Präsenz in drei Wettbewerben lässt sich mit der Option auf gleichwertige Wechsel die Belastung optimal steuern für den Coach, der - das zeigt die Vergangenheit - auch vor Überraschungen nicht scheut (Bellarabi als Außenverteidiger). "Es macht uns Hoffnung, dass wir auf hohem Niveau wechseln und allen Spielern genügend Spielzeit gewähren können", erklärt Schmidt, der ankündigt, die Kadergröße ausnutzen zu wollen. Wenn der 49-Jährige "unser bestes Jahr" ankündigt, verbindet er damit den Wunsch, mit seinem gewachsenen Team die nächste Spielzeit mit weniger Wellentälern bestreiten zu können. "Durch die Optimierung des Kaders hoffen wir, stabiler und konstanter zu spielen."

In der vergangenen Saison machten Bayer 04 viele Verletzungen zu schaffen. So erst bekamen Jungprofis wie Benjamin Henrichs oder Vladlen Yurchenko ihre Chance - und nutzten sie. "Wenn man jetzt die Spieler sieht, die fast alle fit sind, weiß man um die Stärke des Kaders. Ich bin zuversichtlich, dass wir in den drei Wettbewerben einen Schritt nach vorne machen", sagt Schmidt.

Der neu entfachte Konkurrenzkampf stellt nicht zuletzt auch den Trainer vor eine Herausforderung: nämlich diesen gut besetzten Kader auch zu einem funktionierenden zu machen. Der 49-Jährige muss sein Team bei Laune halten - das geht am besten über Einsatzzeiten. "Wir arbeiten in den letzten beiden Jahren daran, die Kultur des Miteinanders in den Mittelpunkt zu stellen. Das geht nur, wenn sich alle wertgeschätzt fühlen. Ich versuche, in der Mannschaftsführung darauf Einfluss zu nehmen", sagt der Coach. "Das funktioniert am besten, wenn die Mannschaft das Gefühl hat, es geht um die bestmögliche Formation für das nächste Spiel." Schmidt versucht, sein Team darauf vorzubereiten. Kevin Volland macht deutlich: "Es ist wichtig, einen großen Kader zu haben, wenn man alle zwei, drei Tage spielt. Es gibt wohl niemanden, der 50 Spiele und mehr auf dem Niveau über 90 Minuten macht. Man muss sich bewusst werden, dass es keine Strafe ist, auf der Bank zu sitzen." Das Zauberwort heißt Rotation - für Schmidt ist das angesichts seines Kaders zumindest naheliegend.

(RP)
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