Bayerns Trainingslager in Katar Warum ist es am Golf so schön?

Doha/Düsseldorf · Sogar die eigenen Fans kritisieren das Trainingslager von Bayern München in Katar. Seit nun sechs Jahren beruft sich die Münchner Unternehmensspitze bei ihrer Wahl des Vorbereitungscamps in Katar auf die ausgezeichneten Trainingsbedingungen.

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Ribery läuft bei erster Trainingseinheit in Doha

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Foto: afp, KJ/BLA

Am Dienstag kehrte die Delegation des FC Bayern München aus dem Trainingslager in Katar zurück. Die meisten Delegations-Mitglieder hatten ziemlich gute Laune. Trainer Pep Guardiola fand die Bedingungen am Golf mal wieder perfekt. Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge musste nicht wie vor drei Jahren teure Uhrengeschenke nachträglich verzollen. Arjen Robben und David Alaba schafften die Rückkehr ins Training, selbst der so lange verletzte Holger Badstuber machte alle Einheiten auf dem edlen Grün der "Aspire Academy for Sports Excellence" mit. Sportlich ist also alles im Lot. Und wenn es nach den Bayern geht, dann ist das der einzige Maßstab für eine Saisonvorbereitung. Rummenigge sprach schon im Dezember das goldene Wort: "Ein Trainingslager ist keine politische Äußerung."

Das sehen selbst die eigenen Fans anders. Sie kritisieren die allzu stark ausgeprägte Bereitschaft der Ober-Bayern, die politische Lage in Katar, die Menschenrechtsverletzungen auf den WM-Baustellen oder die eingeschränkten Rechte von Frauen einfach auszublenden. Seit nun sechs Jahren beruft sich die Münchner Unternehmensspitze bei ihrer Wahl des Vorbereitungscamps in Katar auf die ausgezeichneten Trainingsbedingungen. Und erst neuerdings reagiert sie mit vorsichtiger Einsicht auf die Kritik von Menschenrechts-Organisationen.

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Foto: dpa, geb nic

Rummenigge erklärte: "Wir kommen als Sportler ja immer mit der Botschaft von Integration und freier Lebensgestaltung. Das wissen unsere Partner in Katar. Sie kennen unsere Überzeugungen, zum Beispiel bei der Frage von Arbeiterrechten." Einigen Anhängern ist das nicht genug. Einer sagte stellvertretend im Deutschlandfunk: "Ein Verein muss die Werte leben, die er propagiert." Er tritt aus dem Klub aus, weil er das nicht gegeben sieht.

Den FC Bayern wird das vermutlich nicht aus der Fassung bringen. Seinen im Sommer in die Premier League wechselnden Trainer Pep Guardiola ganz sicher nicht. Ihn hat die politische Großwetterlage in Katar noch nie interessiert. Zum Ende seiner Fußballer-Laufbahn spielte er zwei Jahre für Al-Ahli SC am Golf. Er war maßgeblich daran beteiligt, dass "Qatar" als Werbepartner aufs Trikot des FC Barcelona kam. 170 Millionen Euro zahlte die "Qatar Foundation" dafür. Und er war WM-Botschafter für Katar. Das habe ihm einen Bonus im hohen einstelligen Millionen-Euro-Bereich eingetragen, schrieb die Zeitung "France Football". Dementiert wurde das nicht.

Guardiolas unkomplizierte Beziehung zu den Gastgebern wurde auch dieses Jahr deutlich. In der Königsloge verfolgte er mit hohen Würdenträgern des Emirats das Finale der Tennis-Katar-Open. Willi Lemke, der ehemalige Bremer Bundesliga-Manager und heutige UN-Sonderberater Sport, wünschte sich in der "Welt", "dass Klubs zumindest Fragen stellen und über den Tellerrand hinausschauen". Unpolitisch sei an Guardiolas Besuch in der Loge "gar nichts".

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Foto: dpa, tmn hm

Immerhin hat Bayern Münchens führender Diplomat, Kapitän Philipp Lahm, bereits erkannt, dass öffentliche Äußerungen aufmerksam wahrgenommen werden. Deshalb versprach er, "mit offenen Augen durchs Leben zu gehen". Es sei wichtig, dass über Katar berichtet werde, aber die Frage sei: "Was ist besser: Geht man mit dem Thema offen um und fährt hierhin, oder sagt man: Wir bleiben einfach zu Hause?" Die Antwort gibt er nicht, aber ein jeder hört sie: Besser ist die Reise an den Golf. Ein kritisches Wort zu Menschenrechtsfragen war dennoch nicht zu vernehmen. Das ist kein Wunder, denn mehr als die geschlossene Luxus-Welt ihres Trainingscamps bekamen die Profis nicht vor die offenen Augen.

Matthias Sammer, der als Sportfachmann im Vorstand sitzt, bleibt in dieser Angelegenheit ganz er selbst. Ihm geht die Diskussion mächtig auf die Nerven. In Doha sagte er auf entsprechende Fragen: "Wir haben uns geäußert dazu, aber wir werden uns jetzt nicht noch mal dazu äußern und uns dann zu den Äußerungen, die dazu gekommen sind, noch mal äußern, damit die, die sich geäußert haben, wieder auf die Äußerungen reagieren." So einen Satz muss man erst einmal unfallfrei über die Bühne bringen.

(pet)
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