Ancelotti gegen Guardiola Das erste Duell

München/Düsseldorf · Es ist ein Testspiel, nur ein Testspiel. Aber es wird behandelt wie ein Champions-League-Viertelfinale. Mindestens. Das ZDF überträgt heue Abend die Begegnung zwischen Bayern München und Manchester City live (ab 20.15 Uhr), die Pressekonferenz zum Spiel fand am Dienstag großen Zuspruch, auch sie war in den einschlägigen Nachrichtenkanälen zu verfolgen.

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Sie sind sicher, dass es das erste Prestige-Duell zwischen zwei großen Trainern ist. Auf der einen Seite steht Ancelotti, auf der anderen Pep Guardiola, der drei Jahre lang das Spiel der Münchner prägte und nun den Fußball von Manchester City neu erfinden will.

In München werden die beiden Trainer längst zum Gegensatz-Paar des Jahrhunderts stilisiert. Niemand vergisst in diesen Tagen, auf Ancelottis große menschliche Qualitäten hinzuweisen. Berichte schildern ihn als gütigen Freund der Spieler, als Vaterfigur und gemütlichen Zeitgenossen, der gern isst, gern lacht, gern ein Gläschen trinkt und für jeden ein gutes Wort hat.

Guardiola wird in anderen Farben gemalt. Seine fachliche Kompetenz wird gerühmt, seine Detailarbeit, seine Besessenheit. Aber es wird auch gern geschildert, dass er nun eben nicht der erklärte Freund seiner Spieler war, sondern ein Vorgesetzter in einem funktionierenden Unternehmen. Wer böse ist, der hält ihn jetzt öffentlich für einen leicht manischen Technokraten.

Beides ist übertrieben. Ancelotti wird kaum einen wöchentlichen Stammtisch einführen und die Spieler in die Schönheiten der Küche seiner Heimat in der Emilia-Romagna einführen. Er wird nicht verlangen, dass ihm die Profis auf dem Gebiet des Essens nacheifern. In seiner Biografie steht der schöne Satz: "Ich kann fressen wie ein Pferd, und wenn ich es tue, ist keiner glücklicher als ich." Bei den Bayern wird sich sein Glück nach sportlichen Erfolgen messen. Weil er weiß, was von ihm erwartet wird, hat er den Gewinn der Champions League zum Ziel erklärt.

Fußballerische Umwälzungen schließt er aus. "Ich bin nicht gekommen, um eine Revolution zu starten", sagt Ancelotti. Er wird versuchen, Guardiolas Spielansatz zu variieren, auch mal aus einer dichten Abwehr Konter zu spielen, was seinem Vorgänger eher Schüttelfrost bereiten würde. Und er wird seine Ruhe auf die Mannschaft übertragen. 90-minütige Ausdruckstänze an der Außenlinie gehören nicht zu seinem Repertoire. Während eines Spiels sind allein die Kiefer in Bewegung, Ancelotti gehört zu den hingebungsvollsten Kaugummi-Kauern dieser Zeit.

Und auch Guardiola ist ein menschliches Wesen und kein außerirdischer Apparatschik, dem Beziehungen zu seinen Spielern gleichgültig wären. Sie folgen ihm ja nicht allein, weil es der Arbeitsvertrag so vorsieht, sondern weil er sie mit seiner Art begeistern kann. Er behandelt sie nicht wie austauschbare Figuren in einem Hochgeschwindigkeits-Schachspiel, er entwickelt sie als Fußballer, indem er ihr fußballerisches Wesen berührt. Dass er ihnen als Person jenseits des Sports fremd geblieben ist, liegt an seiner Berufsauffassung. Er hält sein Privatleben unter Verschluss — auch vor den Medien, was Ausgangspunkt vieler Missverständnisse sein kann.

Ancelotti ist scheinbar leichter zu deuten, als Menschenfreund, als Lebemann. Gern wird aufgenommen, wenn er sagt: "Eine Beziehung zu den Spielern aufzubauen — das ist es, worauf es am Ende ankommt." Guardiola drückt es ganz ähnlich aus. Er spricht noch blumiger: "Ich muss in die Herzen der Spieler kommen." Ihm legt es die Öffentlichkeit als billige Floskel aus, die er benützt, ohne daran zu glauben. Da hat es Ancelotti besser. Einstweilen.

(pet)
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