Vizemeister im Abstiegskampf Freiburg wird zur Nagelprobe für den BVB

Dortmund/Düsseldorf · Nach zwei Rückrundenspielen sitzt Borussia Dortmund auf dem letzten Platz fest. Jetzt geht's zum Abstiegs-Duell nach Freiburg. Dort geht es auch um Jürgen Klopps Zukunft.

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Jetzt gibt es auch Pfiffe. Das ist das nächste Alarmzeichen in einer ohnehin alarmierenden Entwicklung bei Borussia Dortmund. Selbst auf der Südtribüne, dem Treffpunkt der treuesten Fans, machte sich nach dem nächsten Rückschlag der Unmut lautstark Luft. 0:1 verlor der Champions-League-Finalist von 2013 gegen den FC Augsburg. Selbst in 30-minütiger Überzahl gelang dem BVB kein vernünftiger Auftritt. Und sein Trainer Jürgen Klopp wirkt zunehmend kraft- und mutlos.

Borussia Dortmund wird zu einem ganz normalen Abstiegskandidaten. Das feste Band zwischen den Anhängern und der Mannschaft zeigt erste bemerkenswerte Verschleißerscheinungen. Zu lange warten die Fans darauf, dass ihr Team zumindest mal in die Nähe der eigenen Ansprüche kommt. Und im üblichen Reflex mahnt der Anhang nun die richtige Einstellung zum Existenzkampf an. "Wir woll'n euch kämpfen sehen!", schallte es von der Tribüne — zum ersten Mal seit längst überwunden geglaubten Zeiten.

Torwart Roman Weidenfeller leistete noch verzweifelte Überzeugungsarbeit am Zaun, der die geballte Wut vom Spielfeld trennt. Vergeblich. Wenn die westfälische Borussia nicht bald Taten liefert, kommt es bestimmt zur nächsten Eskalationsstufe, der andernorts beliebten Blockade des Mannschaftsbusses und der Aufkündigung aller Gemeinsamkeiten im nicht minder stereotypen "Wir sind Dortmunder und ihr nicht"-Ruf.

Die nächste Bundesliga-Partie wird bereits zur Nagelprobe für alle Beteiligten. In Freiburg muss ein taugliches Ergebnis her. Das weiß Klopp. Und er weiß auch, dass ihm nicht mehr viele Möglichkeiten zur Trendwende bleiben. Zum Ende einer bestürzenden Hinrunde war Klopp der Erste, der den Kampf um den Klassenerhalt zum Saisonziel erhob. Die Öffentlichkeit nahm es als Beweis von übertriebener Bescheidenheit. Und auch in der Mannschaft schien der Glaube an die eigene, noch verborgene Klasse verbreiteter als irgendwie geartete Existenzangst.

Im Wintertrainingslager schuf Klopp mit seinen Assistenten die körperlichen Grundlagen für eine Aufholjagd. Jetzt muss er feststellen, dass der Körper allein kein Spiel gewinnt. "Das Problem liegt in den Köpfen", sagte er. Der Dortmunder Absturz beweist (mal wieder), dass fußballerische Klasse auch eine Frage des Selbstvertrauens ist. Inzwischen hat die Verunsicherung offenbar die Mannschaft ergriffen, sie spielt weit unter ihrem Niveau, nachdem sie sich im Doppelpass mit der Öffentlichkeit viele unzureichende Leistungen der Hinrunde noch zurechtgelogen hatte.

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Ein besonderes Dortmunder Problem ist der äußerst enge Zusammenhang des Teams mit dem Coach. So wie die Mannschaft in ihren besten Zeiten die positive Leidenschaft ihres Trainers mit Urgewalt auf den Platz brachte, so nimmt sie dessen zunehmend niedergeschlagene Körpersprache zumindest wahr. Klopp war einstweilen der positive Energiezufluss für die BVB-Fußballer. Es ist eine unbeantwortete Frage, ob er den Akku noch mal nachladen kann. Er werde nicht nach zwei Spielen aufgeben, hat er nach der Niederlage gegen Augsburg gesagt. Aber schon eine weitere Niederlage in Freiburg kann das gesamte Dortmunder Modell gefährden.

Denn es ist in erster Linie ein Modell Klopp. Das haben auch die Fans immer so gesehen. Mit dem Liebesentzug für die Spieler strafen sie Klopp — und dessen in Treue verbundene Klubfunktionäre (Aki) Watzke und (Susi) Zorc. Geschäftsführer und Manager haben bislang nicht erkennen lassen, dass sie den Branchenreflexen folgen und den Trainer entlassen wollen. Über seine Zukunft entscheidet Klopp allein. Das macht alles nicht leichter. Sicher aber spielt die Mannschaft in Freiburg auch um seine Zukunft.

Nach den Gesetzen der Zunft muss den Spielern weniger bange um ihre eigene Zukunft sein, jedenfalls den hochdekorierten nicht. Deren Berater sondieren gewiss schon den Markt.

(RP)
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