Zoff bei Borussia Dortmund Watzke und Tuchel kurz vor der Trennung

Dortmund · Drei Wochen vor dem Saisonende beim DFB-Pokalfinale macht Borussia Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke das Zerwürfnis mit Trainer Thomas Tuchel öffentlich.

Das Verhältnis zwischen Trainer Thomas Tuchel und Vereinsboss Hans-Joachim Watzke soll nachhaltig beschädigt sein.

Das Verhältnis zwischen Trainer Thomas Tuchel und Vereinsboss Hans-Joachim Watzke soll nachhaltig beschädigt sein.

Foto: dpa, gki kno hak

Gestern um die Mittagszeit kletterte der Wert der BVB-Aktie auf ein 15-Jahreshoch. Das Papier wurde für 6,10 Euro gehandelt - bei einem Ausgabepreis von elf Euro sank es zu den schlechtesten Zeiten mal auf unter einen Euro. Die Börse scheint also vielversprechend zu finden, was sich bei Borussia Dortmund zurzeit tut.

Zumindest herrschen beim zweitgrößten deutschen Fußballunternehmen klare Verhältnisse. Diese Einsicht haben die Börsenspekulanten in erster Linie dem BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke zu verdanken. Er hielt es für angezeigt, das Zerwürfnis mit Trainer Thomas Tuchel in einem Interview öffentlich zu machen.

Das wirkte wie eine Retourkutsche. In den Wochen nach dem Mordanschlag auf die Mannschaft beanspruchte Tuchel die Hoheit über die öffentliche Meinung. Der Trainer hatte sich darüber beklagt, dass weder er noch die Spieler über die schleunige Neuansetzung des Champions-League-Spiels gegen AS Monaco mitentscheiden durften. Sie seien nicht einmal gehört worden, sagte Tuchel. Natürlich durfte er sich des Mitgefühls der Fußball-Welt gewiss sein in seiner Empörung über die kalte Welt des Profisports. Watzke behauptet das Gegenteil - ebenso wie Präsident Reinhard Rauball. Plötzlich steht Tuchel allein da. Umso mehr, als die "Süddeutsche Zeitung" einen Spieler anonym zitiert, der von einer vermeintlichen "Vermenschlichung" im Umgang mit seinem Übungsleiter nichts wissen will.

Der kühle Perfektionist Tuchel hat offenbar im Verein, der im seltsamen Spagat zwischen Börsenhandel und traditionsgetriebenen Männerfreundschaften steht, keine prominenten Fürsprecher mehr. Watzkes Verhältnis zum Trainer gilt als äußerst schwierig. Ganz anders als beim Vorgänger Jürgen Klopp. Der bediente mit Watzke und Sportdirektor Michael Zorc gekonnt das Image der besten Kumpels.

Zu Tuchel pflegte Watzke von Anfang an ein eher geschäftliches Verhältnis. Und der an Außenwirkung sehr interessierte Klubchef hat dem Coach sicher nicht verziehen, dass er gleich mehrmals ordentlich vorgeführt wurde. So sperrte Tuchel wegen unterschiedlicher Auffassungen über einen Spielertransfer den Chefscout Sven Mislintat vom Trainingsgelände aus. Ein erstaunlicher Akt, auf den die Klubführung mit einer förmlichen Beförderung für Mislintat reagierte, den sie in den Rang eines "Leiters Profifußball" erhob. Nach der Niederlage in Darmstadt sprach der Trainer seiner Mannschaft die Befähigung zu größeren Leistungen ab und machte die Klubführung und ihr Transfermodell dafür verantwortlich. Damals schwieg Watzke lautstark.

Vielleicht ist ihm der Kragen geplatzt, weil Tuchels Darstellung der Ereignisse um den Anschlag aufs Team tatsächlich falsch ist, und weil er es nicht auf sich sitzen lassen will, als eiskalter Geschäftsmann eines Projekts mit dem schönfärberischen Titel "Echte Liebe" dazustehen. Auf jeden Fall hat Watzke deutlich gemacht, dass die Zeichen auf Trennung stehen. Dazu passt, dass der Geschäftsführer gern betont, die Gespräche über eine Fortführung der Zusammenarbeit würden trotz eines Vertrags bis 2018 auf Wunsch des Trainers im Sommer geführt. Ein Nachfolger könnte bereit stehen. "Bild" berichtet von Kontakten zu Lucien Favre. Von dem weiß man aus Gladbacher Zeiten, dass er Spieler besser machen kann. Man weiß aber auch, dass er alle drei Monate verzweifelt mit dem Rücktritt droht. Allerdings nur intern.

(pet)
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