BVB nach 1:5 geschockt Tuchel kritisiert Abwehr — Hummels schimpft auf Vorderleute

Dortmund · Nach dem ersten schweren Rückschlag unter Thomas Tuchel muss Borussia Dortmund die Vormachtstellung des FC Bayern anerkennen.

Bayern-Jäger? Der Begriff stand für Thomas Tuchel nach der Demütigung von München auf dem Index. "Tja, was soll ich sagen", meinte der schwer gezeichnete Coach von Borussia Dortmund und suchte Hilfe bei seinem großen Vorbild. "Pep?" Doch Kollege Pep Guardiola wies ihn kühl ab. "Sie haben dich gefragt", sagte er abwesend. Und so blieb Tuchel nichts anderes übrig, als dem FC Bayern vorzeitig zur Meisterschaft zu gratulieren. "Nein", sagte er, die Münchner seien "natürlich nicht" zu stoppen, "das ist in der Summe zu gut." Auch für Borussia Dortmund.

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Klarer als bei diesem denkwürdigen 1:5 (1:2) am Sonntagabend, der höchsten Pleite gegen den Rivalen seit sechs Jahren (1:5 in Dortmund am 12. September 2009), hätte dies den Verantwortlichen nicht vor Augen geführt werden können. "Wir haben es leider nicht hinbekommen, auf höchstem Niveau zu spielen", musste Tuchel nach seiner ersten Pflichtspielpleite auf der BVB-Bank zerknirscht einräumen: "Wir müssen akzeptieren, dass wir nicht gut genug waren."

Vor allem in der Abwehrarbeit, was Kapitän Mats Hummels erneut zu scharfer Kritik an seinen Mitspielern veranlasste. "Ich weiß nicht, wieso sie die Bälle so ohne Druck spielen konnten, das ist tödlich", sagte er über die langen Pässe der Bayern, die zu zwei Gegentoren führten - ein Schlag ins Gesicht der Offensivabteilung, von der sich Abwehrchef Hummels im Stich gelassen fühlte. Das will Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke so nicht stehen lassen. "Wir müssen sicherlich mal reden", sagte er bei Sport1.

Der überehrgeizige Tuchel ärgerte sich dagegen mehr über das Verhalten seiner von ihm selbst - ohne Not - neuformierten Abwehr, inklusive Hummels. "Viel zu einfach", ohne die "allerletzte Galligkeit", "wahnsinnig unaufmerksam", "gegen alle Verteidigungsprinzipien verteidigt" - seine Mängelliste war überlang. Sportdirektor Michael Zorc schimpfte: "Zwei Gegentore nach 60-Meter-Pässen, das geht so nicht vom Abwehrverhalten! Das ist zu verteidigen, das haben wir nicht gut gemacht."

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Foto: afp, ej

"Ihr seid nur am schlafen!"

Bei Tuchel hielt der Ärger bis Montag an. Beim Training ermahnte er seine Stars immer wieder lautstark zu konzentriertem Arbeiten ("was ist denn daran so schwer?!"), zwei Profis rief er verschnupft zu: "Ihr seid nur am schlafen!"

Sieben Punkte beträgt der Rückstand auf die Spitze - nach nur acht Spielen. Watzke streckte resigniert die Waffen - und zwar schon vor dem Absturz im Gipfeltreffen. "Wer am 34. Spieltag deutscher Meister wird, ist Bayern München", sagte er bei Sport1. Er sehe keine Schwächephase des FC Übermacht, "ich hätte nie gedacht, dass ein deutscher Verein jemals auf so ein Niveau kommen kann. Die Bayern haben im Moment Real Madrid-Niveau." Tuchel ergänzte, die Bayern erreichten "gerade eine neue Stufe und es ist eine Inspiration, da zuzuschauen und sich selbst dadurch weiter zu entwickeln."

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Foto: qvist /Shutterstock.com/Retusche RPO

Und der BVB? "Dortmund hat ein Titel-Gen", behauptete Watzke, "und wir werden auch wieder welche holen." In München war dieses Gen, wenn es denn existiert, verschüttet. Nach Lage der Dinge bleibt dem BVB in dieser Saison nur die Europa League. "Jede Mannschaft ist schlagbar und die werden auch mal ein Spiel verlieren", sagte Zorc über die Bayern, "aber die sind der absolute Favorit - und dieser Rolle werden sie momentan auch sehr deutlich gerecht."

Und so erlebte Tuchel nach drei Unentschieden den ersten schweren Rückschlag. Aber der Trainer hat bereits einen Plan für die Zeit nach München - der FC Bayern spielt dabei keine Rolle. "Wir sind gut beraten, bei uns anzufangen", sagte er, "wir müssen uns jetzt schütteln und neu aufstellen, das ist bitter nötig."

(sid)
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