Bayer Leverkusen Studenten lauschen Bayer-Profi Reinartz

Köln · Der Mittelfeldspieler plaudert an der Kölner Sporthochschule über psychologische Aspekte im modernen Fußball.

 Bayer 04-Profi Stefan Reinartz gestern Nachmittag im Hörsaal der Deutschen Sporthochschule in Köln im Gespräch mit Moderator Christoph Biermann zum Thema "Wie Fußballspiele im Kopf entschieden werden".

Bayer 04-Profi Stefan Reinartz gestern Nachmittag im Hörsaal der Deutschen Sporthochschule in Köln im Gespräch mit Moderator Christoph Biermann zum Thema "Wie Fußballspiele im Kopf entschieden werden".

Foto: dshs

Ein geläufiges Vorurteil musste Stefan Reinartz gestern nicht fürchten: das, dass Fußballern aus Leverkusen in Köln-Müngersdorf ungeteilte Ablehnung zuteil wird. Das machte Till Winkel stellvertretend deutlich. Der Sportstudent ließ am Nachmittag eigens ein Seminar sausen, um sich eine Podiumsdiskussion mit dem Mittelfeldspieler von Bayer 04 anzuschauen. "Das Thema ist interessant, aber den Ausschlag, zu kommen, hat Stefan Reinartz gegeben", sagte der 20-Jährige. Er wäre aber auch gekommen, wenn Stefan Kießling oder FC-Stürmer Patrick Helmes eingeladen worden wären. "Allerdings wirkt Stefan Reinartz auf mich sehr kompetent", fügte Winkel hinzu.

Mit den Wissenschaftlern Daniel Memmert (Uni Köln) und Bernd Strauß (Uni Münster) sowie dem Journalisten Daniel Theweleit widmete sich Reinartz dem Thema "Wie Fußballspiele im Kopf entschieden werden" und den psychologisch-kognitiven Kräften im Profisport. Rund 100 seiner Kommilitonen taten es Winkel gleich und verfolgten in Hörsaal 2 der Kölner Sporthochschule die Erkenntnisse von Bayers Nummer 3 zu Aspekten wie Spielintelligenz und Co.

Zu erfahren war so zum Beispiel, dass weltweit in ersten Fußball-Ligen die Anzahl von Heimsiegen von über 70 Prozent auf nun knapp 62 Prozent gesunken ist in den letzten Jahrzehnten (Reinartz: "Ich bin erschrocken, dass das so rapide abnimmt") und dass auch in Zeiten des schönen Fußballs die so genannten aggressiven Anführer wie der einstige Leverkusener Arturo Vidal großen Wert besitzen (Reinartz: "Wenn jemand Zweikämpfe führt, als ginge es um Leben oder Tod, steckt das die Nebenleute an").

Ansteckungsgefahr besteht indes bei überbordender Siegesgewissheit: Dass man im Glauben des sicheren Sieges den berühmten Schritt weniger macht, "ist menschlich", meinte ein gut aufgelegter Reinartz. Ein Phänomen, das inzwischen auch einen Namen hat: soziale Faulenzerei. Der Bayer-Profi verdeutlichte zudem, dass mitunter auch das am höchsten entwickelte und geschulte Fußballer-Auge wenig nutzt, sondern Spiele mitunter von anarchischen Mustern dominiert werden. "Einmal", erinnerte sich Reinartz, "haben wir gegen Schalke gespielt, und wir hatten nicht das Gefühl, das die einen Plan hatten". Mit "vogelwildem" Auftreten nahmen die Gelsenkirchener der Werkself jedoch den taktischen Wind aus den Segeln und boten ihr keinen Ansatz für ihre zurechtgelegten Lösungen. Am Ende "saßen wir in der Kabine, hatten verloren und keine Ahnung, warum."

Zudem wurde gestern mit einem weiteren Vorurteil aufgeräumt: dass das Daddeln auf Spielkonsolen die Aufmerksamkeit für unverhoffte Ereignisse auf dem realen Platz schult. Erstens sei das durch keine wissenschaftlichen Studie belegt, und zweitens wäre das nicht unbedingt von Vorteil: "Wenn meine Aufmerksamkeit dadurch am Ende so sehr geschult wird, dass ich dann mitbekomme, dass sich eine hübsche Frau auf der Tribüne auszieht, dann lenkt mich das doch nur ab vom Fußballspielen", sagte Reinartz mit einem Lächeln.

(RP)
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