Robert Lewandowski Dann macht es bumm

München · Der 27-jährige Robert Lewandowski steht nun in einer Reihe großer Bayern-Stürmer, die mit dem legendären Gerd Müller beginnt.

 Robert Lewandowski

Robert Lewandowski

Foto: ap, AH SO

Robert Lewandowski hat wieder mächtig Eindruck hinterlassen. In den zurückliegenden drei Bundesligaspielen erzielte Bayern Münchens Stürmer neun Tore. Zwei davon im Spitzenspiel gegen Borussia Dortmund — zwischendurch drei in der Champions League gegen Dinamo Zagreb. Er registriert es auf seine eher unaufgeregte Art, mit einem lässigen Schulterzucken. "Jerome und Mario haben mir den Ball gut aufgelegt", sagte er nach seinen Treffern gegen die alten Kollegen vom BVB. So einfach ist das.

Die Experten dagegen sind völlig verzückt. Und mindestens jeder zweite erinnert sich bei solchen Erfolgsquoten an den Erfinder des Toreschießens, den legendären Gerd Müller. Er hat es mal auf 40 Bundesliga-Treffer in einer Saison gebracht. Das ist bis heute die Rekordmarke, an der sich Lewandowski zumindest für kurze Zeit orientieren darf. Auf jeden Fall steht er nun in einer ruhmreichen Reihe von Bayern-Stürmern, die mit Müller beginnt.

Es war in den 60er Jahren, als ein junger Mann zum Schrecken der Abwehrreihen wurde. Weil er das kohlehydratreiche Essen seiner schwäbischen Heimat schätzte, was man ihm auch ansah, wurde Gerd Müller von seinem (ebenfalls sehr rundlichen) Trainer Tschick Cajkovski als "kleines, dickes Müller" verunglimpft und auf Diät gesetzt. Tore schoss er schon vorher und nach der Diät erst recht. Der Strafraum war sein natürlicher Lebensraum. Dort erzielte er Treffer in allen Lagen und mit allen Körperteilen. Er machte da keine vornehmen Unterschiede und schoss Tore mit dem Knie, mit dem Bauch, mit dem linken Oberschenkel, mit dem rechten Schienbein, mit dem Kopf und, wenn es sein musste, auch mit dem Hinterteil. Er drehte sich um seine Gegenspieler, ehe die ahnten, dass bald der Ball kommen sollte. Und wenn er kam, lag er im Netz, ehe die bedauernswerten Bewacher die Bewegung des Stürmers mitgemacht hatten.

Müllers Quoten für die Ewigkeit

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In 427 Bundesligaspielen machte Müller 365 Tore, in 62 Länderspielen sogar 68. Quoten für die Ewigkeit. Und für seinen Mitspieler Franz Beckenbauer Anlass zu der Feststellung: "Ohne Gerd Müller wäre der FC Bayern nie der Verein, der er heute ist. Ohne ihn wären wir nicht Weltmeister 1974 oder Europameister 1972 geworden." Alle, die nach ihm für die Bayern stürmten, stehen im Schatten des "Bombers der Nation", wie ihn die Sportberichterstatter in den martialischen Tönen ihrer Zeit nannten, als in den Spielberichten Bälle wie "Granaten einschlugen".

Karl-Heinz Rummenigge hat das Erbe des großen Gerd mit einigem Erfolg verwaltet. Er spielte Mitte der 70er Jahre noch neben der Mittelstürmer-Legende, und er legte sein Stürmerdasein viel freier aus als der Müller aus Nördlingen. Rummenigge kam von außen, mal aus der Tiefe, und man traf ihn natürlich auch im Strafraum an. Er war ein sehr moderner Angreifer, der sich dem Zugriff grätschender Verteidiger durch Dribblings, Tempo und Eleganz entzog. 1984 wechselte er für elf Millionen Mark (5,5 Millionen Euro) zu Inter Mailand. Das war ein Rekord und mutet heute lächerlich an. In der neuen Welt mit dem abstrusen Summen kennt Rummenigge sich auch aus. Er ist der Vorsitzende der Bayern-Geschäftsführung. Nach Rummenigge waren die führenden Bayern-Stürmer vorerst nicht aus der Abteilung Weltklasse. Manche hatten ulkige Namen wie Radmilo Mihajlovic und Alan MacInally, die der mundfaule Bayer Mic und Mac taufte. Andere waren vorübereilende Gestalten der Geschichte wie Emil Kostadinow oder Mark Hughes. Oder sie passten nicht in diesen Verein der vielen Egos, weil sie das eigene einfach nicht kleinkriegten wie Jürgen Klinsmann.

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Eine echte Identität als Knipser vom Dienst gewannen nur vier: Roland Wohlfahrt, ein schüchterner Junge aus Bocholt. Giovane Elber, ein Brasilianer mit einfallsreichem Torjubel. Roy Makaay, ein schweigsamer Holländer mit dem Aktionsradius eines niederrheinischen Vorgartens und der Effektivität einer Maschine. Und Luca Toni, ein gut aussehender Italiener, der im Training zum Entsetzen seiner Trainer den Baumbestand an der Säbener Straße ruinierte, im Spiel allerdings gern doppelt und dreifach traf.

Auch seine Quote erinnerte gelegentlich an den Ahnherrn Müller. Ein derart kompletter Fußballer wie Lewandowski aber war er nicht. Der Pole bringt neben sehr guter Technik eine perfekte Körperbeherrschung mit — geschult mit Koordinationsübungen aus dem Trainingsalltag seiner Frau Anna Lewandowska, einer ehemaligen Karate-Weltmeisterin. Lewandowski gilt als einer der besten Stürmer der Welt, so gut wie Müller ist aber auch er nicht. Der kleine, dicke Stürmer bleibt einzigartig. Ganz so einzigartig wie seine knappen Erklärungen für das Phänomen des Torjägers. "Das kannst du nicht lernen", hat Müller gesagt, "das hast du." Lewandowski hat's auch.

(pet)
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