Borussia Mönchengladbach Borussia hat noch nicht alles ausgeschöpft

Mönchengladbach · Jupp Heynckes fand die Hinrunde der Gladbacher "klasse", Sportdirektor Max Eberl "sehr gut", mag es aber nicht, von "perfekt" zu sprechen. Die Rotation war ein Schlüssel für die starke erste Halbserie. Das, was fehlte, war nichts Grundsätzliches, es ist eine Frage von Details.

 Die Chance war da, die Bayern zu besiegen. Doch letztlich, wie hier gegen Patrick Herrmann, stand Manuel Neuer im Weg. Gleichwohl machten die Borussen gegen den Branchenführer eines ihrer besten Hinrundenspiele.

Die Chance war da, die Bayern zu besiegen. Doch letztlich, wie hier gegen Patrick Herrmann, stand Manuel Neuer im Weg. Gleichwohl machten die Borussen gegen den Branchenführer eines ihrer besten Hinrundenspiele.

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Jupp Heynckes ist zufrieden mit "seiner" Borussia. Eine "klasse Vorrunde" habe das Team von Trainer Lucien Favre gespielt und zudem im DFB-Pokal und in der Europa League" ganz tolle Spiele gemacht", sagte Heynckes zuletzt. Eines der besten Spiele der Gladbacher war das gegen den Klub, mit dem Ur-Borusse Heynckes in der Saison 2012/13 das Triple gewann, gegen die Bayern.

0:0 stand es nach 90 Minuten, dies jedoch nur, weil Manuel Neuer zeigte, warum er derzeit wohl der beste Torhüter der Welt ist. Die Borussen setzten die Bayern gehörig unter Druck, zugleich arbeiteten sie in der Defensive präzise und geschickt. Richtig gut und weit effektiver war das Spiel gegen Schalke 04 - da schoss Gladbach einen 4:1-Sieg heraus, es war die schönste Mischung aus Lockerheit, Spielkunst, Effizienz und taktischer Disziplin, die im ersten Teil dieser Saison zu bestaunen war.

Borussia in der Europa League noch ungeschlagen

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Die Zahlen der Hinrunde belegen die Worte von Jupp Heynckes: Platz vier in der Bundesliga, im DFB-Pokal stehen die Gladbacher im Achtelfinale, und in der Europa League haben sie als Gruppensieger die Zwischenrunde erreicht. Von 27 Pflichtspielen wurden 14 gewonnen und nur vier verloren, nur die Bayern kassierten weniger Niederlagen. Im Europapokal haben die Gladbacher dem Branchenführer sogar etwas voraus. Denn Favres Mannschaft ist die einzige aus der Bundesliga, die noch unbesiegt ist. Fünf von acht Europa-League-Spielen (inklusive der Play-offs) wurden gewonnen, drei endeten remis. Es gab im kontinentalen Wettbewerb auch die höchsten Siege des ersten Saisonabschnitts, das 7:0 gegen Sarajevo und das 5:0 gegen Limassol.

Ob es angesichts dieser Zahlen eine "perfekte Hinrunde" gewesen sei, wurde Sportdirektor Max Eberl nun gefragt. Das Adjektiv "perfekt" gefällt ihm aber nicht. Denn es bedeutet: Da ist keine Luft mehr nach oben. Und da Eberl die Borussen als ein Team definiert, das noch in der Entwicklungsphase ist, mag er nicht ein Urteil fällen, das kein Steigerungspotenzial mehr zulässt.

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Eberl wertet die Hinrunde als "sehr gut". Man ist allerdings geneigt, dem ein "minus" hinzuzufügen, und die Borussen haben den Ehrgeiz, diesen Makel zu beseitigen und vielleicht sogar in ein "plus" zu verwandeln. Die Mannschaft hat das Potenzial dazu, denn sie hat noch nicht alles ausgeschöpft, was man ihr zutrauen kann - das gilt auch für den einen oder anderen Spieler. Das, was fehlte, war nichts Grundsätzliches, es ist eine Frage von Details. Die müssen passen, dann ist Borussia stark und hat das Zeug zum Spitzenteam. Das hat die Hinrunde gezeigt.

Die Mannschaft habe "viele Facetten" gezeigt, sagt Eberl: "Sie hat oftmals fußballerisch überzeugt, es gab aber auch Spiele, in denen sie sehr effektiv gespielt hat oder über die Moral kam". Und es gab Spiele, in denen mehr drin war: Das 0:1 in Dortmund war definitiv verdient, denn es war eine der schwächsten Darbietungen der Gladbacher bislang. Doch ohne das Eigentor von Christoph Kramer wäre es wohl ein erzittertes 0:0 geworden. Vor allem aber das 1:3 gegen Eintracht Frankfurt war ärgerlich.

Niederlage gegen Frankfurt tat weh

Borussia spielte zunächst furios, verpasste es aber, die Partie nach dem frühen 1:0 vorzeitig zu entscheiden. Dann ging der Faden verloren, weil Frankfurt konsequent da ansetzte, wo es Borussia weh tut: Wenn der Gegner weit vorn presst, fällt es oft schwer, das eigene Spiel zu entfalten. So war es auch bei dem einen oder anderen Unentschieden. Zwei bis vier Punkte mehr hätten es sein können - damit wäre Borussia nun Dritter. Das wäre dann perfekt.

Angesichts der Dreifachbelastung mit Bundesliga, Pokal und Europa League muss man indes Zugeständnisse machen. Den Spagat zwischen den Wettbewerben haben die Gladbacher gut hingekriegt, auch, weil sich Trainer Lucien Favre gewissermaßen neu erfunden hat. Der Schweizer, der zuvor das Stammelf-Prinzip hochhielt, führte nun die Rotation ein, er änderte sein Team von Spiel zu Spiel. "Er hat das richtig gut gemacht", lobte Heynckes und auch Eberl sieht darin den Schlüssel dafür, dass "wir in allen drei Wettbewerben Herausragendes geleistet haben" im neuen Ansatz des Trainers. "Unsere Mannschaft hat ein festes Gerüst, daneben hat unser Trainerteam sehr clever an vielen Stellen rotiert. So haben wir auf intelligente Weise diese Hinrunde bestanden", sagte Eberl.

Er und Favre haben den Kader so verstärkt, dass es mehr Alternativen gibt. So hat sich Borussia eine sehr gute Basis für den Rest der Saison geschaffen: Sie ist im Rennen um die internationalen Plätze gut dabei und sowohl im Pokal als auch in der Europa League so weit wie bisher möglich gekommen.

Die Herausforderung für die Rückrunde ist, aus dem starken Zwischenergebnis eine ebenso gute Abschlussbilanz zu machen. Dazu muss Borussia konstant bleiben. Das war in der vergangenen Saison das Problem. Die Rückrunde brachte - wie in den Jahren zuvor - weit weniger Punkte ein als der erste Saisonteil. Das Verhältnis muss gesünder werden, die Enge der Liga verzeiht keine sonderlichen Schwächephasen. Das Team kann jetzt zeigen, wie viel Luft nach oben es tatsächlich noch hat.

(RP)
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