Analyse zur Trainersuche Haben die Bayern wirklich keine Alternative zu Heynckes?

Düsseldorf · Jupp Heynckes ist Bayerns Wunschkandidat für den Trainerposten in der kommenden Saison. Die Bayern-Bosse machen daraus in diesen Tagen wahrlich kein Geheimnis. Doch gibt es wirklich keinen Plan B zu Heynckes? Das wäre geradezu fahrlässig.

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Foto: dpa/Pedro Portal

"Ich denke, dass seine Arbeit in München noch nicht getan ist. Wir glauben, dass der Jupp den Übergang am besten moderieren kann. Unsere Spieler lieben ihn. Einen Plan B habe ich nicht", sagte Bayerns Präsident Uli Hoeneß am Monatagabend beim Ständehaustreff der Rheinischen Post in Düsseldorf.

Hoeneß, der wie Bayerns Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge schon zuvor öffentlich die große Charmeoffensive beim Rekordmeister eingeläutet hatte, um Heynckes, der ursprünglich nur bis zum Saisonende an der Säbener Straße einspringen sollte, doch noch von einer Vertragsverlängerung für eine weitere Saison zu überzeugen, ließ noch eine weitere Begründung folgen: "Jupp verbindet das moderne Sportmanagement mit dem Menschlichen. Er sorgt dafür, dass es in der Kabine stimmt. Für uns ist es ein Traum. Wir müssen uns darum nicht mehr kümmern. Bevor er kam, mussten wir es jeden Tag machen", sagte Hoeneß.

Bayern-Präsident Uli Hoeneß zu Gast beim Düsseldorfer Ständehaustreff
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Bayern-Präsident Uli Hoeneß zu Gast im Ständehaustreff

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Foto: Bretz, Andreas

"Wenn ich ziemlich nackt vor ihm stehe, habe ich vielleicht eine kleine Chance", fügte Hoeneß am Montagabend hinzu. Wohlwissend, dass Heynckes bislang keinerlei Anstalten macht, von seinem Vorhaben abzurücken, nach Saisonende wieder auf seinen Bauernhof im niederrheinischen Fischeln, einem Ortsteil von Schwalmtal, zurückzukehren und sich hauptberuflich um Ehefrau und Schäferhund zu kümmern.

Doch nur einen Tag später beim Branchenkongress SpoBis in Düsseldorf klang Hoeneß deutlich zurückhaltender. "Die Chancen, dass Jupp bleibt, liegen bei zehn Prozent, aber ich gebe nicht auf", sagte Hoeneß. Sollte Hoeneß den Sachverhalt tatsächlich so sehen, wäre es natürlich geradezu fahrlässig, sollten die Bayern keine Alternative zu Heynckes im Kopf haben. Ein Klub, der 650 Millionen Euro Umsatz pro Jahr generiert, kann es sich schlichtweg nicht leisten, so blauäugig mit einer der wichtigsten, vielleicht der wichtigsten Personalie des Klubs umzugehen.

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Foto: dpa, Alexander Hassenstein

In den vergangenen Monaten wurden schon zahlreiche Fußballlehrer als potenzielle Nachfolger für Heynckes genannt. Doch aus verschiedenen Gründen blieben die genannten Trainer nur selten lange im Kandidatenkreis. Hoffenheims Coach Julian Nagelsmann ist den Bayern mit seinen 30 Jahren noch zu grün. Das enttäuschende Abschneiden der Hoffenheimer in der Qualifikation zur Champions League und später in der Europa League ließen die internen Zweifel an Nagelsmann, der sich durch ein Zitat ("Der FC Bayern würde mich vielleicht ein Stück glücklicher machen") selbst ins Gespräch brachte, nicht gerade kleiner werden. Zudem machte sein Arbeitgeber deutlich, dass Nagelsmann frühestens im Sommer 2019 den Kraichgau verlassen dürfe.

Ralph Hasenhüttl von RB Leipzig ist zwar deutlich älter als Nagelsmann, nahm sich aber selbst aus der Verlosung: "Ich habe noch nicht die Erfahrung international, hatte jetzt mein erstes Jahr in der Champions League. Ich finde es unabdingbar, dieses Wissen mitzubringen, wenn ich irgendwann Trainer eines Formats FC Bayern werden würde." Eintracht Frankfurts Niko Kovac wird der Sprung zu einem Top-Team wie den Bayern durchaus in der Zukunft zugetraut, aktuell gilt er jedoch bei den Hessen als besser aufgehoben.

Dann wäre da noch Jürgen Klopp, der immer wieder reflexartig im Zusammenhang mit den Bayern genannt wird. Auch wenn Klopp beim FC Liverpool erneut eine titellose Saison droht, steht der ehemalige Dortmunder Trainer bei den "Reds" nicht zur Diskussion. Ob Klopp wirklich einmal bei den Bayern landet, kann natürlich nicht ausgeschlossen werden, im kommenden Sommer ist eine Liaison aber extrem unwahrscheinlich. Klopp hat in Liverpool noch einiges vor und es deutet auch einiges daraufhin, dass die Engländer auch noch nicht genug vom charismatischen Stuttgarter und seinem "Heavy-Metal-Fußball" haben.

Der einzige Kandidat, der derzeit nicht bei einem anderen Klub unter Vertrag steht und das Anforderungsprofil des Klubs erfüllt, ist Thomas Tuchel. Der ehemalige Dortmund-Coach, der im Streit den BVB verließ, spricht Deutsch, gilt als großer Taktiker und hat Erfahrung im Umgang mit Stars. Doch genau an dem Punkt hakt es. Das Verhältnis von Tuchel zum Bayern-Abwehrchef Mats Hummels gilt seit der gemeinsamen Dortmunder Zeit als nachhaltig gestört.

Und trotzdem ist Tuchel, den Ex-Bayern-Trainer Pep Guardiola in der Vergangenheit als seinen idealen Nachfolger beim Rekordmeister ausgemacht hatte, der einzig logische verbleibende Kandidat, sollte Heynckes nicht doch noch überraschend umfallen und Ehefrau und Hund am Niederrhein um ein Jahr vertrösten. Dem VfB Stuttgart soll der ehemalige Nachwuchstrainer der Schwaben jüngst abgesagt haben. "Ich werde es mir nicht leisten, aus Nostalgie ambitioniertere Kontakte sausen zu lassen", wird Tuchel in der "Süddeutschen Zeitung" zitiert. Ob damit der FC Bayern gemeint ist? Oder doch eine reizvolle Aufgabe im Ausland wie der FC Chelsea oder der FC Arsenal? Die nächsten Wochen, vielleicht auch Monate, werden es zeigen. Und vor allem, ob der FC Bayern wirklich keinen Plan B in der Tasche hat.

(can)
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