Defensiv-Taktik in Dortmund Der FC Bayern kann auch mauern

Dortmund · In schweren Zeiten setzen die Münchner auf Zusammenhalt. Das soll auch in Leverkusen zum Erfolg führen.

 Marco Reus gegen die Bayern-Wand. Diesen Freistoß parierte anschließend der Münchner Torwart Manuel Neuer in Weltklasse-Manier.

Marco Reus gegen die Bayern-Wand. Diesen Freistoß parierte anschließend der Münchner Torwart Manuel Neuer in Weltklasse-Manier.

Foto: ap

Uli Hoeneß würde das gut gefallen. Sein FC Bayern München erlebt nach längerer Zeit mal wieder ernsthafte personelle Probleme. Und die Vordenker im Klub reagieren darauf mit einem kollektiven Anfall von menschlicher Wärme. Trainer Pep Guardiola, der für derartiges Verhalten bekannt ist, geht tapfer voran. Er widmete den hart erarbeiteten 1:0-Erfolg in Dortmund mit Beben in der Stimme Verteidiger Dante und dem nach einem Jahr in den Pflichtspielalltag zurückgekehrten Thiago Alcántara. Noch bemerkenswerter war der Auftritt von Sportvorstand Matthias Sammer, der normalerweise die Rolle des grantelnden Grüblers übernimmt. Er sagte: "Natürlich gilt unsere Liebe und Zuneigung den verletzten Spielern. Aber nun muss unsere ganze Zuneigung und unsere ganze Wertschätzung dem Kader gelten, den wir zur Verfügung haben." Er schaute dabei sogar wie ein gütiger Familienvater.

Sammer und Guardiola müssen ein angeschlagenes Team durch den April führen, in dem nicht nur nach des Trainers maßgeblicher Einschätzung "alles entschieden wird". In der Bundesliga ist diese Entscheidung eigentlich schon gefallen. Das mit fünf Abwehrspielern und einer Dreier-Mittelfeldkette weitgehend ermauerte 1:0 von Dortmund erhält den Münchnern den Zehnpunkte-Vorsprung auf Wolfsburg. Dem nächsten Meistertitel steht nichts mehr im Weg.

Im Pokal jedoch ist die Hürde hoch. Morgen tritt der Titelverteidiger bei Bayer Leverkusen an (20.30 Uhr/ARD), und er wird dort kaum weniger Arbeit haben als in Dortmund. Gut möglich, dass Guardiola erneut eine defensive Ausrichtung wählen wird. "Unser Trainer", sagte Sammer, "ist bekannt dafür, sich etwas einfallen zu lassen." Vielleicht lockert er sein Konzept im Vergleich zur Begegnung mit Dortmund, indem er Thiago von Anfang an bringt. Der Spanier mit den brasilianischen Wurzeln bewies nach seiner Einwechslung im ehemaligen Westfalenstadion große strategische Kraft. Er könnte die Bemühungen des Zweierangriffs aus Thomas Müller und Robert Lewandowski deutlich besser strukturieren, als das in Dortmund gelang. Dort lebten die Bayern von Müllers hingebungsvoller Laufarbeit und Lewandowskis überragendem Zweikampfverhalten. In ihrem Rücken aber wurde entschieden mehr verteidigt als nach vorn gespielt. "Das war ein Arbeitssieg, das muss man klar sagen", erklärte Kapitän Philipp Lahm, "wir hatten zu wenig Ballbesitz und haben zu wenig attackiert."

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Trotzdem geht der Meister mit Rückenwind aus der Dortmunder Partie. Zum einen, "weil ein Sieg in Dortmund immer etwas Besonderes ist", wie Lahm feststellte, "schließlich war das mal unser ärgster Konkurrent". Zum anderen, weil er ganz leise Zweifel an einem weiterhin bequemen Durchmarsch in der Bundesliga nach dem 0:2 gegen Borussia Mönchengladbach zerstreute. Die Jubelfeier auf dem westfälischen Rasen unterstrich, wie erleichtert die Delegation aus München war. Guardiola sah ganz so aus, als habe er 90 Minuten mitspielen müssen, was er am Spielfeldrand in kleinen Tänzchen und ausdauernden Redebeiträgen wohl auch tut. "Jedes Spiel", sagte der Trainer, "ist unheimlich schwer. Wir müssen uns unheimlich anstrengen." Man musste fast Mitleid haben. Erst als er in einem bezaubernden Gemisch aus drei Sprachen (Deutsch, Englisch, Spanisch) bekannte, er sei "sehr, sehr zufrieden", musste sich niemand mehr Sorgen um Pep Guardiola machen.

(RP)
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