1. FC Köln kündigt Protest an Schon jetzt ein Fußballabend für die Geschichtsbücher

Dortmund · Der Sonntagabend und seine Folgen werden wegweisend sein für die Zukunft des kontrovers diskutierten Videobeweises. Der 1. FC Köln legt Protest gegen die Spielwertung der Bundesliga-Partie bei Borussia Dortmund ein.

Borussia Dortmund - 1. FC Köln: Sokratis-Treffer wird nach Videobeweis anerkannt
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Sokratis-Treffer wird nach Videobeweis anerkannt

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Foto: ap, mm

Der BVB hatte das Abschlussspiel des vierten Spieltags mit 5:0 gewonnen. Stein des Anstoßes ist dabei das 2:0. Die Kölner Verantwortlichen sehen darin einen klaren Regelverstoß. "Wir geben den Spielberichtsbogen nicht frei und werden Protest einlegen", sagte Kölns Geschäftsführer Jörg Schmadtke.

Was war passiert? In der Nachspielzeit der ersten Hälfte gibt es Ecke für Borussia Dortmund. Andrey Jarmolenko bringt den Ball in die Mitte. BVB-Verteidiger Sokratis geht zum Ball und rempelt dabei Kölns Dominique Heintz in Torhüter Timo Horn, der den Ball fallen lässt. Sokratis schiebt ein. Schiedsrichter Patrick Ittrich pfeift. Er hat ein Foulspiel am Torwart erkannt. Doch Videoschiedsrichter Felix Brych meldet sich aus seinem Kölner Büro und sagt Ittrich auf die Kopfhörer, dass kein Foulspiel vorlag. Ittrich gibt den Treffer schließlich doch — mit dem Halbzeitpfiff. Schmadtke und Trainer Peter Stöger beschweren sich noch auf dem Rasen bei ihm.

Schmadtke sieht zwei Fehler

"Es liegen zwei Fehler vor", erklärt Schmadtke. "Der Pfiff erfolgte, bevor der Ball die Linie überquert hatte, damit ist das Spiel unterbrochen. Somit liegt ein klarer Regelverstoß vor. Zudem darf der Videoschiedsrichter gar nicht eingreifen, da es keine Fehlentscheidung war." In der Tat: Der Videoassistent darf nur klare Fehlentscheidungen korrigieren. Schmadtke erklärte, auf den Fernsehbildern sei klar zu sehen und hören, dass der Pfiff vor dem Tor erfolgt war. Die Kölner Verantwortlichen haben nun zwei Tage Zeit, ihr Protestschreiben an den Deutschen Fußball-Bund (DFB) zu formulieren.

Für Leonardo Bittencourt gibt es keine zwei Meinungen. "Der Schiedsrichter pfeift klar vorher ab. Macht dann einen Videobeweis. Die kennen selber ihre Regeln nicht. Und wenn wir sie darauf hinweisen, lassen sie auch nicht mit sich reden", sagte der Kölner Mittelfeldspieler. "Dann gehst du mit 0:2 in die Halbzeit. Ein 0:1 in Dortmund ist schon schwer. Aber dann überlegt mal, wie es ist mit 0:2, und du weißt ganz genau, dass der Treffer hätte nicht zählen dürfen."

Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke sieht "schlechte Verlierer" und kontert: "Wenn sie es wollen, sollen sie es auch tun. Die Szenen wurden richtig bewertet."

Möglich wäre nun die Ansetzung eines Wiederholungsspiels. "Ja", sagte Schmadtke. "Ich glaube nicht, dass das Spiel für uns gewertet wird. Trainer Stöger begrüßt die Entscheidung des Geschäftsführers: "Nachdem ein Foulspiel gepfiffen wurde, gibt es kein Tor mehr. Da gibt es keine Nachfrage mehr." Für Stöger ist der Protest wichtig, auch, falls es nicht zum Wiederholungsspiel kommen sollte. "Das muss man durchdiskutieren. Auch damit man weiß, was zukünftig auf anderen Plätzen passiert. Ein paar Dinge sollte man schon ganz klar festlegen", sagte der Trainer, der genau wie Schmadtke noch mal betonte, eigentlich Befürworter des Videoschiedsrichters zu sein. Die Chancen auf einen Erfolg des Protests wollten beide zu diesem Zeitpunkt nicht bewerten.

Schiedsrichter Ittrich hat unterdessen eine Stellungnahme zur umstrittenen Szene abgelehnt. Mit Verweis "auf ein laufendes Verfahren" dürfe und werde er sich nicht äußern, sagte der Referee aus Hamburg am Sonntagabend.

Erinnerungen an 1997

In der Historie der Bundesliga gab es bereits einen ähnlichen Fall. Schiedsrichter Michael Malbranc hatte 1997 ein Tor des Karlsruhers Sean Dundee gegeben, obwohl er eine Sekunde zuvor vorher deutlich vernehmbar ein Foulspiel von Abedi Pelé (1860 München) abgepfiffen hatte. Die DFB-Juristen ordneten ein Wiederholungsspiel an. Der Weltverband Fifa rügte jedoch den DFB und hob das Urteil kurz darauf wieder auf.

Dass am Sonntag auch Fußball gespielt wurde, interessierte nach der Partie kaum einen mehr. Selbst die Fans der bevorteilten Dortmunder hatten sich bereits während des Spiels mit dem Effzeh solidarisiert und sich generell gegen den Videobeweis positioniert. "Ihr macht unseren Sport kaputt", hallte es von der Südtribüne — zur Halbzeit und in der 59. Minute. Da hatte der Videoschiedsrichter erneut eingegriffen. Brych gab den Hinweis auf ein Handspiel im Strafraum von Kölns Lukas Klünter. Dieses Mal war der Eingriff von außen klar nachvollziehbar. Pierre-Emerick Aubameyang erhöhte vom Punkt auf 3:0. Nur zwei Minuten später traf der Gabuner mit seinem vierten Saisontor auf 4:0.

Auch, dass Zugang Maximilian Philipp mit dem 1:0 (2.) und 5:0 (69.) seine ersten beiden Ligatreffer für Dortmund erzielte, war nur eine Randnotiz an einem Fußballabend für die Geschichtsbücher — egal, wie das Urteil des DFB ausfällt.

(erer)
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