Fohlen vs. Geißbock Das große Maskottchen-Quartett

Mönchengladbach · Fohlen oder Geißbock, Jünter oder Hennes VIII.? Wir haben die Tiere und die dazugehörigen Vereins-Ikonen in den ultimativen Wettstreit gestellt: Welche Quartett-Karte gewinnt, und warum? Die Antwort fällt – wenig überraschend – sehr eindeutig aus.

 Hennes VIII. und Jünter — die Maskottchen der beiden Derbygegner.

Hennes VIII. und Jünter — die Maskottchen der beiden Derbygegner.

Foto: Illustration Schreiber, Quast

Fohlen oder Geißbock, Jünter oder Hennes VIII.? Wir haben die Tiere und die dazugehörigen Vereins-Ikonen in den ultimativen Wettstreit gestellt: Welche Quartett-Karte gewinnt, und warum? Die Antwort fällt — wenig überraschend — sehr eindeutig aus.

Hubraum, Zylinder, Umdrehungen pro Minute: So richtig konnte man sich, wenn man ganz ehrlich ist, als kleiner Junge ja nicht vorstellen, was sich hinter diesen magischen Begriffen verbirgt. Aber magisch waren sie definitiv — weil man damit punkten konnte, beim Autoquartett auf der Fahrt zur Schule, in der großen Pause oder nachmittags auf dem Heimweg. Denn es ging darum, sich gegenseitig zu übertrumpfen — und das mit coolen Fakten zu noch cooleren Karren. "300 PS, sticht!" — solche Sätze hallten damals regelmäßig über den Schulhof. Das Autoquartett war so etwas wie das Pokémon Go der späten 80er und frühen 90er Jahre.

Später waren ganz andere Quartettversionen in Mode — im Studium ließ man etwa bei der Tyrannen- Version Kim Jong-il gegen Saddam Hussein oder Erich Honecker antreten, oder in der Seuchen-Edition die Syphilis gegen Ebola oder die Schweinegrippe. Eine Phase, die irgendwann glücklicherweise wieder vorüber war — und die sogleich eine klaffende Lücke offenbarte: Warum gibt es eigentlich kein Bundesliga- Maskottchen-Quartett?

Wahrscheinlich, weil es kaum Kategorien gibt, in denen man die Glücksbringer in Relation zueinander setzen könnte. Schalkes Erwin? Der Knappe zeichnet sich durch einen überdimensionierten Zinken aus, aber kann man diese Tatsache Borussia Dortmunds pummeliger Biene Emma wirklich guten Gewissens in Rechnung stellen? Hoffenheims Hoffi, der wunderliche und einzige jemals im Kraichgau gesichtete Elch, mag mit einer Körpergröße von 2,10 Metern und dem Sternzeichen Krebs punkten, aber birgt das jegliche Vergleichbarkeit mit Leverkusens Brian the Lion? Dessen einziges echtes Merkmal ist nämlich knallgelbes Fell. Berlins brasilianischer Braunbär Herthinho wurde Anfang des Monats volljährig und darf sich damit rühmen, bereits mehrfach die Deutsche Maskottchen- Meisterschaft gewonnen zu haben. Leipzigs Bulli aber wird Letzteres sicher nie gelingen — weil der rote Bulle aussieht wie eine verunglückte Kreuzung aus einem Panzerknacker und einem Wikinger.

Nein, es gibt streng genommen nur zwei Glücksbringer-Tiere in der Fußball-Bundesliga, die den Zweikampf miteinander nicht zu scheuen brauchen — und sie stammen, natürlich, aus dem Rheinland. Wo es — zumindest darin sind sich die beiden Fanlager einig — ja sowieso nur zwei Fußballvereine gibt, denen man sich guten Gewissens zugehörig fühlen darf: Die einen halten es mit Borussia Mönchengladbach — und die ganz anderen, die Irrgläubigen, mit dem 1. FC Köln. Jünter und Hennes, Fohlen und Geißbock — auf diese zwei Spielkarten ist das fiktive Bundesliga-Maskottchen- Quartett also geschrumpft. Aber zumindest reicht das, um die verbleibende Zeit bis zum Derby am ersten Spieltag der neuen Saison zu überbrücken!

