Nachfolger von Uli Hoeneß Adidas-Chef führt Bayern-Aufsichtsrat

München · Der 59-jährige Herbert Hainer ist einstimmig "bis auf Weiteres" zum neuen Chefkontrolleur der FC Bayern AG gewählt worden.

Das ist Herbert Hainer
8 Bilder

Das ist Herbert Hainer

8 Bilder

Herbert Hainer war ein schlechter Schüler. Er hatte, so ist es überliefert, nur Fußball im Kopf. Sein ausgeprägter Wunsch nach einer Profilaufbahn in dieser Branche hielt sich hartnäckig. Tatsächlich reichte es aber nur zu Einsätzen für Klubs aus der niederbayerischen Provinz. Als junger Mann stürmte er für den FC Ottering; der Klub schaffte es einmal sogar in die erste Runde des DFB-Pokals. Sein jüngerer Bruder Walter dagegen absolvierte als Libero bei 1860 München drei Bundesliga-Partien. Gestern Vormittag ist Herbert Hainer, der Vorstandschef von Adidas, zum mächtigsten Mann beim übermächtigen Stadtrivalen FC Bayern München aufgestiegen. Wie der Verein in einer Mitteilung verlauten ließ, soll Hainer "bis auf Weiteres" die Aufgabe des Chefkontrolleurs beim deutschen Rekordmeister übernehmen.

Das alles geschieht nicht zufällig. Es gab keine Machtkämpfe um die Nachfolge von Uli Hoeneß in den Spitzengremien des Vereins. Hoeneß selbst hat seine Nachfolge in den vergangenen Wochen akkurat vorbereitet. Sein Wunschkandidat soll Karl Hopfner gewesen sein. Doch der frühere Finanzvorstand und Vizepräsident scheute die Aufgabe, weil er aus gesundheitlichen Gründen kürzertreten wollte. Nun hat er sich darauf eingelassen, übergangsweise für Hoeneß zum Präsidenten des Stammvereins aufzurücken.

Die Macht beim FC Bayern konzentriert sich im Aufsichtsrat. Hainer ist dort schon seit geraumer Zeit Mitglied. Denn Adidas ist mit 8,3 Prozent am Champions-League-Sieger beteiligt. Anteile in gleicher Höhe halten auch die Volkswagen-Tochter Audi sowie die Allianz. Die anderen Konzerne haben die Personalie deshalb schnell abgehakt, weil sie nach der desaströsen Außendarstellung vor allem darum bemüht sind, den entstandenen Imageschaden aufgrund ihrer zögerlichen Haltung im Fall Hoeneß in engen Grenzen zu halten.

Fall Uli Hoeneß: "Man hat das Gefühl, seine Hand schütteln zu wollen"
Infos

Fall Uli Hoeneß: "Man hat das Gefühl, seine Hand schütteln zu wollen"

Infos
Foto: afp, iw

Hainer, Sohn eines Metzgers, trat nach dem Studium 1979 beim Konsumgüterhersteller Procter & Gamble an. 1987 wechselte er zu Adidas, wo er zehn Jahre später in den Vorstand aufrückte. An der Spitze des Konzerns stand zu dieser Zeit der inzwischen verstorbene Franzose Robert Louis-Dreyfus. Eben dieser Dreyfus, so kam heraus, hatte seinem Freund Hoeneß damals einen 20-Millionen-Mark-Kredit gewährt — mit dem Hoeneß munter an der Börse zockte.

Seit 2001 lenkt Hainer die Geschicke des Dax-Unternehmens. Ihm gelang es, den Börsenwert zu verfünffachen und den Umsatz von knapp sechs auf 14,5 Milliarden Euro zu steigern. 2013 erzielte das Unternehmen einen Rekordgewinn von 839 Millionen Euro. Erst vor wenigen Tagen hat er seinen Vertrag mit dem Unternehmen aus Herzogenaurach bis 2017 verlängert.

Wie lange sein Engagement bei den Bayern währt, ist derzeit nicht absehbar. Mittelfristig gilt Karl-Heinz Rummenigge als Wunschkandidat für den Posten. Doch der 58-Jährige war noch nicht bereit, auf seine gut dotierte Stelle als Vorstandsvorsitzender der Münchner zu verzichten und stattdessen ins Ehrenamt zu wechseln.

"Er ist wesentlich mit dafür verantwortlich, dass der FC Bayern zu einem der sportlich und wirtschaftlich erfolgreichsten und attraktivsten Vereine der Welt geworden ist", sagte Hainer über seinen Vorgänger Hoeneß — nicht nur eine dieser branchenüblichen Floskeln, sondern Ausdruck tiefer Verbundenheit.

An der Säbener Straße, dem Sitz der Geschäftsstelle des Vereins, beginnt nun eine neue Zeitrechnung — nach mehr als 40 Jahren mit Hoeneß in gewichtiger Position. Bayern-Star Franck Ribéry meldete sich zu Wort und fabulierte: "Er ist so wichtig für uns, er ist so wichtig für den Verein." So, als habe es nie ein Urteil und einen Rücktritt gegeben. Man kann sich nur schwer vorstellen, dass der Rücktritt von Hoeneß tatsächlich eine Zäsur darstellen soll, es klingt mehr nach nur einer Trennung auf Zeit.

Finanziell und sportlich steht der Klub mit einem Jahresumsatz von mehr als 430 Millionen Euro jedenfalls so gut da wie nie in der 114-jährigen Vereinsgeschichte, "wie im Traum", hatte Hoeneß vor Tagen erst betont. Er selbst durchlebt eher einen Alptraum.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort