Bayern-Youngster Kandidat für die EM? Kimmich kann es

Dortmund · Der Verteidiger ist eine der großen Figuren bei Bayern Münchens 0:0 im Spitzenspiel bei Borussia Dortmund.

FC Bayern München: Pep Guardiola nimmt sich Joshua Kimmich zur Brust
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Guardiola nimmt sich Kimmich zur Brust

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Foto: dpa, hpl wst sam ase

Da stehen sie friedlich vereint auf dem Rasen des ehemaligen Westfalenstadions und beglückwünschen sich gegenseitig zu einem hinreißenden Bundesliga-Spitzenspiel. Der Dortmunder Kapitän Mats Hummels nimmt den Münchner Flügelstürmer Arjen Robben in den Arm, der Bayer Thomas Müller klatscht mit dem BVB-Kollegen Ilkay Gündogan ab, der ehemalige Dortmunder Robert Lewandowski verabschiedet sich lächelnd von den früheren Kollegen. Eitel Sonnenschein nach einem torlosen Unentschieden in einem Topspiel, das allen Erwartungen gerecht wurde.

Aber mitten in diesem Pulk geballter Zufriedenheit nimmt sich Bayerns Trainer Pep Guardiola seinen Abwehrspieler Joshua Kimmich vor. Gestenreich redet er auf ihn ein, sein Mienenspiel reicht von Zorn über Zustimmung bis Zuneigung. Kimmich steht stumm und nickt gelegentlich artig. Zuletzt verschränkt der Coach die Hände im Nacken des Spielers, beinahe sieht es so aus, als wolle er ihm nun noch eine Kopfnuss verpassen. Man muss fast das Schlimmste befürchten. Dann lässt Guardiola von Kimmich ab. Er strahlt und marschiert in die Kabine. So seltsam kann der Katalane sein.

Während Kimmich lässig den guten Schüler gibt ("er kritisiert manchmal. Das muss man annehmen. Ich will ja besser werden"), preist Guardiola den 21-Jährigen im Kabinengang in den allerhöchsten Tönen. "Kompliment an unseren Manager Michael Reschke für diese Verpflichtung. Ich liebe Joshua Kimmich, er bringt alles mit, um alles zu erreichen", schwärmt Guardiola.

In Dortmund ist Kimmich eine der herausragenden Figuren in einem überaus unterhaltsamen Spiel. In höchster Personalnot hat sein Trainer ihn auf den zweiten Bildungsweg geschickt und aus einem gelernten Mittelfeldspieler in ein paar Wochen einen Verteidiger gemacht, der nicht nur seinen Lehrmeister beeindruckt. Kimmich spielt im Raum mit dem Gefühl eines ganz großen Talents, er ist ballsicher, erkennt die richtigen Passwege und lässt sich selbst von der riesigen, stimmungsvollen Dortmunder Kulisse kein bisschen verunsichern.

"Ich gebe euch einen Ratschlag", sagt Guardiola, "schaut ihn genau an. Keiner kann mehr sagen, er kann kein Innenverteidiger sein. Er kann überall spielen." Gebraucht wird er vom Meister zurzeit aber in der zentralen Deckung neben David Alaba, dem auch niemand an der fußballerischen Wiege gesungen hatte, dass er dereinst Innenverteidiger sein könnte. Kimmich macht das, was Guardiola für sein Spielsystem so dringend benötigt. "Wir brauchen gute Verteidigung, und wir brauchen guten Aufbau", erklärt der Trainer. Und so mancher denkt bei Kimmich schon an den fußballerischen Vorfahren Javier Mascherano. Auch der muss kein drei Meter achtzig großer Modellathlet sein, um beim FC Barcelona oder in der argentinischen Nationalmannschaft bedeutende Leistungen als Innenverteidiger zu bieten.

So weit wie der Argentinier ist Kimmich natürlich noch nicht. Aber er hat genügend Fürsprecher, die ihn längst für internationale Aufgaben jenseits des Jobs bei den Bayern empfehlen. Der ehemalige Münchner Profi Dietmar Hamann, unterdessen im Expertenteam des Senders "Sky", sieht den Nachwuchsmann auf dem Sprung in Joachim Löws Auswahl für die EM in Frankreich. Bayerns Sportvorstand Matthias Sammer erklärt: "Bei Kimmich kommen im Sommer nur zwei Dinge infrage: die EM oder Olympia. Das sollen die Trainer entscheiden. Wir sind mit allem einverstanden."

Kimmich sagt dazu gar nichts, obwohl er gewiss nicht zu den verschämt Verhuschten gehört. Er weiß aber auch, wann es besser ist, andere reden zu lassen.

(pet)
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