Historischer „Me Too“-Prozess: Berufungsgericht hebt Urteil gegen Harvey Weinstein auf
EILMELDUNG
Historischer „Me Too“-Prozess: Berufungsgericht hebt Urteil gegen Harvey Weinstein auf

Bayer Leverkusen Bayer verteidigt Calhanoglu-Auftritt im ZDF

Leverkusen/Mainz · Das Interview im "Aktuellen Sportstudio" des ZDF sei anders besprochen worden und aus dem Ruder gelaufen.

 Hakan Calhanoglu war am Samstagabend zu Gast im ZDF.

Hakan Calhanoglu war am Samstagabend zu Gast im ZDF.

Foto: Screenshot ZDF

Um 16.15 Uhr am Samstag war die Welt für Angestellte und Fans von Bayer 04 Leverkusen noch völlig in Ordnung. Der Fußball-Bundesligist führte zur Halbzeit mit 3:0 beim VfB Stuttgart, die Anhänger feierten oberkörperfrei in der schwäbischen Herbstsonne, und es gab keinerlei Anzeichen dafür, dass der Tag noch Raum für dramatische Wendungen bieten würde. Acht Stunden später war die Gefühlslage eine komplett andere. Das lag vor allem an dem Auftritt von Hakan Calhanoglu im "Aktuellen Sportstudio".

Wenn man Calhanoglu wohlgesinnt ist, dann kann man ihm attestieren, mit ehrlichen Worten sein Seelenleben vor großem Publikum beschrieben zu haben. Alle anderen sind erschrocken darüber, wie ein junger Mann sich (schlecht vorbereitet) mit zunehmender Gesprächsdauer immer mehr um Kopf und Kragen redete.

Stichwort HSV. Calhanoglu erzählte offenherzig, dass es nicht die ganze Wahrheit war, als er am Jahresanfang von einer langfristigen Zukunft in Hamburg fabulierte. Hinter den Kulissen habe er sich vom damaligen Sportdirektor Oliver Kreuzer versichern lassen, dass er bei einem guten Angebot gehen könne - dummerweise gibt es dazu nur mündliche Absprachen. Und es kam so, wie es kommen musste. Als dann eine Offerte für ihn auf den Tisch kam, habe Kreuzer nun nichts mehr davon wissen wollen. "Ich wollte einfach Herrn Kreuzer in dem Moment stark machen und er ist mir in den Rücken gefallen. Somit stand ich einfach dumm da. Es wurde alles auf mich abgeladen, es hieß: Hakan ist schuld." Er sei in Hamburg angefeindet worden, habe sich bedroht gefühlt, musste schließlich psychologische Hilfe in Anspruch nehmen um diese Phase zu meistern. Die war indes nicht mehr vonnöten, als der Vertrag in Leverkusen unterschrieben war. "Der Wechsel war wie eine Befreiung für mich."

Stichwort Nationalteam. Erstmals hat er über seine Angst während eines dramatischen Vorfalls mit Gökhan Töre beim türkischen Fußball-Nationalteam berichtet. "Beweg dich nicht, sonst erschieß' ich dich", habe Töres Begleiter ihm gedroht, erzählte Calhanoglu im ZDF von den Geschehnissen nach einem Länderspiel im Jahr 2013. Damals seien Ex-HSV-Profi Töre und ein weiterer Mann in das Hotelzimmer von Mitspieler Ömer Toprak gekommen, in dem auch er sich aufhielt. "Ich war sehr nervös und konnte mich kaum bewegen", berichtete Calhanoglu. Bei dem Streit sei es um einen Freund Topraks und Töres Ex-Freundin gegangen. "Wir waren zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort", betonte der 20-Jährige. Er habe zunächst öffentlich zu den Vorkommnissen geschwiegen, da er Töre nicht habe schaden wollen.

Bayer 04 Leverkusen: Die Einzelkritik zum 3:3 beim VfB Stuttgart
16 Bilder

Stuttgart - Bayer: Einzelkritik

16 Bilder

Am Tag danach nehmen die Leverkusener Verantwortlichen ihren Spieler in Schutz: "Mir ist ganz wichtig, zu betonen: Hakan hat authentisch, in seiner ehrlichen Art, geantwortet", sagt Mediendirektor Meinolf Sprink. "Authentisch" ist eine recht charmante Umschreibung für den Auftritt der Offensivkraft. "Das Interview ist aus dem Ruder gelaufen. Als ich es am Samstagabend gesehen habe, habe ich mich schon gefragt: Was läuft hier falsch?", bekundet Sprink.

Das ist Hakan Calhanoglu
13 Bilder

Das ist Hakan Calhanoglu

13 Bilder
Foto: afp, pst/dg

Nach Angaben von Bayer 04 war das Interview mit dem ZDF anders besprochen worden. Calhanoglu sei vom Sender eingeladen worden, um über den neuen offensiven Spielstil der Werkself und seine persönliche Entwicklung zu sprechen. "Ich vertraue dem, was besprochen wurde. Tatsache ist, dass das Thema wenig bis gar nicht vorgekommen ist. Gespräche können sich entwickeln, das ist klar. Aber da war auf einmal ein Spin drin. Man hat gemerkt, dass Hakan baff war. Er fühlte sich nicht wohl", sagt Sprink und gibt damit dem ZDF und Moderatorin Katrin Müller-Hohenstein zumindest eine Teilschuld an dem unglücklichen Gesprächsverlauf. Dass die Verantwortlichen von Bayer 04 dies hätten vorausahnen können, meint Sprink nicht: "Normalerweise werden die Spieler im ZDF zelebriert. Ein Restrisiko besteht aber immer." Insgesamt sei die Resonanz auf den Calhangolu-Auftritt aber durchaus positiv. "Die Menschen haben erkannt, dass er ehrlich ist und nicht rumgeeiert hat", sagt Sprink und gibt nichts auf die negativen Kommentare in den sozialen Netzwerken: "Die Leute schreiben mittlerweile schneller als sie denken."

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort