Bayer Leverkusen Leicht entflammbar

Leverkusen · Seinen Tiefpunkt hatte das Derby zwischen Bayer 04 und Borussia Mönchengladbach bereits vor dem Anpfiff erreicht: Bevor Schiedsrichter Deniz Aytekin zur Pfeife greifen konnte, krachte es mehrmals dröhnend laut in der BayArena. Rote Flammen und dichter Rauch stiegen aus der Nordkurve empor - und außerhalb des Stadions wurden vier Raketen gezündet.

Bayer 04 Leverkusen: Ultras brennen Pyrotechnik ab
6 Bilder

Leverkusener Ultras brennen Pyrotechnik ab

6 Bilder

Zwei Personen wurden verletzt: Ein Kameramann der Deutschen-Fußball-Liga (DFL) erlitt durch einen explodierenden Böller eine Blessur am Knöchel und war nicht mehr in der Lage, weiter zu arbeiten. Eine langjährige Ordnerin von Bayer 04 erlitt zudem ein Knalltrauma und musste im Nachgang in einer Solinger Spezialklinik untersucht werden.

Zeitpunkt und Ablauf der pyrotechnischen Eskalation lassen laut Meinolf Sprink, Direktor für Fans und Soziales, keinen Zweifel: "Das war so geplant und orchestriert", ist er sich sicher. Dabei sei fahrlässig in Kauf genommen worden, dass Menschen verletzt werden. Er machte am Tag danach keinen Hehl aus der Stimmung im Werksklub: "Wir sind sehr verärgert."

Grund für die pyrotechnische Eskalation vor der ohnehin schon brisanten Partie ist der Zoff zwischen Verein und Teilen der Ultra-Szene, der seit rund zwei Wochen anhält. Angefangen hatte es mit einer geplanten Choreographie der Gruppierung "Farbenstadtinferno", die ihr zehnjähriges Bestehen feiern wollte. Weil die Blockfahne aus brennbarem Material bestand, wurde aus dem Vorhaben nichts. Der Brandschutzbeauftragte untersagte die Choreographie vor dem Heimspiel gegen Berlin. Auch der von Bayer 04 bezahlte Versuch, die Fahne feuerfest zu imprägnieren, schlug fehl. Diesmal war es die Stadt Leverkusen, die kurz vor dem Derby gegen Mönchengladbach ein Verbot aussprach. Ebenso leicht entflammbar wie die Blockfahne sind indes wohl auch die Gemüter der Ultras.

"Wir werden die Bilder der Videokameras genau auswerten und versuchen, die Täter zu identifizieren", kündigt Sprink an. Er gehe davon aus, dass die beiden Verletzten Anzeige gegen Unbekannt erstatten - "verständlicherweise", wie er betont. Zudem sei denkbar, dass der Verein Täter in Regress nehme. "Wir werden vermutlich eine hohe Geldstrafe seitens des DFB erhalten."

Bayer 04 ist in Sachen Pyrotechnik kein unbeschriebenes Blatt. Bereits vor rund zwei Wochen musste der Verein für das Fehlverhalten seiner Anhänger bei den Spielen im Pokal gegen den SC Hauenstein und in der Liga beim 1. FC Köln 14.000 Euro Strafe zahlen. Der Deutsche Fußball-Bund nimmt Vorfälle dieser Art ernst und bittet den Verein um eine Stellungnahme, in der auch geschildert werden muss, wie es gelingen konnte, die Pyrotechnik in die BayArena zu schmuggeln. Aber freilich sind nicht nur Leverkusener Ultras sehr findig, wenn es um das Überwinden von Kontrollen geht.

"Für dieses Verhalten muss man sich schämen, und es bringt alle anderen Fans in Misskredit", sagt Sprink. In der vergangenen Woche habe er mit Vertretern der Ultra-Szene gesprochen. Es herrsche ein reger Austausch zwischen Verein und Fans. "Wir sind immer froh über schöne Choreographien und gute Stimmung im Stadion. Aber es kann nicht sein, dass eine kleine Gruppe ihr Ding macht und irgendwelche Machtspielchen spielt." Anhand solcher Vorfälle sei erkennbar, ob jemand wirklich den Verein liebe und ihn unterstützen wolle - oder ob es letztlich nur um einen selbst und seine Interessen gehe.

Das sah auch ein Großteil der knapp 29.000 Zuschauer in der BayArena so. Sie quittierten die pyrotechnischen Einlagen aus der Nordkurve mit einem gellenden Pfeifkonzert und lautstarken "Ultras raus!"-Rufen.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort