Bayer Leverkusen Bei Bayer wird es ungemütlich

Leverkusen · Nach der 4:5-Niederlage gegen den VfL Wolfsburg vertreibt Leverkusens Trainer Roger Schmidt seine Mannschaft aus Komfortzone. Mit seinen drei Wechseln zur Pause setzte er ein Zeichen.

Bayer 04 Leverkusen: Einzelkritik zum Spiel gegen VfL Wolfsburg
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Bayer - Wolfsburg: Einzelkritik

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Roger Schmidt hatte das Schlusswort. Diese Tatsache allein war allerdings nicht der Grund, warum seine Worte derart aufhorchen ließen. Vielmehr hatte das, was Leverkusens Trainer nach einem denkwürdigen Spiel und einer enttäuschenden 4:5-Niederlage gegen den VfL Wolfsburg sagte, mächtig Gewicht. Der 47-Jährige machte unmissverständlich klar, dass die Leistung der Werkself im ersten Durchgang, der beim 0:3-Zwischenstand ein Debakel drohte, Konsequenzen nach sich ziehen wird.

"Diese erste Hälfte genügt nicht unseren Ansprüchen. So eine Leistung habe ich nicht für möglich gehalten", sagte Schmidt sichtlich angefressen und kündigte indirekt personelle Konsequenzen an. "Ich habe einigen Spielern das Vertrauen entgegengebracht. Zuletzt haben aber andere gezeigt, was sie bewegen können. Die Karten werden neu gemischt", entgegnete Schmidt.

Namen brauchte er keine zu nennen. Im Bauch der BayArena wusste auch so jeder, wen der Trainer angezählt hatte: insbesondere Stefan Kießling und Hakan Calhanoglu. Schmidt hat in aller Öffentlichkeit das Ende der Komfortzone verkündet. Und zwar in einer Deutlichkeit, die Fragen aufwirft. Was ist los bei Bayer Leverkusen, das als Dritter aus der Winterpause kam und seitdem nur vier Punkte in vier Partien holte? Und was hemmt das Team, das mit offensivem Fußball die Liga verzücken wollte - das aber so sehr an seinem System klebt, dass in der Rückserie bisher niemand wirklich vor ihm Angst haben musste?

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Bayer Leverkusen - VfL Wolfsburg

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Unabhängig vom katastrophalen Auftritt der gesamten Mannschaft in den ersten 45 Minuten, stieß zum wiederholten Mal die Offensivleistung bitter auf. Mut- und ideenlos und völlig unsortiert ließen sich die Leverkusener von spielstarken Wolfsburgern regelrecht vorführen, die mit dem Vierfach-Torschützen Bas Dost eindrucksvoll ihre Ansprüche untermauerten, zweite Kraft hinter dem FC Bayern zu sein. Zwei Mal traf er vor der Pause, dazu hämmerte Naldo einen für Bernd Leno haltbaren Freistoß zum 3:0 ins linke Eck. Und niemand hätte sich beschwert, wenn Ex-Bayer-Profi André Schürrle seine Großchancen genutzt und es gar 4:0 oder 5:0 gestanden hätte. Dass es Schmidt im zweiten Durchgang auch darum ging, "die Würde" zu behalten, quittierte er mit bemerkenswerten Wechseln. In der Halbzeit nahm er mit Kießling, Calhanoglu und den am Knie verletzten Lars Bender drei prominente Stammkräfte raus und brachte Simon Rolfes, Josip Drmic und Julian Brandt. Drei Wechsel zur Pause hat sich vorher noch kein Bayer-Coach getraut. "Es musste ein Zeichen gesetzt werden, das hat der Trainer getan", lobte Sportchef Rudi Völler. Für Calhanoglu und Kießling war das ein bitterer Moment. Beide suchen ihre Form und müssen damit rechnen, im Auswärtsspiel beim FC Augsburg auf der Bank zu sitzen.

Schmidts Maßnahme verfehlte ihre Wirkung nicht. Bayer fand zumindest über die Einstellung in die Partie zurück und sorgte mit einem wie ausgewechselten Heung-Min Son im Zusammenspiel mit Karim Bellarabi für das Spektakel, für das bis dahin die Gastgeber zuständig waren. Der Südkoreaner erzielte einen Dreierpack, Bellarabi markierte das zwischenzeitliche 4:4. Am Ende stand die Werkself - nach der Gelb-Roten Karte gegen Emir Spahic nur noch zu zehnt - aber trotzdem mit leeren Händen da, weil Dost in der Nachspielzeit den nächsten Fehler von Leno nutzte, und Bayer 04 den K.o.-Treffer versetzte. "Wir haben vier Tore erzielt, sind zwei Mal zurückgekommen, haben aber nicht gewonnen - das muss man erst mal verkraften", sagte Völler, der weiß: Wenn Bayer 04 nicht aufpasst, droht nicht nur das große Ziel Champions League, sondern auch das Minimalziel Europa League in Gefahr zu geraten. "Noch ist nichts verloren", entgegnete er. "Wir haben immer noch die Möglichkeit, unsere Ziele zu erreichen. Dass wir Wolfsburg nun nicht mehr einholen, ist klar."

(RP)
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