Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt Der Arzt, dem Guardiola misstraut

München · Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt hat mit dem Rücktritt des gesamten Ärzte-Teams für ein Beben bei Bayern München gesorgt.

Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt: Sport-Doc mit Wallemähne
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Das ist Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt

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Foto: afp, agz/VL/dg

Es war still geworden um den einstigen FC Hollywood, der sich den schönen Spitznamen maßgeblich durch die begabten Laiendarsteller Lothar Matthäus oder Giovanni Trapattoni verdiente. Der FC Bayern München hatte viele Jahre ein sehr öffentliches Vereinsleben. Der vorläufig letzte Zoff wurde zwischen Trainer Louis van Gaal und dem damaligen Präsidenten Uli Hoeneß ausgetragen. Das war vor vier Jahren.

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Das ist Pep Guardiola

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Jetzt aber bebt es wieder in Deutschlands größtem Klub. Die Hauptdarsteller diesmal: Trainer Pep Guardiola und Mannschaftsarzt Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt. Sie sind einander bereits längere Zeit in tiefer gegenseitiger Abneigung verbunden. Das wurde im öffentlichen Streit um die richtige Behandlung von Thiago Alcántara sichtbar. Guardiola dokumentierte sein Vertrauen in das Bayern-Ärzte-Team um Müller-Wohlfahrt, indem er seinen Landsmann Thiago zur Behandlung nach Spanien schickte. Als der sich nach der Rückkehr erneut verletzte, beschwerten sich die Bayern-Mediziner über falsche Medikamentierung - angeblich mit Kortison.

Nach dem 1:3 im Champions-League-Viertelfinale von Porto ist das Verhältnis zwischen den Münchner Vereinsärzten und dem Trainer endgültig eskaliert. In einer Presseerklärung verkündete Müller-Wohlfahrt den sofortigen Rücktritt seines gesamten Stabs. Die Mediziner seien "aus uns unerklärlichen Gründen für die Niederlage in Porto hauptverantwortlich gemacht" worden, hieß es. Der FC Bayern nahm die Mitteilung "mit Bedauern" zur Kenntnis. Guardiola kommentierte knapp: "Es war seine Entscheidung, ich kann diese Entscheidung nur respektieren."

Tatsächlich gibt Guardiola dem Ärzte-Team die Schuld an den zahlreichen langfristigen Ausfällen. Im Internet kursiert ein kleines Video, das die Reaktion des Trainers auf das verletzungsbedingte Ausscheiden des Abwehrspielers Medhi Benatia in Leverkusen zeigt. Guardiola klatscht der medizinischen Abteilung höhnisch Beifall. Und er beweist, dass er nicht immer der freundliche Katalane mit den "top, top, top" Manieren sein muss.

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Müller-Wohlfahrts Argumente: Er kann darauf verweisen, dass die Bayern in 38 Jahren seiner Tätigkeit für den Klub nie Probleme in derartiger Häufung hatten. Er gilt nach wie vor als Vertrauensarzt der großen Stars, namentlich der Spitzenspieler aus der Nationalmannschaft. Bundestrainer Joachim Löw hat nicht zufällig seine Verdienste um die Fitness der Fußballer betont, die im Sommer in Brasilien Weltmeister wurden. Und der Arzt könnte zumindest leise die Methoden von Guardiolas Trainerteam für die Verletztenliste verantwortlich machen. Noch aber sagt er nichts. Das werde er später tun, erklärte er.

Vielleicht spielt die Zeit wieder für ihn. Schon einmal hat er seinen Job bei den Bayern niedergelegt. Das war in der Amtszeit von Jürgen Klinsmann 2009. Der selbsternannte Erneuerer hatte Müller-Wohlfahrts Arbeit ebenfalls kritisiert. Wenig später setzten die Münchner Klinsmann in Anerkennung seiner großen Verdienste vor die Tür. Und Müller-Wohlfahrt kehrte unter dem Beifall seiner Getreuen zurück.

Sein neuerlicher Rücktritt fällt in eine schwierige Phase für Guardiola und seine Mannschaft. In der Meisterschaft werden sich die Bayern humpelnd ins Ziel retten. Aber in der Champions League sieht es nach der Hinspiel-Niederlage und der bedenklichen Vorstellung in Porto nach dem Ausscheiden aus. Und ob der Rekordmeister im DFB-Pokalhalbfinale mit den Dortmundern klarkommen wird, ist auch noch nicht heraus. Der BVB wird nach der Abschiedserklärung von Trainer Jürgen Klopp mit dem denkbar größten Elan in den Saisonendspurt gehen. Scheitern die Bayern in beiden Fällen, könnte es bald ein Comeback von Müller-Wohlfahrt geben. Denn dann hätte Guardiola zwei von drei Saisonzielen verpasst. Das wäre mit großer Wahrscheinlichkeit das Ende der Zusammenarbeit mit den Bayern.

(RP)
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