Bayern scheitert an Real Verpfiffen und vercoacht

Madrid/Düsseldorf · Der FC Bayern München ist auf tragischste Weise im Viertelfinale der Champions League an Real Madrid gescheitert. Bei der 2:4-Niederlage nach Verlängerung standen zwei Personen im Mittelpunkt: Schiedsrichter Viktor Kassai und Bayern-Trainer Carlo Ancelotti. Die Fans kritisieren dessen Entscheidungen.

Cristiano Ronaldo: Abseitstor entscheidet Viertelfinale
8 Bilder

Ronaldos Abseitstor entscheidet Viertelfinale

8 Bilder
Foto: dpa, geb gfh

Karl-Heinz Rummenigge fand drastische Worte. "Wir sind beschissen worden", sagte der Vorstandsvorsitzende des FC Bayern München auf dem Bankett nach dem Drama im Santiago Bernabeu. In den entscheidenden Momenten entschied Schiedsrichter Kassai tatsächlich gegen den deutschen Rekordmeister. Doch auch Ancelotti bekam in den sozialen Medien viel Gegenwind.

Der Fall Vidal Zugegeben, das vermeintliche Foul von Arturo Vidal an Marco Asensio, für das er seine zweite Gelbe Karte und damit die Gelb-Rote Karte sah, war keins. Der Chilene spielte sechs Minuten vor dem Schlusspfiff eindeutig den Ball. "Die Gelb-Rote Karte war heute ein Killer. Es war aber noch nicht einmal ein Foul von Vidal, geschweige eine Karte", sagte Rummenigge nach dem Spiel. Damit hat er recht, allerdings muss sich auch Ancelotti fragen, wieso er seinen "Aggressive Leader" nicht schon vorher ausgewechselt hat. Vidal stand bereits vor seinem Platzverweis mehrfach kurz vor der Ampelkarte, nachdem er bereits in der fünften Minute für sein erstes Foul verwarnt wurde. "Wir hatten das Spiel unter Kontrolle, ich wollte nicht wechseln", begründete Ancelotti seine Maßnahme, Vidal auf dem Platz zu lassen. Viele Bayern-Fans bei Twitter warfen Ancelotti genau diese Entscheidung vor.

Der Fall Lewandowski Robert Lewandowski war der große Hoffnungsträger für das Rückspiel, der Pole sollte die Bayern mit seinen Toren ins Halbfinale führen. Umso erstaunlicher war Ancelottis Wechsel zwei Minuten vor dem Ende der regulären Spielzeit. Joshua Kimmich, seines Zeichens Defensivspieler, kam für Lewandowski aufs Feld. Der zuvor eingewechselte Thomas Müller rückte in die Spitze. Nun konnte man meinen, dass die Schulter Lewandowski noch zu sehr hinderte und er Schmerzen habe. Dem war aber nicht so, wie Ancelotti nach der Partie zugab. "Das war ein taktischer Wechsel, ich wollte die Defensive stärken", sagte der Italiener. Auch diese Entscheidung flog ihm bei Twitter um die Ohren. Und mal ganz ehrlich: Einen Lewandowski in so einem Spiel auszuwechseln, obwohl er nicht verletzt ist, ist irre. Denn der Stürmer ist bekanntlich immer für ein Tor gut, auch in Unterzahl.

Der Fall Casemiro Dass Reals Casemiro 120 Minuten auf dem Platz stand, grenzt an ein Wunder. Der defensive Mittelfeldspieler der "Königlichen" hätte ebenfalls schon längst vom Platz fliegen müssen. Doch der Brasilianer hatte bei Kassai Narrenfreiheit, konnte sich so viele Fouls erlauben, wie er wollte. Zwei Minuten vor seiner Gelben Karte, die Casemiro ausgerechnet für ein Foul an Vidal sah (40.), hätte er bereits verwarnt werden müssen. Casemiro stoppte Arjen Robben mit einem taktischen Foul, Kassai ließ die Karte in der Tasche. Spätestens beim Elfmeter hätte Casemiro fliegen müssen. Auch wenn der Strafstoß umstritten war, wenn Kassai ihn gibt, dann muss er auch "Gelb" zeigen. Allerallerspätestens in der 80. Minute hätte der Madrilene dann aber die Ampelkarte sehen müssen, nachdem er erneut Robben zu Fall brachte.

Der Fall Ronaldo Cristiano Ronaldo war an diesem Abend und am Tag danach der gefeierte Held der Madrilenen. Zurecht, wie viele meinen, denn wenn ein Spieler in zwei Partien gegen die Bayern fünf Tore schießt, muss man ihn zum Helden emporheben. Wenn allerdings zwei dieser Treffer irregulär sind, so wie das entscheidende 2:2 in der Verlängerung und wenig später das 3:2, erhält die Heldenstatue Kratzer. Beim Ausgleich in der 105. Minute stand Ronaldo ganz klar im Abseits, beim Führungstreffer nach Vorlage des bärenstarken Marcelo hauchzart — ähnlich wie Thomas Müller vor dem Eigentor von Sergio Ramos. Für die Assistenten ist das auf beiden Seiten in dieser Geschwindigkeit kaum zu sehen, doch die Abseitsstellung vor Ronaldos Ausgleichstreffer hätte der Linienrichter erkennen müssen.

Der Fall Ribéry Bereits in der 30. Minute gab es einen kleinen Disput zwischen Franck Ribéry und Ancelotti. Der italienische Trainer regte sich über seinen französischen Star auf, weil dieser einen Konter verstolperte. Daraufhin deutete Ribéry mit seinen Händen das Zeichen zur Auswechslung an. "Dann wechsel mich doch aus, wenn du unzufrieden mit mir bist", wollte er wohl damit sagen. In der 71. Minute war es dann auch soweit, Ancelotti brachte Douglas Costa für Ribéry, obwohl der Franzose gerade wieder eine ganz gute Phase hatte. Auch für diese Personalentscheidung hatten viele Fans kein Verständnis.

Der Mix aus falschen Schiedsrichter- und Personalentscheidungen war mitentscheidend in diesem Duell auf Augenhöhe. Doch die Bayern haben das mögliche Halbfinale nicht in Madrid verschenkt, sondern im Hinspiel — Schiedsrichter hin oder her.

(seeg)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort