Borussia Mönchengladbach Vogts: "Borussia ist ein Topklub"

Mönchengladbach · Der ehemalige Bundestrainer findet: Mönchengladbach hat neben Bayern und Dortmund die größten Fortschritte erzielt.

Das ist Berti Vogts
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Berti Vogts (69) hat 14 Jahre lang für Borussia Mönchengladbach gespielt. Die Borussia ist sein Verein, er sagt immer noch "Wir", wenn er über die Gladbacher Mannschaft spricht. Vor dem letzten Bundesliga-Spieltag spricht der ehemalige Bundestrainer über die Saison seines Klubs.

Herr Vogts, wie bewerten Sie den vierten Platz, den Borussia Mönchengladbach erreicht hat?

Vogts Es ist ein sehr großer Erfolg für den Verein, wobei ich sagen muss, dass mich das Gesamtniveau der Bundesliga hinter dem FC Bayern und Dortmund etwas erschreckt hat in dieser Saison. Weltmeisterlich ist das nicht mehr. Borussia hat sich aber den vierten Platz nicht nur verdient, sondern auch erspielt.

Sie haben vor der Saison gesagt, dass die Gladbacher wieder weit oben dabei sein würden.

Vogts Die Mannschaft ist hervorragend. Der Klub, die Scouts, die Einkäufer, Manager Max Eberl haben prima Arbeit gemacht. Es gibt eine Breite in diesem Kader mit 18, 19, 20 Spielern, die top sind. Zum Glück haben die Borussen durch den vierten Platz schon wieder finanzielle Planungssicherheit, um weiter zu investieren in das Team. Und ich gehe auch davon aus, dass sich die Mannschaft über die Play-offs für die Champions League qualifiziert.

Hätten Sie nach dem schlechten Start damit gerechnet, dass Gladbach schnell wieder hoch kommt?

Vogts Das hat mich nicht überrascht. Wie gesagt: Die Mannschaft ist klasse und wurde vor dieser Saison noch weiter verstärkt. Der Erfolg dieser Saison gehört auch noch Lucien Favre. Er hat das taktische Grundkonzept erarbeitet, auf das die Mannschaft setzen kann. André Schubert hat das Team frei spielen lassen, als es nach den fünf Niederlagen blockiert war - das war genau das, was es zu dem Zeitpunkt brauchte. Dafür haben sich die Spieler bedankt, er musste nicht viel eingreifen - was in den Heimspielen gezeigt wurde, war wirklich toll. Ich habe selten eine Mannschaft gesehen, die so positiv aufgetreten ist. Zu Hause haben alle mit Power und Freude gespielt - aber auswärts? Das war manchmal bitter.

Können Sie das erklären?

Vogts Man muss feststellen, dass es eine sehr junge Mannschaft ist, die auswärts vielleicht noch nicht das gleiche große Selbstvertrauen hat wie bei Heimspielen. Vielleicht sind darum auch die innere Stärke des Teams, das unbedingte Zusammenstehen, die System-Sicherheit gerade auswärts noch wichtiger, weil man nicht von den eigenen Fans getragen wird. Wenn ein oder zwei Spieler nicht die nötigen Laufwege zumachen, ist es schnell passiert.

Können Sie nachvollziehen, dass es eine Debatte um Trainer André Schubert gab?

Vogts Ehrlich gesagt, weiß ich gar nicht, warum es so war. Ich habe nichts Negatives über den Trainer gehört, es spricht nichts gegen ihn. Wenn es eine Debatte gibt, müssen andere Dinge eine Rolle spielen, die mir aber nicht bekannt sind. Allein von den Resultaten her gibt es keinen Grund, auch wenn er sicher daran arbeiten muss, dass die Borussia auswärts wieder anders auftritt. Es ist auch Sache des Trainers, wenn da die Einstellung nicht stimmt. Es fehlt die Grundordnung. So kam es zu den zuweilen beschämenden Auftritten wie in Ingolstadt und Hannover. Ein Topteam muss gerade in Auswärtsspielen Flagge zeigen.

Trotzdem: Borussia ist nach Platz drei vor einem Jahr nun Vierter geworden. Hat sie sich damit endgültig als einer der vier, fünf Topklubs etabliert?

Vogts Ja, das kann man sagen. Borussia hat in den vergangenen Jahren nach den Bayern und Dortmund den größten Fortschritt gemacht. Zudem ist die Mannschaft noch sehr jung und hat Entwicklungspotenzial. Ich kann nur hoffen, dass das Team weitgehend zusammenbleibt. Aber man muss auch wissen, dass die Erwartungen nun steigen - und ich hoffe, dass die jungen Kerle damit umgehen können.

Was ist in der neuen Saison zu erwarten? Es ist möglich, dass Granit Xhaka Borussia verlässt.

Vogts Das wäre natürlich ein großer Verlust, er ist das Herzstück dieser Mannschaft. Es gibt ja Menschen, die ihn kritisieren, aber ich mag seine Art. Das Leben, das in ihm steckt, ist wichtig für die Mannschaft, damit rüttelt er sie wach. Er ist ein Typ geworden, ein Leader.

Darf man dann einen wie Xhaka überhaupt gehen lassen?

Vogts Wenn man für Spieler 40, 50 Millionen bekommt, hat ein Verein wie Borussia kaum eine Wahl. Wobei ich die Summe bei Xhaka noch höher ansetzen würde, vielleicht ab 50 Millionen Euro. Er ist ein außergewöhnlicher Spieler. Ich finde es gut, dass er zum Kapitän gemacht wurde, das war ein wichtiger Hinweis an die Mannschaft - die Art, wie er spielt, hat das gerechtfertigt.

Wo würden Sie investieren? Auf welchen Positionen sehen Sie Bedarf?

Vogts Geht Xhaka, muss Ersatz geholt werden. Das wird keine leichte Aufgabe sein. Wenn es stimmt, dass man für die Defensive an Jannik Vestergaard dran ist, wäre das gut, das ist ein sehr guter Spieler. Eberl weiß, was zu tun ist, in den vergangenen Jahren wurde sehr gut eingekauft. Und es kamen ja immer wieder gute Leute aus dem Nachwuchs. Wie Mo Dahoud - das ist ein toller Spieler. Vielleicht fährt er sogar noch mit zur EM. Das würde mich nicht wundern. Er hat die Qualität eines Spielmachers, er hat Frische, probiert was aus. Das gefällt mir.

Er macht aber auch Fehler.

Vogts Aber bitte! Das muss man jungen Spielern doch zugestehen. Es ist richtig, wenn Schubert Fehler erlaubt. Ein Team wie Borussia macht Fehler, weil es so jung ist, das muss man wissen. Aus Fehlern lernt man. Man sieht die Fortschritte. Borussia gefällt mir, wie sie ist - es wäre nur toll, wenn wir auswärts in der nächsten Saison ein bisschen anders auftreten, das wäre mein Wunsch. Und es wäre auch wichtig, um noch stabiler oben dabei zu sein.

Karsten Kellermann und Robert Peters führten das Gespräch.

(RP)
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