BVB-Profi will nach München Mats Hummels in Erklärungsnot

Dortmund · Nach der Bitte um Freigabe für einen Wechsel zum FC Bayern tritt Mats Hummels heute im Spiel gegen Wolfsburg vor die Dortmunder Fans. In sozialen Netzwerken wird ihm Scheinheiligkeit vorgeworfen.

Wechsel zwischen Borussia Dortmund und Bayern München
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Foto: dpa, geb kno

Es gibt diese Sätze, die einen wieder einholen. Bei Mats Hummels ist es in diesen Tagen vor allem eine Aussage aus dem Jahr 2013. "Ich verstehe ihn nicht. Es gibt keinen Grund, uns zu verlassen", hatte er damals gesagt. Und: "Ich muss nicht unbedingt in der besten Mannschaft der Welt spielen, nur um eine relative Garantie auf Titel zu haben." Hummels bezog seine Vorwürfe auf Mario Götze. Der Jungstar hatte überraschend seinen Abgang aus Dortmund bekanntgegeben. Und das ausgerechnet zum Klassenfeind in der Fußball-Bundesliga, zum FC Bayern München.

Nun, drei Jahre später, will Hummels den Klub verlassen. Auch er möchte sein sportliches Glück in München suchen. Hummels hat BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke um die Freigabe gebeten. Heute wird der 27-Jährige die Reaktion auf diese Entscheidung zu spüren bekommen. Von den Dortmunder Fans unter den 81.359 Zuschauern beim Heimspiel gegen den VfL Wolfsburg (15.30 Uhr).

Heftige Reaktionen bei den Fans

"Eine Enttäuschung ist damit verbunden", kommentierte Trainer Thomas Tuchel den Wechsel. "Judas", "Verräter", "Heuchler" - die Urteile der Fans in sozialen Netzwerken im Internet sind deutlicher. Oft fällt das Wort "Scheinheiligkeit". Ausgerechnet er. Der Kapitän, der den Vereinswerbeslogan "Echte Liebe" bisher mit Leben füllte, fällt den Fans in den Rücken. Unter die Enttäuschung mischt sich in den Kommentaren aber auch Angst. Und die hat nur bedingt etwas mit Hummels' Wankelmut zu tun. Vielmehr ist der sich anbahnende Wechsel für die Anhänger eine Art Vorentscheid im Rennen um die Meisterschaft 2017. Gerade hatte der BVB nach einem "Seuchenjahr" (Ex-Coach Jürgen Klopp) in der Saison 2014/15 wieder zu den Bayern aufgeschlossen. Auch wenn die Meisterschaft eigentlich nie realistisch erschien, blieb man in Schlagdistanz. Zudem gibt es ja noch das Pokalfinale am 21. Mai, um dem Primus mal wieder richtig eins auszuwischen.

Nun ist die Gefühlslage plötzlich eine andere. Der wunde Punkt der Bayern liegt in der Defensive. Dass die Münchner neben Jerome Boateng einen zweiten Innenverteidiger von Weltklasseformat holen, ist logisch. Und nun versuchen sie eben das, was sie immer machen, wenn ein Konkurrent sich aufmacht, ihre Dominanz zu untergraben: Sie stärken sich und schwächen den Gegner. Für Dortmund dürfte Hummels' Abgang sportlich ein größerer Verlust als der von Götze und Robert Lewandowski (2014) darstellen. Kommt der Wechsel zustande, muss nicht nur ein erstklassiger Innenverteidiger, sondern auch eine Führungsfigur ersetzt werden.

Noch sei aber "nicht gesagt, dass Mats nicht im nächsten Jahr weiterhin in unserem Trikot spielt", sagte Hans-Joachim Watzke der "Süddeutschen Zeitung". Diese Aussage ist faktisch richtig - Hummels hat einen Vertrag bis 2017 - dient aber wohl vor allem der Verhandlungsposition. 30 Millionen Euro sind als Ablöse im Gespräch. Zudem könnte eine Rückkehr von Mario Götze, an der der BVB gesteigertes Interesse haben soll, verrechnet werden.

Umbruch beim BVB

Generell bahnt sich bei der Borussia im Sommer ein mittelschwerer Umbruch an. In Ilkay Gündogan (Manchester City) steht ein weiterer Akteur vor dem Absprung. Gerüchte um Henrikh Mkhitaryan (FC Chelsea, Juventus Turin) und Pierre-Emerick Aubameyang (Real Madrid) halten sich hartnäckig. Auch Neven Subotic, zweiter Innenverteidiger neben Hummels in den Dortmunder Meisterjahren 2011 und 2012, liebäugelt mit einem Wechsel zum FC Liverpool und Jürgen Klopp. Geld für Zugänge hat der BVB durch Transfer- und gesicherte Champions-League-Einnahmen genug. Sportdirektor Michael Zorc hat nun den Druck, seine Erfolgsquote bei Transfers zu optimieren. Watzke glaubt fest daran: "Wir haben seit fünf Jahren gezeigt, dass wir alle Spieler ersetzen können. Borussia Dortmund ist kein Thema von Einzelschicksalen."

Die Offiziellen sind ohnehin bemüht, die Aufregung auf ein Mindestmaß zu drücken: "Ich verstehe, dass viele Fans enttäuscht sind. Mir geht es ja ganz genauso. Dennoch ist es mir wichtig festzustellen, dass Mats sich tadellos verhalten hat. Er war zu jeder Zeit offen und ehrlich zu uns", ließ Watzke wissen. Der Geschäftsführer trifft diese Aussage auch mit Kalkül. Es braucht Ruhe im Umfeld, um Ziele zu erreichen. Und ein großes hat Borussia in dieser Saison noch: die Bayern schlagen, im Pokalfinale - mit Mats Hummels im schwarz-gelben Trikot.

(erer)
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