Interview mit BVB-Boss Hans-Joachim Watzke "Finale gegen Bayern: Wir sind bereit"

Dortmund · Borussia Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke strebt dauerhaft den zweiten Platz im deutschen Fußball an. Im DFB-Pokal-Endspiel (Samstag, 20 Uhr/Live-Ticker) glaubt er natürlich an die Chance seiner Mannschaft. Die Favoritenrolle schiebt er den Münchnern zu.

Borussia Dortmund gegen FC Bayern München: die letzten Duelle
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BVB - Bayern: Die letzten Duelle

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Foto: AP/Matthias Schrader

Borussia Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke strebt dauerhaft den zweiten Platz im deutschen Fußball an. Im DFB-Pokal-Endspiel (Samstag, 20 Uhr/Live-Ticker) glaubt er natürlich an die Chance seiner Mannschaft. Die Favoritenrolle schiebt er den Münchnern zu.

Es ist das dritte Pokalfinale, seit Sie Geschäftsführer in Dortmund sind. Mit was für einem Gefühl gehen Sie diesmal rein?

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Hans-Joachim Watzke Das ist jedes Mal etwas anderes. 2008 standen wir zwar im Finale, und das war in der Restrukturierung ein Highlight, aber da hatten wir keine Chance, auch wenn der FC Bayern gar nicht so überragend war. Das Spiel war schlecht. 2012 sind wir als Meister da reingegangen. Eigentlich habe ich vor solchen Spielen immer ein eher schlechtes Gefühl, aber da war es nicht ganz so schlecht, und dann haben wir ja auch gewonnen. Dieses Mal ist Bayern Meister und Favorit, aber wir sind auch bereit.

Spielt denn die Geschichte des Finales von 2012 eine Rolle? Viele glauben, dass die Bayern aus lauter Wut über das 2:5 erst Götze und dann Lewandowski geholt haben.

Watzke Wenn die Alternative gewesen wäre, das Spiel damals 5:2 zu verlieren, kann ich nur froh sein, dass die danach eine große Wut hatten. Das Bestreben der Bayern war schon immer, dass sie den deutschen Fußball beherrschen wollen. Aber wenn am Ende die Finals gespielt werden, sind wir immer da. Das ist wie mit dem Hasen und dem Igel, sehr schön.

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In der Winterpause waren die Bayern enteilt. Jetzt heißt es, sie seien in einer Krise. Hätten Sie gedacht, dass Sie sportlich noch mal so nah kommen?

Watzke Natürlich. Wir haben nie unsere Saisonziele relativiert, auch als sich bei uns ein Spieler nach dem anderen verletzt hat. Eine richtig gute Saison ist das, wenn wir in der Bundesliga Zweiter werden, was für mich nie in Frage stand. Die Rückrunde war sehr, sehr gut, aber keineswegs überraschend.

Glauben Sie, dass das Meisterschaftsrennen im kommenden Jahr wieder richtig spannend werden kann?

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Watzke Naja, die Sache mit dem Meisterschaftsrennen ist doch eine Legende. 2011 und 2012 sind wir zweimal Meister gewesen, und das war auch nicht spannend. Unser Ziel ist natürlich, den Abstand wieder zu verkürzen. Die Bedingung ist aber, dass wir nicht solche unfassbaren Verletzungs-Auswüchse erleben wie in dieser Saison.

Ist es denkbar, dass demnächst auch mal ein echter Star verpflichtet wird? Genug Geld hätten Sie ja.

Watzke Wir haben keine Denkverbote. Wir haben mittlerweile einen bipolaren Ansatz, wir sind also bereit, auch mal eine große Summe in die Hand zu nehmen, wenn wir glauben, dass ein Spieler sich noch einmal weiterentwickeln kann. Einen 30-Jährigen für 25 Millionen Euro zu holen, ist beim BVB aber nicht sehr wahrscheinlich. Wir haben auch nie gesagt, wir wollen die günstigste Mannschaft Europas haben. Das Ziel muss sein, dass wir den Etat kontinuierlich aufstocken. Was wir mehr erlösen, stecken wir nicht in einen Superstar, sondern damit müssen wir die ganze Mannschaft auf ein anderes Niveau heben. Wir müssen das fein ausbalancieren.

Zu viel Geld ist also auch nicht gut?

