Nachholspiel am Mittwoch Sportpsychologe sieht Wettbewerbsnachteil für BVB

Düsseldorf · Ist es ein Wettbewerbsnachteil für Borussia Dortmund, bereits einen Tag nach der Explosion dreier Sprengkörper neben dem Mannschaftsbus das ausgefallene Champions-League-Spiel gegen den AS Monaco nachholen zu müssen? Sportpsychologe Jens Kleinert von der Deutschen Sporthochschule in Köln findet: durchaus.

 Der BVB-Tross nach der Attacke auf den Mannschaftsbus.

Der BVB-Tross nach der Attacke auf den Mannschaftsbus.

Foto: ap

"Man kann nicht ausschließen, dass im heutigen Spiel ein Nachteil für den BVB steckt. Denn dieses Ereignis, das die Dortmunder Profis im Kopf haben, wird den ein oder anderen Profi unterbewusst irritieren. Vielleicht geht einer deswegen nicht mit der sonstigen Aggressivität ins Spiel. Das merken die Spieler selbst gar nicht", sagte er unserer Redaktion.

Sportpsychologe Jens Kleinert von der Deutschen Sporthochschule Köln.

Sportpsychologe Jens Kleinert von der Deutschen Sporthochschule Köln.

Foto: Deutsche Sporthochschule Köln

Der Leiter des Psychologischen Instituts der Sporthochschule sieht die Belastung der BVB-Profis zumindest unterbewusst gegeben. "So ein Erlebnis ist erst einmal drin im Kopf. Und selbst wenn ein Spieler sich auf ein Spiel konzentrieren kann, ist dieses Bild unterbewusst da, und es kann unterbewusst auch jede Handlung beeinflussen", sagte er. Wichtigste Hilfestellung für die Beteiligten sei es, trotz der besonderen Umstände der Partie, so weit es geht, Normalität herzustellen. "Wichtig ist, Business as usual zu machen, Rituale, Abläufe exakt so zu machen, wie auch sonst vor einem Spiel. So sehr das Spiel auch ein besonderes ist, man muss alles tun, damit es für die Spieler auch eine gewisse Normalität bietet", sagte Kleinert.

Da in einem 18er-Kader naturgemäß jeder das Ereignis vom Dienstagabend auf seine ganz individuelle Art aufgenommen, verarbeitet und abgespeichert hat, sei es wichtig, die Spieler auch heute vor der Neuansetzung individuell zu betreuen. "Natürlich wird Thomas Tuchel seine Spieler heute ganz genau beobachten und gucken, wer auf ihn abgelenkt oder unsicher wirkt. In Gesprächen mit solchen Spielern ist es wichtig, die Zwischentöne herauszuhören, denn natürlich sagen die Spieler alle: "Ich kann spielen!". Aber es ist nicht so einfach, das zu diagnostizieren, selbst für einen Sportpsychologen. Wichtiger ist es, den Spielern, die sich unsicher fühlen, Hilfe anzubieten", sagte Kleinert. "Grundsätzlich muss gegeben sein, dass die Spieler nach so einem Erlebnis sagen: Ja, wir wollen spielen, wir tragen die Entscheidung mit."

Bei allen mentalen Belastungen, die die Detonation für die BVB-Spieler mitbringt, will Kleinert aber auch eins klar stellen: dass es nicht unverantwortlich ist, am Mittwochabend das Spiel zu bestreiten. "Aus rein sportpsychologischer Sicht ist es möglich, dieses Spiel zu spielen. Es ist nicht so, dass die Spieler dazu generell nicht in der Lage wären", sagte er.

(klü)
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