Borussia Mönchengladbach Schuberts Polster und der 2:0-Sippel

Mönchengladbach · Unter André Schubert hat die Borussia eine virtuelle 64-Punkte-Saison hingelegt. Am Ende war die Auswärtsbilanz gar nicht mehr so grausam und die Rückrunde sogar im guten Schnitt der vergangenen Jahre. Hier ist die letzten "Zehn vom Niederrhein" der Saison.

Borussia Mönchengladbach in der André-Schubert-Tabelle Dritter am Ende
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Die Schubert-Tabelle

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Foto: afp, oa-iw

1. Und jetzt Bildergucken Es passte irgendwie, dass für die Borussia ausgerechnet das letzte Spiel — wenn anderswo existenzielle Entscheidungen fallen — eines der ruhigsten von insgesamt 43 in dieser Saison war. Das Bild von der Achterbahn war stets präsent. Jetzt ging die wilde Fahrt in Darmstadt zu Ende, das 2:0 war wie die Rückkehr in den Ein- und Ausstiegsbereich. Bremsen quietschen, es dampft ein wenig. Die Mitfahrer schütteln sich kurz, verlassen die Fahrattraktion mit einem geflashten Lächeln, stehen vor den Bildschirmen mit den Fotos, die während der Fahrt von ihnen gemacht wurden, und langsam verschwindet das Adrenalin aus der Blutbahn.

2. Bei 196 ist Schluss Darmstadt hat zum Abschluss noch ein paar schöne Bilder produziert und aus sportlicher Sicht vor allem den ersten Auswärtssieg seit dem 31. Oktober 2015. Der Zähler stoppt bei 196 Tagen. Am Ende sind es vier Erfolge auf fremdem Platz geworden, weniger waren es zuletzt in der Saison 2009/10. Doch auch diese Bilanz strotzt vor Ambivalenz: Immerhin gab es im Herbst drei Auswärtssiege in Folge, zum ersten Mal seit 20 Jahren — gefolgt von dem hässlichen Schönheitsfehler, dass die besagten 196 Tage bis zum nächsten vergingen. Das 2:0 in Darmstadt brachte in der Auswärtstabelle noch den Sprung vom 17. auf den zwölften Platz.

3. Im guten Schnitt Zehn Punkte aus den letzten vier Spielen haben auch die Rückrundenbilanz noch mächtig aufpoliert. Hier ging es vom elften noch hoch auf den vierten Platz. Seit 2010/11 hat die Borussia damit nach der Winterpause so viele Punkte geholt: 26, 27, 22, 22, 39 und 26. Die Ausbeute dieser Spielzeit ist durchschnittlich, aber der Schnitt ist auch einfach nicht so verkehrt. Die Rückrunden-Medaille hat ebenfalls zwei Seiten: Denn trotz des positiven Ausgangs muss die Borussia sich fragen, was ohne die Auswärtsschwäche drin gewesen wäre. Die fehlenden fünf Punkte auf den Dritten Bayer Leverkusen sind schnell zusammengesucht. Doch es will ja niemand vermessen sein.

4. Seit 1995 nur zweimal besser Es ist wie beim Eurovision Song Contest. Man muss sich schon konzentrieren, um beim Schnelldurchlauf den Überblick zu behalten: Fünf Niederlagen zum Auftakt, Lucien Favres Rücktritt am 20. September, unter André Schubert gewinnt die Borussia die ersten sechs Bundesligaspiele und bleibt in den ersten zehn Partien ungeschlagen, dann verliert sie vor und nach der Winterpause fünf von sechs Pflichtspielen, scheidet aus dem DFB-Pokal und der Champions League aus, in der Rückrunde folgt auf ein siegloses Auswärtsspiel siebenmal ein Heimsieg, bis der Abschlusserfolg in Darmstadt diesen Kreis durchbricht. 55 Punkte, +17 Tore und Platz vier bedeuten am Ende die drittbeste Bilanz seit 1995.