Watzke Wenn du über sehr, sehr viel Geld verfügst, gibt es zwei Probleme: Es hemmt die Kreativität. Das zweite ist: Ein Riesengehaltsbudget verführt dazu, dass man 17 bis 20 Weltklassespieler unter Vertrag nimmt. Das gibt auf Dauer Probleme. Deshalb wird es immer wieder Mannschaften wie jetzt Atletico Madrid geben, die auf anderen Wegen dort ganz oben hineinstoßen. Nur: Man darf keine Fehler machen. Natürlich wollen wir irgendwann 100 Millionen Gehalt ausgeben, aber davon sind wir weit entfernt.

Wo sehen Sie denn die größten Expansionsmöglichkeiten?

Watzke Borussia Dortmund hat großartige Expansionsmöglichkeiten. Es gab gerade wieder eine repräsentative Umfrage der Technischen Universität Braunschweig, deren zentrale Erkenntnis lautet: Der BVB ist die stärkste Fußballmarke in Deutschland. Wir haben in dieser wissenschaftlichen Studie Bestwerte in Rubriken wie Kompetenz, Vertrauenswürdigkeit, Fortschrittlichkeit, Emotionalität, öffentliche Darstellung oder Spielweise der Mannschaft attestiert bekommen.

Sie pflegen das Image eines authentischen Fußballstandortes. Jetzt wird der BVB immer reicher. Gerät da irgendwann die Glaubwürdigkeit in Gefahr?

Watzke Man kann trotz eines solchen Wachstums authentisch bleiben. Man muss nur die Voraussetzungen dafür haben. Man braucht eine klare Kommunikationsstrategie, es darf nicht zu viele Stimmen geben. Bei uns äußern sich nur drei Leute zum Fußball - und zur Unternehmensstrategie im Grunde genommen nur ich. Das hilft natürlich. Das Wichtigste ist, man muss auch das Gefühl bieten. Aber wenn man 28 000 Stehplätze hat, dann ist das eben auch so. Es ist unser Anspruch, das beizubehalten. Es ist nicht leicht, Fußball ist schon ein sehr kapitalistischer Sport.

Das ist dann die Versicherung dafür, dass nicht der Verdacht entstehen kann, man entwickle sich zu einem Unternehmen, das in erster Linie auf Geldvermehrung angelegt ist?

Watzke Wenn Sie unsere Fans sehen, die sind einfach spezieller. Zum Beispiel, wie sie Robert Lewandowski verabschiedet haben. Ich weiß nicht, in wie vielen Vereinen das so abgelaufen wäre, wenn ein Spieler zu den Bayern wechselt und dann so von den Leuten gefeiert wird. Das ist unsere Kultur. Auf der anderen Seite geben wir auch etwas zurück. Wir versuchen schon, den Leuten klarzumachen, dass wir sie nicht als Kunden sehen.

Sie haben erwähnt, dass Sie darüber nachdenken, einen Investor dazu zu holen. Gibt es dafür einen Zeitplan?

Watzke Ich hab das nicht aus dem luftleeren Raum gesagt. Ich möchte ja nicht immer was zu Bayern München sagen, aber das Thema Investoren haben die ja sehr, sehr gut gelöst mit drei großen deutschen Konzernen. Bei uns ist die Gesellschaftsstruktur ein bisschen problematischer. Der Kreis der überhaupt in absehbarer Zeit in Frage kommenden Unternehmen ist begrenzt. Grundsätzlich würde ich es auf lange Sicht nicht ausschließen.

Das hieße dann: Es kommt viel Geld, dann kann man für drei Jahre hohe Gehälter zahlen.

Watzke Drei Jahre Party machen und dann nach uns die Sintflut, das hatten wir ja schon alles, das wird es nicht mehr geben. Wenn beim BVB irgendwann ein strategischer Investor einsteigen würde, würde sich auf den ersten Blick wenig ändern.

Eine Übernahme des Klubs durch einen Investor lassen die Regeln der DFL ja auch gar nicht zu.

Watzke Da muss man sicher unterscheiden, was de jure und was in der Praxis geht. Ich hab den Eindruck, dass es in Deutschland an einigen Stellen faktisch anders aussieht als de jure. Aber wir lassen das aus eigener Überzeugung nicht zu.

Ist das Finale gegen die Bayern ein weiterer Zwischenschritt in einem längeren Duell mit den Münchnern?

Watzke Wenn wir es gut machen, wird es noch viele Duelle geben. Die Bayern werden absehbar immer oben dabei sein. Unser Ziel ist es, dauerhaft die zweite Kraft im deutschen Fußball zu sein.

ROBERT PETERS FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(RP)
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