Rummenigge widerspricht Hoeneß "Anspruch nicht ins Unermessliche führen"

München · Der fünfte Meistertitel am Stück lindert die Bayern-Wunden. Groß reden lässt sich die Pflicht-Trophäe nicht, die Münchner Jäger sind einfach zu schwach. Der Trainer verspricht für die Zukunft mehr. Den "großen Knall" und "verrückte Dinge" soll es aber nicht geben.

Bayerns Weg zum Titel
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Foto: dpa, spf hak

"Mia san Meister" — die Bayern können wieder lachen. Auch wenn die 27. Meisterfeier des ewigen Champions mühsam in Schwung kam, war das schnelle Erfolgserlebnis mit dem wahrlich meisterlichen 6:0 (3:0) beim VfL Wolfsburg Balsam für die Wunden, die der Doppel-K.o. in Champions League und DFB-Pokal gerissen hat. "Am Mittwoch waren wir traurig, jetzt sind wir glücklich, so ist der Fußball", bemerkte Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge zum flotten Stimmungswechsel nach der schmerzhaften Cup-Niederlage gegen Borussia Dortmund.

"Schluckerl" zum Tanz in den Mai

Und so gönnten sich die Münchner Fußballstars beim Tanz in den Mai ein verdientes "Schluckerl" (David Alaba) auf den "ehrlichsten Titel" (Rummenigge), der alljährlich ganz oben im Pflichtenheft von Torjäger Robert Lewandowski und seinen Kollegen steht. Selbst Rummenigge konnte als Party-Animateur den historischen fünften Meistertitel am Stück aber nicht besonders groß reden. "Wir lassen uns eine deutsche Meisterschaft aber auch nicht kleinreden", erklärte er. Basta!

"Es ist nicht selbstverständlich, dass man jedes Mal deutscher Meister wird", betonte auch Kapitän Philipp Lahm, der nun am 20. Mai seine ruhmreiche Karriere als Fußballprofi zumindest mit der Schale in der Hand beenden kann; zum achten Mal übrigens, so häufig wie vor ihm nur Bastian Schweinsteiger, Oliver Kahn und Mehmet Scholl.

Die Schwäche der Bayern-Jäger um Borussia Dortmund beschädigt den Wert der Münchner Alltagsarbeit in der Bundesliga. Aber es sind auch die seit dem Triple-Triumh 2013 geweckten eigenen Ansprüche, Europa erobern zu wollen. "Wir haben nicht diesen arroganten Anspruch, jedes Jahr das Triple zu gewinnen", widersprach Rummenigge.

Der Vorstandsboss belehrte sogar Vereinspatron Uli Hoeneß, der den Titelgewinn am Samstagabend bei einem Fanfest in München mit einer Polonaise feierte. "Ich bin stolz auf unsere Mannschaft. Wir sind wieder zehn Punkte vorne — was will man mehr?", sagte der Präsident. Die Antwort hatte er am selben Tag in der "Abendzeitung" gegeben: "Auf die Dauer ist ein Titel schon ein bisschen wenig für uns."

"Ich widerspreche Uli ungerne, weil ich mit ihm befreundet bin und er ein extrem wichtiger und sehr erfahrene Mann bei Bayern München ist", sagte Rummenigge im ZDF-Interview: "Aber ich glaube, auch Uli Hoeneß hat Jahre erlebt, egal, ob als Manager, als Spieler oder in seiner Eigenschaft jetzt als Präsident, wo wir titellos waren. Deshalb sage ich: Wir müssen den Anspruch bei Bayern München auch nicht ins Unermessliche führen. Deutscher Meister ist ein toller Titel. In dieser Republik wären 17 andere Mannschaften extrem zufrieden. Bei Bayern München muss es dann auch der Anspruch sein, dass wir zufrieden sind und das nicht als Trostpreis abtun", sagte Rummenigge.

Die Vorlage, die der FC Ingolstadt mit seinem 0:0 in Leipzig geliefert hatte, verwandelten die Bayern immerhin konsequent. Besonders Carlo Ancelotti war scharf auf seinen ersten Titel in Deutschland. "Er wollte das Ding unbedingt heute holen", berichtete Hummels nach dem Torfest, für das Doppeltorschütze Lewandowski, Alaba, Arjen Robben, Thomas Müller und Joshua Kimmich sorgten. Für die abstiegsbedrohten Wolfsburger fühlte sich die Abreibung an wie eine "Links-Rechts-Watschn", wie der Ex-Münchner Mario Gomez sagte.

Ancelotti feiert "wichtigen" Titel

Die starke Reaktion der Mannschaft hilft auch dem Trainer. "Das war wirklich wichtig. Für mich, für die Spieler, den Klub, die Fans", sagte Ancelotti. Der Italiener weiß jedoch, dass ihm der Single-Titel keinen besonderen Ruhm beim FC Bayern einbringt: "Wir wollten alle drei Titel gewinnen!" Das war auch das Ziel der Spieler. "Man muss nicht drum herumreden, dass wir in den anderen Wettbewerben gerne erfolgreicher gewesen wären", gestand Weltmeister Mats Hummels.

Auch wenn noch drei Spiele gegen Darmstadt, in Leipzig und gegen Freiburg ausstehen, ist die Saison 2016/17 gelaufen für den Rekordmeister. "Wir können jetzt die nächste Saison planen", sagte Ancelotti, der Lehren ziehen will und versprach: "Wir werden es in der nächsten Saison besser machen." Dazu soll die vermehrte Talentförderung gehören, die ein Hauptkritikpunkt an Ancelotti ist. In Wolfsburg zählten Kingsley Coman und Kimmich zu den Aktivposten.
"Sie werden nächstes Jahr häufiger spielen als dieses Jahr", sagte Ancelotti über die Youngster, zu denen auch Renato Sanches zählt.

Namhaftes Personal könnte aber auch teuer hinzugekauft werden, auch wenn sich Rummenigge bei dem Thema Millionentransfers reserviert äußerte: "Wir haben eine super Mannschaft, das hat man in Wolfsburg gesehen. Wir werden uns nicht — von wem auch immer - in irgendwelche verrückten Dinge hineintreiben lassen." Die Führungskräfte Lahm und Xabi Alonso werden aufhören. "Es wird keinen großen Knall geben", sagte Lahm. Der Kapitän sagte es ganz im Stile eines Sportdirektors.

(dpa)
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