Bayer-Sportdirektor Rudi Völler "Ganz Marseille stand Kopf"

Leverkusen · In der ersten Champions-League-Saison 1992/93 gewann Rudi Völler mit dem Klub aus Frankreichs größter Hafenstadt auf Anhieb den Titel. Für den Sportdirektor von Bayer 04 war es der letzte große Erfolg seiner illustren Spielerkarriere.

 "Da ist das Ding!": Rudi Völler reckt den begehrten Henkelpokal in Richtung Münchner Nachthimmel. Im Finale der ersten Auflage der Königsklasse bezwang Völler 1993 mit Olympique Marseille den AC Mailand mit 1:0.

"Da ist das Ding!": Rudi Völler reckt den begehrten Henkelpokal in Richtung Münchner Nachthimmel. Im Finale der ersten Auflage der Königsklasse bezwang Völler 1993 mit Olympique Marseille den AC Mailand mit 1:0.

Foto: imago (archiv)

Der Kampf um die begehrteste Trophäe im europäischen Klubfußball hat begonnen: Seit gestern streiten sich wieder 32 Mannschaften aus 17 Nationen um den Gewinn der Champions League. Nicht dabei ist das Team von Bayer 04. Erstmals seit 2009 hat der Werksklub die Qualifikation für einen internationalen Wettbewerb komplett verpasst. Für Sportdirektor Rudi Völler ist das zwar schmerzhaft, aber zugleich ein besonderer Ansporn. "Wir haben alle den Ehrgeiz, es in dieser Saison wieder in den Europapokal zu schaffen", sagt der 57-Jährige. Er warnt davor, die Teilnahme als selbstverständlich anzusehen. "Für Bayer 04 ist es jedes Jahr eine herausragende Leistung, wenn wir uns für den Europapokal qualifizieren."

Als aus dem zuvor als Europapokal der Landesmeister bekannten Wettbewerb die Champions League entstand, war Völler der erste Deutsche, der den 62 Zentimeter hohen Henkelpokal in die Luft recken durfte. Am 26. Mai 1993 gewann der einstige Weltklasse-Stürmer im Alter von 33 Jahren mit Olympique Marseille den Titel. Im Münchner Olympiastadion setzten sich die Franzosen mit 1:0 gegen den favorisierten AC Mailand durch. Basile Boli erzielte das Siegtor.

"Für mich war es im Spätherbst meiner Karriere ein wunderbares Highlight, den berühmten Henkelpott in den Händen zu halten", sagt Völler. Er war erst vor der Spielzeit vom AS Rom zu den Hafenstädtern gewechselt. Der Gewinn des Titels mit Marseille - das als bisher einziger französischer Klub Champions-League-Sieger wurde - bleibt für ihn unvergessen. "Wir haben im ganzen Wettbewerb kein Spiel verloren und im Finale eine geschlossene Mannschaftsleistung geboten." Angeführt von Libero und Kapitän Franco Baresi spielte beim Gegner aus Mailand die halbe italienische Nationalmannschaft, hinzu kamen die überragenden Niederländer Frank Rijkaard und Marco van Basten. Auf dem Weg ins Endspiel hatten die Italiener nur ein Gegentor kassiert und jedes Spiel gewonnen. "Dass wir es geschafft haben, sie zu besiegen, war für ganz Frankreich ein toller Erfolg", erinnert sich Völler. "Und so stand auch ganz Marseille Kopf, als wir am nächsten Tag dort ankamen. Die Straßen waren voll und in unserem Stadion haben uns 50.000 Menschen empfangen."

Der Werkself blieb ein solcher Triumph bislang vergönnt. 2002 unterlag Bayer 04 Rekordtitelträger Real Madrid im Finale der Champions League in Glasgow nur knapp mit 1:2. Völler war zu dem Zeitpunkt Teamchef der DFB-Auswahl und bereitete es auf die Weltmeisterschaft in Asien vor. "Mit einem Teil der Nationalmannschaft haben wir uns bereits in der Vorbereitung auf die WM in Japan und Südkorea befunden und ein Trainingslager im Elztal bezogen. Dort haben wir am Abend alle zusammen das Finale vor dem Fernseher verfolgt", sagt Völler. Als ehemaliger Bayer-Spieler und -Trainer habe er den Leverkusenern selbstverständlich die Daumen gedrückt. "Aber auch alle anderen schienen sich einen Sieg der deutschen Mannschaft zu wünschen, die gegen das Starensemble von Real eine grandiose Leistung gezeigt hat." Völler bedauert noch heute, dass am Ende "nicht die bessere Mannschaft das Finale gewonnen hat".

Sollte sich Leverkusen in absehbarer Zukunft wieder für die Champions League qualifizieren, würde das dem Sportdirektor auch die eigene Arbeit erleichtern. Völler: "Für die Vereine bedeutet eine Teilnahme wirtschaftliche Planungssicherheit für die Saison. Und ein regelmäßiger Gast in der Königsklasse zu sein, ist durchaus ein Argument für Vertragsverhandlungen."

(sb)
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