Statistikmodell "Expected Goals" Bislang bekommt Borussia, was sie verdient

Ein Statistikmodell zeigt, dass 5:5 Tore bislang den Möglichkeiten in vier Spielen entsprechen. Hinten steht Borussia also ganz gut, vorne muss sie produktiver werden.

 Thorgan Hazards Elfmeter gegen Leipzig: statistisch gesehen Borussias größte Chance der Saison.

Thorgan Hazards Elfmeter gegen Leipzig: statistisch gesehen Borussias größte Chance der Saison.

Foto: afp

Mit der reinen Torschuss-Statistik kommt man nicht mehr weit in der ausgeglichensten Bundesliga seit Jahren, Jahrzehnten, manch einer sagt: seit ihrer Gründung. Das "Expected Goals"-Modell (xG) hilft dabei, die Eindrücke, wer den Sieg verdient hätte, zu objektivieren. Es klingt nach Nanowissenschaft, dahinter steckt aber ein recht einfacher Ansatz: Jedem Torschuss wird ein Wert zugeteilt, gemessen an seinem Trefferpotenzial (aus dieser Position, in dieser Bedrängnis, mit dieser Vorbereitung). So gehen zum Beispiel nur zwei Prozent der Schüsse ins Tor, wie Lars Stindl sie beim 2:2 abgab — macht einen Wert von 0,02. Da 76 Prozent aller Elfmeter verwandelt werden, brachte Thorgan Hazards Tor eine 0,76 in der Statistik.

Am Ende stand es virtuell 1,42:0,63 für Borussia, weshalb Hecking resümierte: "Die klareren Torchancen gegen Leipzig hatten wir, auch schon in der ersten Halbzeit. Das ist ein wenig untergegangen, weil wir diesem halbstündigen Ansturm standhalten mussten." Jean-Kévin Augustins Tor war eine 0,20, Timo Werners eine 0,14, Leipzig gab sieben seiner zehn Schüsse in den ersten 30 Minuten ab.

Defensiv hatte Borussia in der Woche davor beim 0:1 gegen Eintracht Frankfurt eine ähnliche Leistung abgeliefert und hinten nur 0,61 xG zugelassen. Der einzige Frankfurter Abschluss mit einem Wert von mehr als 0,1 war drin. Gladbach selbst produzierte jedoch nur eine Reihe von Halbchancen und kam unterm Strich auf 0,63 xG — ein Unentschieden wäre gerecht gewesen.

Damit war Borussia nach dem 2:2 in Augsburg wieder im Soll. Mit 2,70:1,38 xG hatte der FCA das Spiel dominiert. 1,5 davon kamen allerdings erst in der Schlussviertelstunde zustande, was den Eindruck verstärkt, dass es in der Abwehr bislang recht ordentlich läuft bei Heckings Mannschaft, sie nur noch die temporären Sturm- und Drangphasen der Gegner in den Griff bekommen muss. Lediglich beim 1:0-Derbysieg gegen den 1. FC Köln wurde Gladbach für derartige Nachlässigkeiten nicht bestraft. 1,63:0,84 xG verdeutlichten, wie verdient der bislang einzige Dreier der Saison war.

Das "Expected Goals"-Modell lässt sich auch auf einzelne Spieler anwenden. Hier ist erkennbar, wo Borussia vorne noch Nachholbedarf hat. Erster ist Hazard mit 1,57 xG, wozu sein Elfmeter wesentlich beigetragen hat. Es folgt Raffael mit 0,74, der Brasilianer wäre also bald mal reif für ein Tor. Dahinter kommen Nico Elvedi (0,59) und Denis Zakaria (0,46), die beide je eine Riesenmöglichkeit hatten und diese eiskalt nutzten. Gladbachs Offensive muss demnach gefährlicher werden. Dass Fabian Johnson der richtige Mann dafür wäre, suggeriert zumindest die Statistik: Hochgerechnet auf 90 Minuten, kommt er auf 0,76 xG — weil er bislang nur zehn Minuten spielte und in Augsburg gleich eine gute Chance hatte.

Auf der anderen Seite muss Heckings Mannschaft heute besonders aufpassen. Sergio Córdova und Jean-Kévin Augustin hat sie bereits das erste Bundesligator ermöglicht. Stuttgarts Simon Terodde hätte anhand seiner Chancen bislang 2,07 Treffer erwarten können, steht aber noch bei null. In der Theorie gefährlicher sind nur Robert Lewandowski, Pierre-Emerick Aubameyang und Alfred Finnbogason.

(jaso)
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