5. Schubert ist Fünfter Wir rechnen dann mal hoch: Bei 64 Punkten und 76:45 Toren wäre André Schubert gelandet, wenn seine erste Saison 34 und nicht nur 29 Spieltage lang gewesen wäre. Sein Punkteschnitt von 1,9 ist bis dato nicht nur der beste aller Gladbach-Trainer, sondern beschert ihm auch den fünften Platz in der ewigen Bundesliga-Tabelle. Vor Schubert liegen Pep Guardiola (2,52), Sascha Lewandowski (2,04), Ottmar Hitzfeld (1,98) und Louis van Gaal (1,94). "Auf die Dauer wird sich der Drei-Punkte-Schnitt vermutlich nicht halten lassen", hatte der 44-Jährige im Oktober vermutet, als "The Interims One" noch "The Alles Ge-One" war. Ein realistisches Ziel für die kommende Saison wäre es vermutlich, in der Borussia-Rangliste den ersten Platz zu behalten. Dafür bräuchte Schubert mindestens 55 Punkte aus den nächsten 34 Spielen.

6. Als Christensen auf die Bank musste Marvin Schulz' 360 Bundesligaminuten rahmen die Saison ein. Zu Beginn spielte er dreimal über die volle Distanz und nun zum Abschluss in Darmstadt noch ein weiteres Mal. Neun Monate nach dem Bundesligadebüt des 21-Jährigen reibt man sich schon die Augen, dass Lucien Favre sich damals dafür entschied, Andreas Christensen nach dem 0:4 gegen Borussia Dortmund auf die Bank zu setzen und Schulz noch zweimal das Vertrauen auszusprechen — was beileibe nicht heißt, dass die Entscheidung damals per se als falsch zu bezeichnen war. Am Samstag standen beide noch einmal gemeinsam in der Startelf, Schulz auf der Sechs und Christensen hinten drin. Der Däne hat seit September unglaubliche 35-mal in Folge durchgespielt in allen Wettbewerben.

7. Über Kreuz Auch Tobias Sippel kennt sich damit aus, seine Einsätze in einen bestimmten Rahmen zu packen. Beide Spiele mit dem 28-Jährige im Tor hat die Borussia 2:0 gewonnen — gegen das zweitschwächste Auswärtsteam der Liga gab es das erste Heim-zu-Null, gegen das zweitschwächste Heimteam der Liga gab es das erste Auswärts-zu-Null. Kein Wunder, dass Sippel am Samstag mit einem pinken und einem gelben (Hand-)Schuh auflief.

8. Daumen hoch für Hahn? Alle 93 Minuten hat André Hahn in dieser Saison getroffen, nur Robert Lewandowskis Quote war besser in dieser Saison. Auf den letzten Metern hat der 25-Jährige mit seinem achten Saisontor noch Lars Stindl als zweitbesten Gladbacher Torschützen abgelöst. In Darmstadt hatte Hahn sogar einmal Pech, als er die Latte traf — es wäre sein erster Treffer von außerhalb des Strafraums gewesen. Darf er es jetzt bei der EM noch einmal versuchen? Hier können Sie bei 42 Löw-Kandidaten den Daumen heben oder senken.

9. Maximal 25 Tage bis zur Klarheit Martin Stranzl hatte seine Abschiedsminuten gegen Bayer Leverkusen, Havard Nordtveit hatte gleich mehrere Abschiedswochen als Stammspieler, Roel Brouwers eine Abschiedsviertelstunde in Darmstadt, Branimir Hrgota stand erneut nicht im Kader und Martin Hinteregger war angeschlagen. Dieses Quintett wird die Borussia auf jeden Fall verlassen und Granit Xhaka legte sich erst gar nicht ins Zeug, um zu verschleiern, dass er ein Sextett daraus machen könnte. Vor der EM, die am 10. Juni beginnt, soll Klarheit herrschen.

10. Manchester oder Monaco? Hauptsache Play-offs! Bis zum 29. Mai reduziert sich der Kreis der möglichen Play-off-Gegner auf 14 Teams, am 3. August steht die Setzliste fest und die Borussia kennt die fünf Vereine, von denen ihr am 5. August einer zugelost wird, gegen den es am 16./17. und 23./24. August um den Einzug in die Gruppenphase der Champions League geht. Hier erklären wir das Prozedere Schritt für Schritt und hier sind die möglichen Gegner.

(jaso)
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