Sandro Wagner Der Heimkehrer

München/Düsseldorf · Sandro Wagner ist gebürtiger Münchner. Nach einer wechselhaften Karriere steht er wieder bei Bayern unter Vertrag. Ob er dort viel spielen wird, ist fraglich.

Bundesliga: Diese Stürmer kehrten im Karriereherbst zurück zur ersten Liebe
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Diese Stürmer kehrten zurück zur ersten Liebe

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Foto: dpa, bw_gr wst

Im Sommer 2012 hatte Sandro Wagner seine Zukunft hinter sich. Wieder einmal. Mit dem 1. FC Kaiserslautern war er aus der Bundesliga abgestiegen, und weil er vom SV Werder Bremen in die Pfalz ausgeliehen war, kehrte er ins Vorbereitungstraining nach Bremen zurück. Doch dort bedeuteten ihm die Vereinsoberen, dass seine Dienste nicht mehr benötigt würden. Sie schickten ihn zur zweiten Mannschaft. Drei Jahre nachdem er mit einer neuen goldenen Generation des deutschen Fußballs an der Seite von Mesut Özil, Sami Khedira, Manuel Neuer, Benedikt Höwedes, Jerome Boateng und Mats Hummels die U-21-Europameisterschaft gewonnen hatte, war der Mittelstürmer ganz unten.

Es sah auch in den Folgejahren nicht unbedingt so aus, als solle Wagner noch mal so richtig ins Rampenlicht treten. Als seine ehemaligen Kollegen aus dem U-21-Team mit der großen A-Mannschaft Weltmeister wurden, schickte ihn sein Arbeitgeber Hertha BSC in die zweite Mannschaft. Vier Jahre darauf ist Wagner Nationalspieler und Angestellter des FC Bayern München, also fast ganz oben. "Das ist der beste Verein in Deutschland und einer der besten der Welt", sagte der Stürmer. Und da wollte gewiss niemand widersprechen.

Das war auch schon mal anders bei Wortbeiträgen des 1,94 m großen Kerls mit dem großen Mundwerk. Er hatte mit seinen Toren für Darmstadt 98 gerade zum wahrlich sensationellen Klassenerhalt beigetragen, da zog es ihn 2016 zu 1899 Hoffenheim. Und weil er auch dort viel regelmäßiger traf als in der zurückliegenden, eher wechselhaften Profi-Karriere, stellte Wagner fest: "In meinen Augen bin ich seit einiger Zeit der beste deutsche Stürmer." Bis heute hört man das tiefe Seufzen der Ohrenzeugen.

Bundestrainer Joachim Löw überhörte die Bewerbung um ein Amt in seinem Team. Der oberste Übungsleiter der Nation findet Lautsprecher verdächtig, und er lässt sich Ansprüche immer noch am liebsten nur durch Leistungen auf dem Platz vortragen. Athleten wie Michael Ballack werden das bestätigen können. Er hatte ebenfalls eine große Klappe, die ihm irgendwann zum Verhängnis wurde. Weil Ballack allerdings einige Jahre auf Weltklasse-Niveau spielte, fiel er bei Löw erst durch den Rost, als die Leistungen mit den öffentlichen Ansprüchen nicht mehr übereinstimmten. Aber das ist eine andere Geschichte.

Wagner schaffte es trotzdem in die DFB-Auswahl. Löw bescheinigte ihm nach Auftritten gegen das kleine Dänemark und den Riesenzwerg San Marino: "Er hat bei den Spielen einen großen Schritt nach vorn gemacht. Er war sehr präsent im Strafraum mit seiner Kopfballstärke und Kraft." Beim 7:0 gegen San Marino erzielte der Stürmer drei Tore. Und sogar bei Löw bemisst sich der Erfolg von Mittelstürmern zumindest zum Teil in Treffern.

Außerhalb des Rasenvierecks fuhr Wagner seine Werbekampagne in eigener Sache zurück. Er pflegte nun den artigen Tonfall der DFB-Kollegen. "Es war ein schöner Abend", sagte er nach dem Auftritt gegen San Marino in Nürnberg, "ich werde mich weiter anbieten, wenn Jogi Löw ruft, will ich da sein." Dass ein entsprechender Ruf nur bei weiteren Empfehlungen im Klub ergehen würde, wusste Wagner. "Wenn ich im Verein keine Tore mache, lädt mich nicht mal San Marino für ein Länderspiel ein", erklärte er. Und als er munter in die Runde schaute, haben alle herzlich gelacht.

Nur wenige konnten sich im Juni 2017 vorstellen, dass Wagner seine Bewerbungstore für Löws WM-Aufgebot ab Januar 2018 für die Bayern liefern muss. Vielleicht nicht einmal der Stürmer selbst. Er kennt sich in seiner Geburtsstadt München zwar bestens aus, schließlich wohnt seine Familie noch immer dort. Und er spielte elf Jahre als Jugendlicher und Jung-Profi für die Bayern. Das ist allerdings nicht der Grund dafür, dass Wagner mit 30 Jahren zurückkehrt an die Stätte seiner Jugend.

Er ist der Ersatzmann für Robert Lewandowski. 13 Millionen Euro Ablösesumme war es den Bayern wert, künftig einen gelernten Mittelstürmer auf der Bank zu haben, den sie bringen können, wenn es beim Weltklassemann Lewandowski zwickt. Das wiederum geschieht nicht oft. Und Lewandowski ist nicht bekannt dafür, ein Anhänger längerer Spielpausen zu sein. Sein Trainer Jupp Heynckes zeigte beim Rückrundenstart in Leverkusen, was geschehen kann, wenn Lewandowski mal nicht so fit ist. Er stellte Thomas Müller in die Spitze. Wagner spielte nur ein paar Minuten. Aufs Tor schoss er nicht.

(pet)
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