Bayer Leverkusen Weltmeister Kramer ist die Zukunft von Bayer 04

Leverkusen · 2006 verlor Christoph Kramer den Anschluss in Bayer Leverkusens Nachwuchs. 2014 wird er Weltmeister. Und 2015 wird er als Fixpunkt zur Werkself zurückkehren.

Zwei Weltmeister Arm in Arm: Per Mertesacker (l.) und Christoph Kramer schlendern nach dem Finale über den Rasen im Maracanã-Stadion von Rio.

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Sie zählt zu den kuriosesten Geschichten rund um den vierten WM-Titel der deutschen Fußball-Nationalmannschaft, die Geschichte von Christoph Kramer. Aber ein Märchen ist sie nicht. Jedenfalls nicht für Sascha Lewandowski. "Der Begriff ,Märchen' klingt immer so, als wenn ihm das alles einfach zugeflogen wäre, aber Chris hat sich das sehr hart erarbeitet", sagt Bayers Nachwuchs-Cheftrainer. Lewandowski verfolgt Kramers Entwicklung seit vielen Jahren aus nächster Nähe. Es ist eine Karriere voller Umwege. Aber jeder Umweg war ein Schritt nach vorn.

Als Lewandowski 2007 die Leverkusener A-Jugend übernahm, holte er im Jahr drauf Kramer von Fortuna Düsseldorf zurück. Bei Bayer 04 war der gebürtige Solinger 2006 zuvor gewogen und für zu leicht befunden worden. Bei Fortuna kickte er auch in der B 2. "Als ich damals mit ihm über eine Rückkehr sprach, war das sehr unkompliziert. Er äußerte sogar Verständnis dafür, dass man bei Bayer 04 nicht mehr mit ihm geplant hatte", erinnert sich Lewandowski.

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Was Lewandowski schon damals an Kramer gefiel, waren seine Bereitschaft, viel zu laufen, und seine Zweikampfstärke. "Er war noch sehr ungeschliffen. Es war alles noch sehr wild, sehr wirr", sagt Lewandowski. Also schliffen sie ihn.

Als Kramer aus der Jugend rauskam, war die Profimannschaft trotzdem noch weit entfernt. Kramer spielte fortan in der U 23. Schließlich wechselte er 2011 auf Leihbasis zum VfL Bochum in die zweite Liga. Weil Lewandowski in Bochum lebt, verfolgte er Kramers Entwicklung weiter im Detail. Immer noch unbeachtet vom Großteil der deutschen Fußballöffentlichkeit wurde er Stammspieler und avancierte neben Super-Talent Leon Goretzka zum unbestritten besten VfL-Spieler.

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Goretzka hat Kramer es letztlich auch zu verdanken, dass es mit der weitgehenden Nicht-Beachtung seiner Leistung irgendwann zu Ende war: Weil Scouts aus ganz Europa zu Bochumer Heimspielen reisten, um Goretzka zu sehen, fiel ihnen schnell auch der Schlaks auf, dessen Pferdelunge ein schier unbegrenztes Fassungsvermögen aufzuweisen schien.

Als das Leihgeschäft mit Bochum im vergangenen Sommer auslief, flatterte Bayer 04 zur Überraschung vieler ein Angebot von Benfica Lissabon ins Haus. Sie wollten Kramer. Den Zweitligaspieler. Kaufen. Für drei Millionen Euro. Ein Verein aus Italien wurde ebenfalls vorstellig. Doch Bayer wollte nicht. Die Überzeugung war endgültig gereift, dass man den Daumen auf diesem Talent halten sollte. Einen Pierre-Michel Lasogga hatte man 2010 ziehen lassen. Einen Kevin Kampl hatte man gerade abgegeben. Beide sind heute viele Millionen wert. Deswegen entschied sich die sportliche Leitung in der Personalie Kramer nun für ein Leihgeschäft. Es lief auf Freiburg hinaus. Doch es wurde am Ende Borussia Mönchengladbach. Und Lucien Favres systematischer, geordneter Ballbesitzfußball tat Kramer gut. Er verlor an Hektik. Er gewann an Sicherheit. Kramer wurde auf Anhieb Stammspieler. Sie mögen ihn in Gladbach. Für seine laufintensive Spielweise. Und für seine geerdete Art neben dem Platz. "Ich war überzeugt, dass er ein guter Bundesligaspieler wird, aber dass es so rasant aufwärts ging, konnte ja keiner ahnen", sagt Lewandowski.

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2015 kehrt Kramer zu Bayer 04 zurück. Diesmal planen sie fest mit ihm. Bei den Profis. Schließlich hat Stefan Reinartz seinen Weggang angedeutet. Schließlich endet 2015 Simon Rolfes' Vertrag. Schließlich weiß man nie, bei welchem Angebot für Lars Bender Leverkusen einknickt. Also ist Kramer die Zukunft. Also sind sie froh bei Bayer, einen wie ihn bei sich zu wissen. Einen, der Minuten nach dem WM-Gewinn vor laufender Fernsehkamera sagt: "Ich muss einen Gruß an meine Oma senden, die hatte Geburtstag, und ich habe sie nicht erreicht."

(RP)
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