Studieren wir zuerst die Geißbock- Spielkarte. Womit vermag die männliche Hausziege zu punkten? Mit der Herkunft aus dem vorderen Orient? Mit dem Lautstärkepegel ihres Meckerns? Oder mit der Tatsache, dass man die Ziege gemeinhin auch als "Kuh des kleinen Mannes" bezeichnet? Das beeindruckt, ehrlich gesagt, genauso wenig wie Größe, Gewicht, Lebenserwartung oder Preis. Eine (strenge) Duftmarke setzt die Ziege allenfalls bei der Domestizierung: Bereits um 7500 vor Christus herum wurde damit angefangen, Ziegen als Haustiere zu nutzen. Diesbezüglich macht ihnen also so schnell keiner etwas vor.

Und, man muss es leider so deutlich sagen: Das setzt sich in der Kategorie "Länge der Karriere als Bundesliga- Maskottchen" fort. Denn mit dem Geburtstag am 13. Februar 1952 ist der Geißbock Hennes das traditionsreichste lebende Maskottchen eines deutschen Profisportvereins. Damit ist das Hornvieh, das in seiner mittlerweile achten Ausprägung als Glücksbringer dient und seit 2014 im Kölner Zoo residiert, sogar lediglich zwei Jahre jünger als der Verein 1. FC Köln selber.

Nun aber zur nächsten Karte — und die erweist sich schnell als Ass! Das Fohlen ist nämlich ein rasanter Springinsfeld, hängt den lahmen Ziegenbock in jedem Wettrennen ab. Es ist größer und in der Anschaffung deutlich teurer. Unbenommen ist zudem, dass es besser mundet: "Rösslfleisch" gilt in Österreich als eine Delikatesse und gemeinhin als eine der gesündesten Fleischarten überhaupt, aber auch im Rheinland schwören viele Genießer darauf, dass der Sauerbraten mit Pferdefleisch am besten schmeckt. Kitzfleisch, das Fleisch junger Ziegen, ist hingegen allenfalls als Osterspeise bekannt — wohingegen das Fleisch ausgewachsener Ziegen als zäh gilt und in der europäischen Küche kaum eine Rolle spielt. "Das des Ziegenbocks", heißt es in der Feinschmecker- Bibel Wikipedia sogar beinahe poetisch, "hat einen unangenehmen Geschmack und ist keinerlei Speise". Einziger wirklicher Wermutstropfen im Quartett-Vergleich: Das Fohlen wird leider nur ein Jahr alt — danach mutiert es zu einem völlig anderen Tier namens Pferd. Der Geißbock wird älter.

Jünter bildet vor diesem Hintergrund aber eine willkommene Ausnahme: Er ist nämlich schon seit 1965 im Amt, seit dem ersten Bundesliga- Aufstieg der Fohlen-Elf, und damit, wie Hennes, ein Dauerbrenner unter den tierischen Glücksbringern der Liga. Der 2,10-Meter- Hüne ("Sticht" gegen Hoffi!) ist aber zweifelsohne viel sympathischer als der meckernde Zeitgenosse mit dem Kinnbart. Das dokumentiert er nicht zuletzt auf seiner eigenen Website (www.juenter.de), auf der er über seine Lieblingsspeise (Muurejubbel), sein Lebensmotto (Gib niemals auf!) und seine Adresse (Fohlenstall) aufklärt. Und Hennes VIII.? Den kann man zwar über eine Webcam in seinem Stall beobachten, das ist aber gähnend langweilig, und seine Facebook-Seite ist auch nicht viel interessanter.

Das Maskottchen-Quartett lässt also nur einen eindeutigen Sieger zu. Wenn das mal kein gutes Omen für das Saisonauftakt-Derby ist!

(tler)
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