Kolumne: Gegenpressing Meine Internet-Reise mit Arturo Vidal

Im Liveticker gibt es medizinische Neuigkeiten, Porträts von Flughafen-Besuchern und die Möglichkeit, auf dem eigenen Bildschirm virtuell mitzufliegen. Kaum auszuhalten.

FC Bayern München: Arturo Vidal trainiert und Uli Hoeneß schaut zu
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Vidal trainiert und Hoeneß schaut zu

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Foto: dpa, geb hak

Das Internet ist doch ein Segen. Es erfüllt das Leben mit vielen Informationen, von denen ich bis vor kurzem gar nicht wusste, dass ich sie dringend brauche. Es ist kaum auszuhalten.

Und noch dazu so bequem. Niemand muss zum Beispiel nach München fahren, um den Fußballspieler Arturo Vidal am Flughafen zu begrüßen. Noch besser: Niemand benötigt ein Flugticket nach und von Santiago de Chile, um den Fußballspieler Arturo Vidal bei seiner aufregenden Reise nach München zu begleiten.

Das Internet genügt völlig. Morgens verwöhnt der technik-affine Sportler von heute seine in die Millionen gehende Kundschaft mit einem Foto beim Kurznachrichtendienst Twitter. Es zeigt ihn in bester Stimmung in einem Flugzeug. Das reicht zuverlässig dazu aus, die Welt in Aufruhr zu versetzen. Bei Twitter werden die jüngsten Gerüchte über die Trunkenheitsfahrten des Spielers, seine Einsatzgebiete im umkämpften Münchner Mittelfeld, den Zustand seiner Kniegelenke und die neuesten Ganovenstücke seines Vaters erörtert. Zeitgleich beziehen die ersten Internetdienste mit ihrem Liveticker Stellung am Flughafen.

In der völligen Entspannung des Bürosessels lässt sich fortan in besten klimatischen Bedingungen verfolgen, was am Flughafen so geschieht. Einiges, das ist schnell heraus, aber nichts, das nun ursächlich mit der Ankunft des Fußballspielers Arturo Vidal zu tun hätte - sieht man davon ab, dass aufmerksame Beobachter der Lage im Erdinger Moos früh die Ankunft eines Chauffeurs von Bayern München melden.

Der nimmt allerdings einen Passagier auf, der nicht im Entferntesten zur Beschreibung von Vidal passt. Sicherheitshalber wird er fotografiert, und auch sein Bild geht um die Welt. Das ist ein Moment von historischer Bedeutung, denn das ist dem jungen blonden Menschen in seinem Leben wohl noch nicht geschehen. Und es wird ihm möglicherweise auch nicht mehr geschehen.

Im Liveticker lerne ich, was bei Fußballern im Medizincheck so alles getestet wird. Das verkündet der Mannschaftsarzt von Bayer Leverkusen. Zwar nicht am Münchner Flughafen, sondern im Deutschlandfunk. Aber heute ist München überall.

Vor allen Dingen bin ich überall. Dem Liveticker verdanke ich nämlich nicht nur medizinische Informationen. Ich werde auch auf eine Seite weitergeleitet, die mich zum virtuellen Teilnehmer am Luftverkehr macht. Mittlerweile ist die Maschine identifiziert, die den Fußballer Arturo Vidal in Richtung München bringt. Und ab 16.30 Uhr fliege ich von Madrid an meinem Bildschirm mit. Natürlich gebe ich alle Reisefortschritte unverzüglich bekannt. Das trägt zur steigenden Beliebtheit in meiner Redaktion bei. Der Liveticker hat aufgegeben.

Ich nicht. Im Landeanflug berichte ich von leichten Turbulenzen - ein bisschen dichterische Freiheit verbessert die Atmosphäre.

Um halb sieben ist der Fußballer Arturo Vidal gelandet. Im Internet sind seine schönsten Tattoos zu bewundern. Ein Chauffeur des FC Bayern muss am Flughafen sein. Er holt den Fußballer Arturo Vidal jedoch auf dem Vorfeld ab. Macht nix. Bald gibt es den Liveticker vom Besuch beim Arzt und der Vorstellung bei den Bayern.

Und ich bin immer dabei.

Vielleicht ist auch alles nur erfunden. Hauptsache, es sorgt für ein erfülltes Leben.

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: kolumne@rheinische-post.de

(RP)
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