Analyse zu Transfers Was wollen die Bayern eigentlich mit Rudy und Süle?

Düsseldorf · Der FC Bayern München hat am Sonntag die Verpflichtung von Hoffenheims Niklas Süle und Sebastian Rudy bekanntgegeben. Die Transfers kommen nicht überraschend, und doch werfen sie zwei Fragen auf: Was wollen die Bayern mit Rudy und Süle? Und: Was wollen Rudy und Süle in München?

Niklas Süle: Der Fußball-Profi vom FC Bayern München im Porträt - Wechsel zum BVB?
20 Bilder

Das ist Niklas Süle

20 Bilder
Foto: dpa, tha abl

Die beiden sind zwei deutsche Nationalspieler, wenngleich Süle erst einmal in der Mannschaft von Bundestrainer Joachim Löw eingesetzt wurde und Rudy die Mehrzahl seiner zwölf Länderspiele in Freundschaftsspielen absolvierte. Es sind zwei Transfers, die eines ganz deutlich zeigen: Uli Hoeneß ist zurück. Der Bayern-Präsident verfährt seit Jahrzehnten nach dem Prinzip, bewährte Kräfte aus der Bundesliga zu verpflichten, besonders gerne deutsche Nationalspieler. Sein Ziel war es immer, so viele deutsche Nationalspieler im Kader des Rekordmeister wie nur eben möglich zu versammeln. Zuletzt hatte Hoeneß in der "Bild" gefordert, dass bei den Bayern wieder Deutsch die Kabinensprache werden müsse. Rudy und Süle werden ihren Teil dazu beitragen. Ein in München gern gesehener Nebeneffekt: Die Konkurrenz wird durch diese Transfers geschwächt. Da passt es ins Bild, dass Hoffenheim die einzige Profimannschaft ist, die in der Bundesliga-Hinrunde ungeschlagen blieb.

Der Süle-Transfer

Der 21 Jahre alte Süle gilt als eines der größten Innenverteidiger-Talente Europas, spielte ein starkes Olympia-Turnier mit der deutschen Auswahl und stieg in Hoffenheim trotz seines jungen Alters zum Führungsspieler auf. In München muss der 1,95 Meter große Abwehrspieler zunächst kleinere Brötchen backen. Er kommt als Innenverteidiger Nummer vier nach München — bestenfalls. Und doch dürfte er auf eine manierliche Anzahl von Einsätzen kommen, da die vor ihm gesetzten Jerome Boateng, Mats Hummels und Javi Martinez allesamt verletzungsanfällig sind und immer wieder Pausen einlegen müssen. Der an Schalke ausgeliehene Holger Badstuber könnte sich in der Hierarchie ebenfalls noch vor Süle einreihen, hier muss aber dessen Entwicklung in den kommenden Monaten abgewartet werden. Notlösungen wie David Alaba oder Joshua Kimmich in der Innenverteidigung sollte es dann nicht mehr geben.

So beutet der FC Bayern München die Bundesliga aus
70 Bilder

So beuten die Bayern die Liga aus

70 Bilder
Foto: dpa, Alexander Hassenstein

Süle hat einen Fünf-Jahres-Vertrag an der Säbener Straße unterschrieben. Das unterstreicht, dass die Bayern in ihm den Innenverteidiger der Zukunft sehen. Er soll sich an der Seite von Boateng, Hummels und Martinez weiterentwickeln und in Ruhe reifen. Ein Perspektiv-Transfer für die Gegenwart ab Sommer, der die Bayern eine Ablöse von mindestens 20 Millionen Euro kostet. Viel Geld für ein Talent, sollte sich Süle aber in gewünschter Form entwickeln, könnte der Hoffenheimer sogar zum Schnäppchen für den Rekordmeister werden, da Abwehrspieler dieser Güteklasse international rar gesät sind. Für den damals 27 Jahre alten Marokkaner Medhi Benatia, der in München nie die hohen Erwartungen erfüllen konnte, zahlte der Rekordmeister im Sommer 2014 stattliche 28 Millionen Euro Ablöse, Manchester City setzte noch einen drauf und holte den talentierten, aber nicht international erprobten John Stones für mehr als 55 Millionen Euro Ablöse vom FC Everton.

Der Rudy-Transfer

Sebastian Rode, Alexander Baumjohann, Tim Borowski, Hamit Altintop und Pablo Thiam haben alle eines gemein: Sie kamen alle ablösefrei von anderen Bundesligisten zum FC Bayern und hinterließen keine nachhaltigen Eindrücke in der bajuwarischen Vereinshistorie. Dieses Schicksal droht auch Rudy an der Säbener Straße. Der 26-Jährige ist zwar flexibel im Mittelfeld und als Rechtsverteidiger einsetzbar, doch die Konkurrenz in München dürfte eine Nummer zu groß für ihn sein. Obwohl er mit Sicherheit ein überdurchschnittlicher Fußballer ist, dürfte er trotzdem daran scheitern, bei den Bayern den alternden Xabi Alonso in der Mittelfeldzentrale zu ersetzen. Auch auf den Halbpositionen wird es für Rudy zur Herkulesaufgabe, Arturo Vidal, Thiago Alcantara oder Kimmich zu verdrängen.

Bleibt noch die Position rechts hinten in der Viererkette. Dort ist derzeit noch Philipp Lahm nicht wegzudenken, doch der Kapitän der Bayern liebäugelt trotz eines Vertrags bis 2018 mit seinem vorzeitigen Karriereende. Dann hätten die Münchner lediglich noch den Brasilianer Rafinha als gelernte Kraft für diese Aufgabe im Kader. Zu wenig für die ambitionierten Ansprüche der Bayern. Aber noch sind es bei Lahm ja nur theoretische Gedankenspiele und sollte das Urgestein tatsächlich nach Saisonende zurücktreten, dürften die Bayern nochmal auf dem Transfermarkt zuschlagen. Oder Kimmich, der in der Nationalmannschaft längst die Nachfolge Lahms als Rechtsverteidiger angetreten hat, wird dauerhaft dorthin versetzt. So oder so, für Rudy sind die Perspektiven bei weitem nicht so rosig wie für Süle.

Mut machen dürften Rudy Namen wie Hasan Salihamidzic oder Ivica Olic. Die beiden kamen ebenfalls ablösefrei zu den Bayern, galten zum Zeitpunkt ihrer Verpflichtung als nahezu chancenlos und hatten am Ende einen Stammplatz. Beim Rudy-Transfer können Spieler und Klub eigentlich nur gewinnen. Läuft es für Rudy bei den Bayern nicht wie gewünscht, wird er den Rekordmeister nach einem Jahr wieder verlassen. Seinem Konto wird das Jahr in München gut tun, sein Gehaltsniveau wird auch bei einem neuen Klub überdurchschnittlich sein, schließlich kommt er dann von den Bayern. Und die Münchner kassieren im besten Fall sogar noch ein paar Millionen für einen Spieler, den sie ablösefrei verpflichtet hatten.

(can)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort