Borussia Mönchengladbach Auswärtsmacht statt Auswärtsdeppen

Mönchengladbach · Borussia Mönchengladbach setzt mit dem Derbysieg beim 1. FC Köln auch einen Trend fort. Unter Trainer Dieter Hecking läuft es auswärts so gut wie lange nicht. Diese Qualität braucht der Verein auch in der kommenden Woche.

Borussia Mönchengladbach: Spieler feiern den Derbysieg vorm Gästeblock
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Borussen feiern den Derbysieg vorm Gästeblock

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Foto: Dirk Päffgen

Überlegenheit mit Luft nach oben

Der 1. FC Köln hätte auf ein prominentes Vorbild verweisen können. Im vergangenen Oktober musste Borussia bei einem späteren Europa-League-Viertelfinalisten ran, der sich im eigenen Stadion genauso in der eigenen Hälfte einbetonierte. Der FC Schalke gewann damals 4:0, unter anderem weil die Gladbacher und ihr Trainer André Schubert nach der Pause die Geduld verloren. 72,4 Prozent Ballbesitz hatte Borussia damals, nun in Köln waren es sogar 74,5 Prozent. Alle Spieler aus der Gladbacher Startelf, inklusive Torwart Yann Sommer, brachten mehr Zuspiele zum Mann als jeder Kölner. Und trotzdem konnten die Gastgeber zweimal zurückkommen, trotzdem produzierten sie ähnlich viele gefährliche Torszenen. Deshalb sah Borussia-Trainer Dieter Hecking in dieser Hinsicht auch noch Luft nach oben. "Bei allem Ballbesitz musst du mehr Konsequenz haben, um Zug Richtung Tor aufzubauen. Das ist es, was ich noch moniere", sagte er. Trotzdem bescheinigten beide Trainer, auch Peter Stöger, den Gladbachern einen hochverdienten Sieg, weil sie spielerisch in allen Belangen besser waren — aber eben nicht im Verteidigen.

Nächste Woche schon wieder unterwegs

Unterm Strich stand dennoch der vierte Auswärtssieg in der Bundesliga seit Heckings Übernahme. Genauso viele hat Gladbach zwischen Mai 2015 und Januar 2017 eingefahren. Ersichtliche Unterschiede zwischen den Auftritten zu Hause und in der Fremde gibt es kaum. Das ist insofern bemerkenswert, als Borussia unter Hecking elf von 18 Spielen auswärts absolvieren musste. Bei 2,19 liegt der Punkteschnitt wettbewerbsübergreifend, im eigenen Stadion nur bei 1,43, was im Vergleich dazu fast schon ein Manko ist. Am Ostersamstag geht es zur TSG Hoffenheim, die in dieser Saison noch kein Heimspiel verloren hat. Es gibt momentan jedoch eine Mannschaft, der das ziemlich egal sein dürfte.

Jannik Vestergaard belohnt sich

Wenn es Dirk Bremser nicht mehr auf der Bank hält, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass der Ball ruht. Borussias Co-Trainer hat einen Ruf als "Standard-Papst", und auch in der 13. Minute schien er den Eckball von Thorgan Hazard segnen zu wollen. Der flog in die Mitte, wo Jannik Vestergaard mit einer Mischung aus Kopf, Schulter und Landsmann Frederik Sörensen zur ersten von drei Führungen traf. In der Hinrunde hatte Gladbach nur ein Eckballtor erzielt, es war ein ziemlich gurkiges gegen Mainz, Andreas Christensen traf mit dem Fuß. Mittlerweile ist der Dreiklang "Flanke, Kopfball, Tor" fest etabliert. Davon profitiert auch Vestergaard, der 26 seiner 28 Torschüsse von innerhalb des Strafraum abgegeben hat — man kann sich ausmalen, mit welchem Körperteil.

Der SC Freiburg funkt dazwischen

Durch den Derbysieg steht Borussia erstmals seit mehr als einem halben Jahr wieder unter den besten Acht. Der siebte Platz wäre es geworden, wenn Freiburg nicht klammheimlich schon wieder gewonnen hätte. Monatelang haben alle über Köln, Hertha und Frankfurt gesprochen und im Kontrast zu den Überraschungsteams über die schwächelnden Europapokal-Anwärter Schalke, Gladbach, Leverkusen und Wolfsburg. Der wahre Sensationsaufsteiger ist spätestens jetzt auf dem Radar. Kurioserweise hat Freiburg das gleiche Torverhältnis (36:47) wie die kriselnden Mainzer, die zwölf Punkte weniger haben und nun in akuter Abstiegsgefahr stecken. Auf Mainz hat Borussia unter Hecking 14 Punkte gutgemacht, genauso viele wie auf Frankfurt. Vor 70 Tagen war die Eintracht noch zwölf Zähler und zehn Plätze besser.

Nur drei Niederlagen in 14 Derbys

Vier Siege, ein Unentschieden, eine Niederlage, 12:2 Tore — Lucien Favre hatte eine herausragende Derbybilanz und seine Zeit in Gladbach endete am Tag nach seiner ersten Pleite gegen Köln. André Schubert gewann 1:0 und verlor 1:2, das Derby in der Hinrunde war aus Gladbacher Sicht ein ziemliches traumatisches. Marcel Risses Freistoß wurde anschließend zum "Tor des Jahres" gewählt und Yann Sommer würde ihn vermutlich gerne noch einmal auf sich zufliegen sehen, um ihn diesmal zu halten. Doch mit dem Erfolg am Samstag ist das Hinspiel für die Borussen wohl vergessen. Von den 14 Derbys seit dem Wiederaufstieg 2008 hat Gladbach nur drei verloren — zweimal war direkt danach der Trainer weg, einmal mit einem Monat Verspätung.

(jaso)
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