Borussia Borussia ganz bodenständig

Der Aufsteiger aus Mönchengladbach hat sich nach der Rückkehr in die Fußball-Bundesliga Bescheidenheit verordnet. Bislang wurden keine großen Namen verpflichtet, zum Trainingslager reist der Verein nach Ostwestfalen.

Bilder von Borussias Trainingsauftakt
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Mönchengladbach Es klang nach großer weiter Welt. Zumal für einen Verein, der in der vergangenen Saison Zweitliga-Dienstreisen nach Hoffenheim oder Aue machte. Ein Trainingslager in Denver und Dallas, in den USA also, und das auf Einladung der deutschen und US-amerikanischen Fußball-Ligen. Am Sonntag nun reist Bundesliga-Aufsteiger Borussia Mönchengladbach ins "Camp" - nach Bad Lippspringe, dem beschaulichen Kurort am Südrand des Teutoburger Waldes.

Was piefig scheint, ist reiner Pragmatismus. Co-Trainer Markus Gellhaus und Teammanager Steffen Korell flogen nach Colorado und Texas, um dort die Begebenheiten zu inspizieren. Das Ergebnis: "Ungenügend." So stornierte Borussia die Fernreise, suchte nach Alternativen in Österreich, entschied sich dann aber für den 220-km-Trip nach Ostwestfalen. Das Hotel, in dem die Gladbacher in der nächsten Woche residieren werden, und auch den Trainingsplatz kennt Trainer Jos Luhukay aus seiner Zeit in Paderborn. "Wir werden uns da gut vorbereiten können", sagt er. Die kleine Trainingslager-Lösung passt zur Philosophie des Aufsteigers, die sich auch in der Einkaufspolitik widerspiegelt.

Anders als in den Jahren nach dem Aufstieg 2001, als sich der fünfmalige Meister den wenig schmeichelhaften Kosenamen "Kaufhaus des Westens" einhandelte, haben Luhukay und Sportdirektor Christian Ziege nicht große Namen geholt, sondern Spieler, "für die es eine Ehre ist, für uns zu spielen" (Ziege). Gal Alberman (Beitar Jerusalem/ 800000 Euro), Karim Matmour (SC Freiburg/zwei Millionen), Jean-Sébastien Jaurès (AJ Auxerre/ablösefrei) und Jan-Ingwer Callsen-Bracker (Bayer Leverkusen/400000) haben wenig Star-Faktor und waren vergleichsweise günstig zu haben.

"Einer, der viel Geld kostet, muss noch lange nicht besser sein als einer, der wenig kostet oder ablösefrei ist", sagt Ziege. Vergangene Saison lag er richtig mit den Zukäufen: Männer wie Rob Friend (18 Tore) oder Patrick Paauwe, der zum Kopf der Aufstiegsmannschaft wurde, kannten zuvor nur intime Kenner der Szene. Eventuell kommen noch ein bis zwei Neue, je nachdem, ob sich in der Vorbereitung Bedarf abzeichnet. "Aktuell führen wir keine Gespräche", sagt Ziege.

Auch das Saisonziel ist bodenständig: "Wir sind Aufsteiger, da kann es nur darum gehen, in der Bundesliga zu bleiben. Wenn jemand etwas anderes erzählt, ist das nicht in Ordnung", stellt Ziege klar. Überhöhte Ansprüche sind unerwünscht, auch das ist ein Lerneffekt. Denn in den Jahren vor dem Abstieg ging der Blick viel zu weit nach oben, es wurde vom internationalen Geschäft geredet - das vernebelte den Sinn für die Realität. Luhukay hofft, dass die Euphorie des Aufstiegs, den Borussia mit Spielkunst und ungewohnter Auswärtsstärke nach nur einem Jahr im Unterhaus bewerkstelligte, hilft. EM-Fahrer Oliver Neuville ist der erfahrenste Spieler, für die meisten anderen ist die Bundesliga Neuland. "Jeder will sich beweisen", sagt Abwehrchef Roel Brouwers.

Luhukay will die Fans weiter mit "offensivem und attraktivem Fußball" erfreuen, indes angepasst an das gehobene Niveau der künftigen Gegner. Ob er daher das System mit zwei Spitzen verändert und die in der Defensive kompaktere Variante mit einem Doppel-Sechser wählt, hat der Trainer noch nicht entschieden. "Wir haben Spieler, die variabel einsetzbar sind und unterschiedliche Qualitäten haben. Wichtig ist die Umsetzung", sagt Luhukay. Neben den sportlichen Aspekten setzt der Niederländer auf "Teamgeist" und "Charakter". Weswegen er die Seinen gleich nach dem ersten Training zum gemeinsamen Grillfest lud. Familiäres Teambuilding für die Herausforderung Bundesliga.

(RP)
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