Bayern-Chef sauer über Länderspiel-Kalender Rummenigge: "Es geht immer mehr um Politik und Finanzen"

München · Sollten Länderspiele großer Fußball-Nationen gegen kleine Länder künftig aus dem Kalender gestrichen werden, um mehr Freiräume zu schaffen? In dieser Frage sind sich auch beim deutschen Branchenprimus aus München nicht alle einig.

Karl-Heinz Rummenigge: Stürmer-Star, Legionär, Bayern-Boss
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Das ist Karl-Heinz Rummenigge

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Foto: dpa/Matthias Balk

Die Debatte um die Sinnhaftigkeit von Länderspielen gegen chancenlose Mini-Fußballnationen wie San Marino spaltet auch den FC Bayern. Während sich Mannschaftskapitän Philipp Lahm am Dienstag für eine Beibehaltung der bisherigen Praxis einsetzte, kritisierte der Münchner Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge den WM-Qualifikationsmodus. "Jetzt spielen wir gegen San Marino, Gibraltar, Kosovo. Da frage ich mich: Wieso gibt es für solche kleinen Länder keine Qualifikation?", sagte Rummenigge in einem Interview der "Sport Bild" und urteilte verärgert: "Wir haben heute rund 40 Prozent mehr Länderspiele als früher."

Rummenigge zeigte Unverständnis dafür, dass kleine Fußballverbände im Grundsatz nach wie vor ebenso große Rechte hätten wie die Top-Nationen. Grund dafür sei, dass die Stimme eines Fußballzwergs im Weltverband Fifa und in der europäischen Fußball-Union Uefa "genauso schwer wiegt wie die deutsche". Es gehe "immer weniger um Sport, sondern immer mehr um Politik und Finanzen", kommentierte Rummenigge.

Lahm, der nach dem absehbaren Ende seiner Karriere selbst als kommender Bayern-Funktionär im Gespräch ist, sieht dagegen einen Anreiz in Spielen mit großem Klassenunterschied. "Ich hab' das schon vor langem gesagt: Es ist immer so, dass kleine Vereine und auch kleine Länder sich auf solche Spiele freuen. Ich glaube für San Marino war es das größte Spiel in diesem Jahr, wenn nicht in den letzten Jahren", sagte Lahm bei einer Veranstaltung der Deutschen Sportlotterie. "Sie haben sich sehr darauf gefreut. Fußball ist Freude, Sport ist Freude - und der sollte im Vordergrund stehen."

Bereits am Montag hatte ein Social-Media-Beitrag von San Marinos Funktionär Alan Gasperoni für einigen Wirbel gesorgt. Er kritisierte Bayern-Profi Thomas Müller für dessen Kommentare in der Frage nach dem Sinn solcher Spiele harsch und ging den WM-Torschützenkönig von 2010 teils persönlich an. Müller hatte nach dem 8:0-Sieg der deutschen Nationalmannschaft in der WM-Qualifikation gegen San Marino gesagt: "Der Romantiker sagt, solche Fußballspiele gehören auch dazu. Andererseits ist es als Spieler sehr mühsam. Sie haben alles getan, was in ihren Mitteln möglich war. Aber mit professionellem Fußball hatte das nichts zu tun."

Gasperoni wies darauf hin, dass Müller es nicht geschafft habe, gegen den 201. der Weltrangliste selbst zu treffen. Das Spiel habe gezeigt, dass sich die Deutschen niemals ändern würden, auch wenn die Geschichte sie gelehrt habe, dass Tyrannei nicht den Sieg garantiere. Die Weltmeister würden zwar in den schönsten Trikots spielen, doch sie seien weiterhin diejenigen, "die immer weiße Socken in den Sandalen tragen".

Bundestrainer Joachim Löw nahm Müller daraufhin in Schutz. "Natürlich sind unsere Spieler normalerweise ganz anderes gewöhnt, erstens von der Kulisse und zweitens von Gegnern, die auf höchstem Niveau agieren in der Liga und auch in der Champions League", meinte Löw zur unterdurchschnittlichen Leistung der San-Marino-Kicker. "Von daher waren sie auch chancenlos und Thomas Müller hat Recht, dass es nicht ein professioneller Gegner war, der große Gegenwehr leisten kann."

(seeg/sid)
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