Borussia Mönchengladbach 1995 - endlich wieder mal obenauf

Mönchengladbach · Der DFB-Pokalsieg setzt das i-Tüpfelchen unter eine erfolgreiche Spielzeit.

 Trainer und Leitwolf: Bernd Krauss und Stefan Effenberg.

Trainer und Leitwolf: Bernd Krauss und Stefan Effenberg.

Foto: Homü (Archiv)

Eigentlich war für Borussen-Fans an diesem 24. Juni 1995 das Besondere dieses Tages das ganz Normale. Denn ihre Lieblinge hatten es tatsächlich geschafft, einfach die gewünschte, die vorhersehbare Geschichte dieses DFB-Pokal-Endspiels zu schreiben. 3:0 schlug der Favorit aus der Bundesliga den VfL Wolfsburg, den Außenseiter aus der 2. Liga. Keine Sensation, wie drei Jahre zuvor, als die Fohlen das Finale von Berlin gegen Zweitligist Hannover 96 im Elfmeterschießen verloren hatten und der Verein mal wieder um ein Erlebnis tragischen Scheiterns reicher war. 1995 war anders - das Finale, die Mannschaft, der Trainer, die Stimmung, die Bundesligasaison, einfach alles. Und der Pokal-Triumph von Berlin, die Rückkehr in den Europapokal nach acht langen Jahren Abstinenz, war einfach das ersehnte i-Tüpfelchen unter eine erfolgreiche Spielzeit.

Am 33. Spieltag hatten Bernd Krauss' Borussen mit dem 3:1-Heimsieg gegen Stuttgart die Teilnahme am Uefa-Cup über die Liga abgesichert. Zwei Punkte Vorsprung (damals gab es letztmals die Zwei-Punkte-Regel) und das klar bessere Torverhältnis vor dem FC Bayern gaben diese Sicherheit. Und so kam es, dass beim Pokalfinale neben den knapp 50 000 Gladbach-Fans in Berlin, den 5000 beim Public-Viewing am Bökelberg und den Abertausendem vor dem Fernsehen auch alle Münchner Borussia die Daumen drückten, denn nur ein Pokalsieg der Fohlen würde die Bayern als Sechster doch noch in den Uefa-Cup hieven. Uli Hoeneß stellte dehalb auch eine großzügige Lieferung bayerischer Spezialitäten an den Niederrhein in Aussicht.

Anders als 1992 gegen Hannover ging Borussia diesmal nicht nur als Erstligist ins Endspiel im Olympiastadion, sondern als klarer Favorit wegen einer großartigen Bundesligasaison. Die Mannschaft spielte ansehnlichen Offensivfußball, stellte in Heiko Herrlich den Torschützenkönig und mit ihm und Kompagnon Martin Dahlin das Top-Sturm-Duo der Liga. Und mitgerissen von "Tiger" Stefan Effenberg schafften es die Fohlen, sich unter Krauss von der jahrelangen grauen Maus zurück in die oberen Tabellengefilde zurückzuarbeiten. Am Ende standen Platz fünf und eben die entzückende Aussicht auf das großen Finale in der Hauptstadt.

Der Weg nach Berlin las sich folgendermaßen: 4:1 beim Greifswalder FC, 1:0 in Offenbach, 6:4 gegen Mainz 05, 3:2 gegen Schalke und 1:0 im Halbfinale gegen Kaiserslautern. Borussia war wieder wer, Borussia konnte man plötzlich auch mal wieder als Live-Spiel im Fernsehen sehen, Borussia erzeugte eine lange nicht gekannte Euphorie. Deswegen hatten die meisten - bei aller Gladbach-typischen Skepsis - ein gutes Gefühl für das Spiel gegen Wolfsburg. Und die Mannschaft ließ Verein und Fans nicht im Regen stehen. Schon nach 13 Minuten standen die Weichen auf Sieg, als Dahlin das 1:0 erzielte. Borussia war überlegen und ließ keine Zweifel aufkommen, wer diesmal als Sieger den Berliner Rasen verlassen würde. "Effe" erzielte nach gut einer Stunde das vorentscheidende 2:0, und Herrlich sorgte schließlich für den dritten Treffer. Der Rest war Jubel. Die Mannschaft feierte abends ausgelassen im "Grand Hotel Esplanade", die Fans in ganz Berlin, auf dem Heimweg oder sonst irgendwo. Und überall lief immer wieder der Song von Borussias damaligem Hauptsponsor: "Ein schöner Tag".

Am Tag danach jubelten 150 000 Menschen in Gladbach den Pokalsiegern bei ihrer Fahrt durch die Stadt zu. Nach 16 Jahren hatte Borussia wieder einen Titel gewonnen, man war wieder ein Spitzenteam. Niemand ahnte indes in diesem Moment, welche ernüchternde Jahre am Horizont warten sollten. Und dass der Pokalsieg für inzwischen 20 Jahre der letzte Titel blieb.

(RP)
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