Champions League Am Boden

Dortmund · Im Viertelfinale der Champions League sind die Bayern mal wieder der einzige deutsche Klub. Woran liegt das?

In Dortmund war wieder Zeit für die ehernen Wahrheiten des Fußballsports. "Wer nicht schießt, der kann nicht treffen", sagte BVB-Trainer Jürgen Klopp nach der bescheidenen Vorstellung seiner Mannschaft im Achtelfinal-Rückspiel der Champions League gegen Juventus Turin. Sein Team hatte nicht geschossen, deshalb auch nicht getroffen, und weil der Gegner nicht nur in dieser Hinsicht deutlich besser war, stand am Ende eine 0:3-Niederlage. Dortmund ist ausgeschieden. Und Klopp sprach eine weitere Wahrheit aus: "Wir haben keine Berechtigung mehr mitzuspielen."

Borussia Dortmund: Carlos-Tevez-Traumtor schockt  BVB nach 130 Sekunden
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Tevez-Traumtor schockt den BVB nach 130 Sekunden

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Es ist kein Trost, dass die meisten deutschen Mitbewerber in der Meisterklasse des europäischen Fußballs zu einer vergleichbaren Einschätzung gelangen müssen. Neben den Dortmundern, vor knapp zwei Jahren noch im Endspiel von Wembley, schauen auch Bayer Leverkusen und Schalke 04 im Viertelfinale nur noch zu. Von vier deutschen Startern ist allein Bayern München im Lostopf für die Runde der letzten Acht. Das ist nicht ungewöhnlich. Für die Münchner ist es die achte Viertelfinal-Teilnahme seit 2005, und sechsmal waren sie die letzten Aufrechten aus der Bundesliga.

Das ist wahrscheinlich nicht mal den Bayern recht. Aber die größere Grübelei über diese weitere Wahrheit im deutschen Fußball sollte bei den sogenannten Konkurrenten der Münchner ausbrechen. Schalke hat 2011 in der entscheidenden Phase der Königsklasse mal vorbeigeschaut, Dortmund schien auf dem Weg, sich auch international als zweite deutsche Kraft zu etablieren. Aber das Fußball-Revier schwächelt.

Genau wie Leverkusen, das sich die knappe Niederlage von Madrid und die schlappe Vorstellung seiner Offensivabteilung schönzureden versucht, sind Münchens deutsche "Mitbewerber" an einem Phänomen gescheitert, das auch den Alltag der Bundesliga prägt. Bereitwillig wird die wirtschaftliche Entwicklung der deutschen Eliteklasse gefeiert, aber wachsende Einnahmen führen nicht überall zu steigenden Ansprüchen. Es ist ein Armutszeugnis für vermeintliche Spitzenteams, sich für torlose Unentschieden oder knappe Niederlagen gegen die Bayern zu feiern. Und es ist ein trauriger Nachweis mangelnder internationaler Klasse, wenn Schalke sich im Hinspiel Real Madrid ergibt, wenn Dortmund gegen Juventus Turin in zwei Spielen eine gute Torchance hat, wenn Leverkusen bei Atletico Madrid erst in der Verlängerung zum ersten Mal aufs gegnerische Tor schießt (vom peinlichen Elfmeter-Verschießen ganz abgesehen).

Die deutschen Viertelfinalisten in der Königsklasse
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Richtig selbstkritische Töne kommen allein aus Dortmund. "In den entscheidenden Momenten fehlt uns die Kompromisslosigkeit", räumte Trainer Klopp ein. Er muss sich schon jetzt damit abfinden, dass es nächste Saison keinen Champions-League-Fußball mit dem BVB geben wird. In den internationalen Fußball kann es noch über den DFB-Pokal gehen, in der Bundesliga scheint der Weg bis zu Europa-League-Plätzen zu weit. Statt sich weiter in der Rolle des natürlichen Bayern-Jägers einzurichten, muss die westfälische Borussia in der nationalen Liga erst einmal Bestandssicherung betreiben. Zumindest vorübergehend verbieten sich die großen Träume. Das liegt auch an erstaunlichen Schwächen der Großverdiener im Team, wenn es darauf ankommt.

Marco Reus ist das wichtigste Beispiel für die Kluft zwischen Können und Leistung. Der vielleicht begabteste deutsche Offensivspieler ging nicht nur im Rückspiel gegen Juventus völlig unter. Fans mit einem guten Erinnerungsvermögen haben nicht vergessen, wie matt er im DFB-Pokal-Finale gegen die Bayern (0:2) auftrat. Wohlmeinende Kritiker begründen solche Belege des Versagens mit der sensiblen Persönlichkeit des Spielers. Bei Vertragsabschlüssen ist von derartiger Feinfühligkeit weniger zu erkennen. Auch Reus muss in der nächsten Saison dem eigenen Anspruch gerecht werden. Ob Dortmund dann wieder die Rolle der zweiten Kraft hinter den Bayern einnehmen kann, ist derzeit eine offene Frage.

Denn im Norden wird mit viel VW-Geld an einem vielleicht ernsthaften Bayern-Konkurrenten gebastelt. Der VfL Wolfsburg hat zum Rückrunden-Auftakt durch das 4:1 gegen die Münchner ein Ausrufezeichen gesetzt. Und er verhüllt seine Ziele nicht in allzu vornehmer Bescheidenheit. Er steht aber erst am Anfang seiner Entwicklung. Das Maß der Dinge ist auf nicht absehbare Zeit Rekordmeister Bayern. Hier stehen Finanzkraft und sportlicher Ertrag in einem vernünftigen Verhältnis. Das sollte die Liga nicht zur Resignation verleiten. Es sollte Ansporn sein. In dieser Champions-League-Saison war davon allerdings nichts zu sehen.

(RP)
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